Warum Frauen öfter an einem Herzinfarkt sterben als Männer
Frauen haben nach einem Infarkt deutlich schlechtere Überlebenschancen. Damit das besser wird, muss sich etwas ändern in der Medizin - aber auch in den Köpfen von Frauen.
(Frankfurt/Main, 15.6.2023) - Das Problem ist alles andere als neu - aber es ändert sich nur langsam etwas in den Köpfen von Patientinnen und Medizinern. Seit Jahrzehnten zeigen Studien, dass Frauen öfter an einem Herzinfarkt sterben als Männer.
Die Ursache liegt, wie es scheint, auf beiden Seiten: Frauen suchen oft zu spät Hilfe, werden dann aber auch oft falsch behandelt. Wie kann das sein?
Erst kürzlich sei es wieder passiert, in ihrer eigenen Klinik, dem Marienhospital Wesel, berichtet die Kardiologin Prof. Christiane Tiefenbacher, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung. An der Pforte brach eine 52-Jährige zusammen und musste wiederbelebt werden. Sie war wegen Schmerzen in Arm und Brust zum Orthopäden gegangen, der sie nach Hause schickte statt ins Krankenhaus. Die Frau habe zuvor schon einmal einen Herzinfarkt gehabt und trotzdem die Symptome nicht richtig deuten können - ebenso wie der Arzt.
Sterberisiko bei Frauen doppelt so hoch
Die Wahrscheinlichkeit, nach einem Herzinfarkt zu sterben, ist bei Frauen mehr als doppelt so hoch wie bei Männern, wie erst kürzlich wieder eine Studie zeigte, die in Prag bei einem Kongress der European Society of Cardiology (ESC) vorgestellt wurde.
Die Studie umfasste 884 Patienten, etwa ein Viertel davon waren Frauen. In der Gruppe der bis 55-Jährigen vergingen bei Frauen nach Ankunft in der Klinik demnach im Mittel 95 Minuten bis zum Eingriff zur Erweiterung verengter Herzkranzgefäße - bei gleichaltrigen Männern nur 80 Minuten. Nach 30 Tagen waren knapp zwölf Prozent der Frauen im Vergleich zu knapp fünf Prozent der Männer gestorben.
Allerdings hatten in dieser Studie die Frauen oft andere Vorerkrankungen als die Männer. Daher führten die Forscher eine weitere Analyse durch, bei der sie 435 Männer und Frauen nach Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Cholesterin und Rauchen in Gruppen einteilten. Anschließend wurden nur Männer und Frauen verglichen, bei denen das Risiko übereinstimmte. Auch hier gab es gravierende Unterschiede.
„Bei übereinstimmenden Patienten über 55 Jahren traten alle gemessenen unerwünschten Ergebnisse bei Frauen häufiger auf als bei Männern“, so die Forscher. Einen Herzinfarkt hatte mehr als ein Drittel der Frauen erlitten, verglichen mit 18 Prozent der Männer. Etwa elf Prozent der Frauen starben innerhalb von 30 Tagen nach einem Herzinfarkt, verglichen mit drei Prozent der Männer.
Bei Frauen zeigen sich andere Symptome
Woran liegt das? Ein Grund ist, dass sich die Symptome bei Männern und Frauen unterscheiden.