Welt-Diabetestag - Forderungen an die Gesundheitspolitik
Wien (APA) - Unter der ständig länger werdenden Reihe der "Krankheits-Jahrestage" nimmt der Welt-Diabetestag (14. November) wegen der Zahl der Betroffenen eine exponierte Rolle ein. Immerhin gibt es in Österreich an die 600.000 Patienten. 2030 könnten es rund 800.000 Zuckerkranke sein. Weil ein Teil der Typ-2-Diabetes-Erkrankungen verhinderbar wäre, gibt es zahlreiche gesundheitspolitische Forderungen.
"Wir sehen uns hier einer Volkskrankheit epidemischen Ausmaßes gegenüber", betonte Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, im Vorfeld des Welt-Diabetestages. Übergewicht, Adipositas und Bewegungsmangel seien an der Entstehung von Typ-2-Zuckerkrankheit beteiligt, was 90 Prozent der Diabetesfälle ausmache. Hier sei besonders auf das Entstehen von Übergewicht schon im Kindesalter zu achten.
"Prävention und Aufklärung sind essenzielle Bestandteile einer zukunftsorientierten und vorausschauenden Gesundheitspolitik", betonte der ÖÄK-Präsident. "Dadurch lassen sich nicht nur der gesundheitliche Standard und die Lebenserwartung anheben, sondern auch Gesundheitskosten erheblich reduzieren." Die Gesundheitsausgaben für Menschen mit Diabetes mellitus lägen je nach Vorhandensein von Folgekrankheiten um 30 bis 400 Prozent über jenen von Nichtdiabetikern. Die direkten Kosten des Diabetes und seiner Folgekrankheiten in Österreich würden auf 4,8 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
An den Folgen von Diabetes sterbe in Österreich alle 50 Minuten ein Mensch, das seien 10.000 Personen im Jahr, hieß es in einer Aussendung der Österreichischen Apothekerkammer. "Diabetikerinnen, Diabetiker und Angehörige erhalten in der Apotheke wichtige Unterstützung im Umgang mit der Erkrankung. Apothekerinnen und Apotheker bieten bei allen Fragen, die das Leben mit Diabetes betreffen, fachkundige Beratung: egal ob es um die Blutzuckermessung, den richtigen Umgang mit den Messgeräten bzw.
Insulin-Pens oder um die richtige diätische Ernährung geht", erklärte Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, in einer Aussendung am Mittwoch.
Immer mehr Diabetiker erreichen ein hohes Alter. Damit steigt aber auch die Problematik von Mehrfacherkrankungen und Komplikationen. In der Geriatrie ist es bezüglich des Managements der Zuckerkrankheit zu einem Wandel gekommen. Es geht nicht mehr "nur" um eine möglichst scharfe Blutzuckereinstellung. Eva Geberth, Fachärztin für Innere Medizin mit Additivfach Geriatrie im Göttlicher Heiland Krankenhaus in Wien: "Die Blutzucker-Zielwerte werden mit zunehmendem Alter bei langjährigem Diabetes nicht mehr so streng gesehen. Denn die Medizin unterscheidet hier nach dem Allgemeinzustand, der Selbstständigkeit und bereits bestehenden Folgeschäden an Organen."
Bei funktionell unabhängigen Menschen mit wenigen Begleiterkrankungen und einer Lebenserwartung von über 15 Jahren gilt ein Ziel-HbA1c von 6,5-7,5 Prozent und ein Ziel-Blutzucker vor den Mahlzeiten von 100 bis 130 Milligramm pro Deziliter Blut. Anders ist das bei sehr alten oder multimorbiden Patienten, die bereits in mehreren Belangen auf Unterstützung angewiesen sind. Für sie reicht ein Ziel-HbA1c von bis zu acht Prozent bzw. ein Ziel-Blutzucker von 100 bis 150 Milligramm pro Deziliter Blut vor dem Essen. Der HbA1c-Wert gilt als wichtigster mittelfristiger Laborparameter zur Güte der Blutzuckereinstellung.
Diabetiker haben laut dem Berufsverband der Österreichischen Psychologen ein doppelt so hohes Risiko, an Depressionen zu erkranken wie Nichtdiabetiker. Der Berufsverband hat dazu den Informationsfolder "Diabetes und Psyche. Blutzucker und Seele im Blick behalten" (https://www.ots.at/redirect/folderdiabetes) neu aufgelegt.
NEOS-Gesundheitssprecher Loacker forderte Reformen in der Diabetes-Versorgung in Österreich. In Österreich würden nur 13 Prozent der Betroffenen innerhalb des eines strukturierten Programms behandelt. In Deutschland seien es hingegen rund 50 Prozent der Betroffenen.