"We Will Rock You" kann in Designerzellen Insulin ausschütten
Das Lied der Band „Queen“ produzierte Schallwellen, die in bestimmten Zellen in Mäusen den Insulinschalter umlegten. Für Menschen mit Diabetes dürfte dies die Insulinspritze nicht ersetzen
(28.8.2023) - Es gibt eine bemerkenswerte Anzahl an skurrilen musikalischen Studien: Erst kürzlich konnte ein Forschungsteam anhand von Gehirnströmen den Pink-Floyd-Song "Another Brick in the Wall" rekonstruieren, und es gibt eine umstrittene These, der zufolge die Beschallung mit einer gewissen Mozart-Sonate etwa die Gehirnleistung steigern und bei Epilepsie helfen soll. Aus der medizinischen Richtung kommt nun ein Vorstoß, der in der Theorie die für viele Diabetikerinnen und Diabetiker notwendige Insulinspritze ersetzen könnte: Ein Schweizer Forschungsteam entwickelte einen genetischen Schalter, der das Hormon in eigens designten insulinproduzierenden Zellen freisetzt und der durch Schallwellen umgelegt werden kann. Hervorstechende Ergebnisse lieferte dabei der Song "We Will Rock You" der britischen Rockband Queen.
Vorab gleich der Wermutstropfen: Die klinische Anwendung des Verfahrens liegt "in weiter Ferne", wie die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich in einer Aussendung mitteilte. Prinzipiell könne ein derartiges System aber Menschen, die an Diabetes erkrankt sind und deren Körper zu wenig Insulin produziert, zu einem Leben ohne Insulinpumpe verhelfen. Das ist auch der Forschungsfokus des Teams um Studienautor Martin Fussenegger.
Zellen hören Musik
In der Forschung werde demnach seit einigen Jahren die Idee verfolgt, insulinproduzierende Designerzellen in Kapseln einzuschließen, die in den Körper implantiert werden können. Um diese Zellen zu aktivieren, wurden bereits verschiedene Auslöser getestet. Dazu gehören Licht, Temperatur und elektrische Felder.
In der aktuellen Studie haben sich die ETH-Forschenden an Musik versucht. Dazu haben sie einen Ionenkanal aus dem Bakterium E. coli in menschliche insulinproduzierende Zellen eingebracht. Dieser Ionenkanal reagiert auf mechanische Reize, zu denen auch Schallwellen gehören. Wie die Studie in der Fachzeitschrift "The Lancet Diabetes & Endocrinology" zeigte, begannen die so entwickelten Zellen nach drei Sekunden Beschallung mit einer Bassfrequenz von 50 Hertz, Insulin abzugeben.