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US-Kardiologen fordern intensive Therapie des Typ-2-Diabetes bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit

(Kansas City 20. April 2020) − Der Anstieg der Erkrankungszahlen am Typ-2-Diabetes hat nach Einschätzung der American Heart Association (AHA) dazu beigetragen, dass nach Jahrzehnten des Rückgangs in den USA erneut mehr Menschen an einer koronaren Herzkrankheit erkranken und sterben. Die US-Kardiologen fordern in einer wissenschaftlichen Stellungnahme in Circulation (2020; DOI: 10.1161/CIR.0000000000000766), die Behandlung dieser Hochrisikogruppe zu verbessern.

Es ist seit längerem bekannt, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes ein erhöhtes Risiko haben, an einem Herzinfarkt zu erkranken und zu sterben. Dieses Problem hat sich in den letzten Jahren verschärft, da immer mehr Erwachsene im Verlauf ihres Lebens einen Typ-2-Diabetes entwickeln. Das erhöhte Risiko führen Suzanne Arnold vom Saint Luke’s Mid America Heart Institute in Kansas City/Missouri und Mitarbeiter darauf zurück, dass der Typ-2-Diabetes ein „generalisierter prothrombotischer Zustand“ ist, verursacht durch eine veränderte Koagulation und Plättchenfunktion.

Die Behandlung mit Acetylsalicylsäure (ASS), die ein Grundpfeiler in der Sekundär­prävention bei Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit ist, reicht nach Einschätzung der AHA-Experten nicht aus, um die Patienten ausreichend zu schützen. Sie sehen aufgrund der Ergebnisse der CAPRIE-Studie in Clopidogrel eine sinnvolle Alternative (Lancet 1996; 348: 1329-39).

Bei Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren könnte auch eine Kombination von ASS mit Clopidogrel oder Ticagrelor sinnvoll sein. Selbst die Kombination aus ASS und dem Antikoagulans Rivaroxaban wird von den US-Kardiologen als Option betrachtet. Sie hatte in der COMPASS-Studie die Zahl der schweren kardiovaskulären Ereignisse (MACE) gesenkt, gleichzeitig aber auch das Blutungsrisiko erhöht (Lancet 2018; 391: 205-218).

Die 2. Säule ist die Behandlung der arteriellen Hypertonie, die bei Menschen mit Typ-2-Diabetes doppelt so häufig ist wie in der übrigen Bevölkerung. Die US-Kardiologen setzen die Blutdruckziele mit unter 140/90 mm Hg etwas höher als bei Nichtdiabetikern (wo aufgrund der SPRINT-Studie 120/80 mm Hg das Ziel ist). Bei zusätzlichen Risikofaktoren sollte laut Arnold und Mitarbeitern ein Wert von unter 130/80 mm Hg angestrebt werden.

Bei den Blutdrucksenkern bevorzugen die AHA-Experten ACE-Hemmer, die sich günstig auf die Nephropathie auswirken, die bei vielen Menschen mit Typ-2-Diabetes nachweis­bar ist. Die Kombination mit einem Thiazid-Diuretikum sehen die US-Kardiologen wegen einer Verschlechterung der Blutzuckerkontrolle kritisch. Gegen Kalziumantagonisten und Aldosteron-Antagonisten gibt es keine Einwände. Bei den Beta-Blockern sollten die Mittel mit vasodilatatorischen Eigenschaften bevorzugt werden, weil sie weniger in den Stoffwechsel eingreifen.

Die Behandlung hoher Cholesterinwerte ist eine weitere Säule in der Behandlung von Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit. Der Eckstein ist für die AHA der Einsatz von Statinen, auch wenn diese den Blutzucker leicht ansteigen lassen. Die Vorteile durch die Verlangsamung der Atherosklerose würden überwiegen und es gibt für Arnold keinen Grund, aufgrund ungünstiger Blutzuckerwerte auf den Einsatz von Statinen zu verzichten. Die AHA sieht keinen Anlass, andere Mittel wie Ezetimib oder PCSK9-Inhibitoren zu bevorzugen. Diese sollten grundsätzlich nur eingesetzt werden, wenn die LDL-Ziele mit einem Statin allein nicht erreicht werden.

Das Mittel der Wahl zur Senkung des erhöhten Blutzuckers ist Metformin. Das Mittel führt manchmal zu einem leichten Gewichtsverlust, der bei den meist übergewichtigen Typ-2-Diabetikern immer erwünscht ist. Es gibt laut AHA auch keine Hinweise, dass Metformin ungünstige kardiovaskuläre Wirkungen hat.

Die US-Kardiologen haben natürlich mitbekommen, dass für andere Blutzuckersenker in den letzten Jahren in Studien günstige Auswirkungen auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen gezeigt werden konnten. Dies gilt insbesondere für die SGLT2-Inhibitoren, die das Sterberisiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den Endpunktstudien signifikant gesenkt haben.

Quelle: https://www.aerzteblatt.de/