Urlaub mit dem Boot – Das Abenteuer auf der Moldau
Von Vyssi Brod bis Budweis
Ich habe ein Boot. Ein Gummiboot. Knallrot ist es nicht, aber ich fahr mit meinem Gummiboot hinaus. Auf Urlaub. Auf der Moldau. Einfach großartig. Von Vyssi Brod bis Budweis sind es 79 Kilometer. 79 Kilometer auf der Moldau. 79 unvergessliche Kilometer.
Von Mag. Sonja Loos
In Österreich fahren die Leute im Winter am Wochenende Schifahren. Und in Tschechien fahren sie im Sommer am Wochenende Paddeln. Auf die Moldau. So kommt es mir zumindest vor.
Die Sonne lacht vom Himmel, als wir unsere Gummiboote aufpumpen. Wir sind drei Verrückte mit drei Gummibooten. Mimis ist grün-gelb, Roberts blau-gelb und meines einfach nur grün. Unser Zelt haben wir schnell zusammengepackt und unser Gepäck wasserdicht in den Booten verstaut.
Dann geht das Abenteuer los.
Vyssi Brod - Rožmberg nad Vlatavou
In Vyssi Brod ist die Vltava, wie die Moldau hier in Tschechien genannt wird, nur ein kleines Flüsschen. Um die 15 m breit selten mehr als einen Meter tief. Nach nur 10 Minuten genussvollen Paddelns auf der Moldau kommt bereits unsere erste Mutprobe: das erste Wehr. Wir steigen aus und schauen, wie die Moldau-erfahrenen Tschechen diese Schwierigkeit meistern. Sie fahren einfach die Bootsgasse hinunter, stellen wir fest. Einige kentern, andere kommen heil durch. Aber, was die Hauptsache ist, jeder hat einen Heidenspaß dabei. Etwas skeptisch steigen wir wieder in unsere Boote und machen es den Tschechen nach. Aber tatsächlich, es ist ein Heidenspaß! Den halben Meter Niveauunterschied stecken unsere Boote gut weg und was macht es schon, wenn uns die Wasserwalze am Ende des Wehres unsere Boote mit Wasser füllt. Es ist ein bisschen wie Achterbahnfahren, nur lustiger!
Das nächste Wehr hat es in sich. Die Bootsgasse ist ein Holzbrett, das man hinunterrutschen muss und dahinter strömt das Wasser ziemlich stark. Nachdem ich das Holzbrett fast verfehlt hätte, komme ich doch noch gut durch die „Wildwasser-Strecke“. Ebenso Robert und Mimi. Viele Tschechen kentern jedoch mit ihren Hartplastik-Kanus und wir beginnen zu ahnen, dass unsere Boote optimal für unser Unternehmen Moldau sind. Nachdem wir einem freundlichen Tschechen geholfen haben, sein Kanu aus dem Wasser zu bergen, fahren wir weiter.
Nach gut zwei Stunden gemütlicher Fahrt kommen wir nach Rožmberg nad Vlatavou, einem kleinen Städtchen, das von der imposanten Rosenburg flankiert wird. Im Supermarkt kaufen wir Brot und Gemüse und genießen die warme Sommersonne am Wehr. Nach der Mittagspause besichtigen wir die Rosenburg und bitten den Heiligen Nepomuk um gutes Wetter für unsere weitere Moldau-Tour (siehe Foto).
Die erste Nacht
Gut drei Stunden paddeln wir noch gemütlich dahin, ehe wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Zeltplatz machen. Wir bauen das Zelt auf und zünden ein Lagerfeuer an. Auch die Herrscher der Dämmerung, die Gelsen, können uns nichts anhaben dank Mimis wunderbar nach Zedern duftenden Gelsenmittels. Nach dem Abendessen genießen wir noch ein wenig den tollen Sternenhimmel und plaudern über Gott und die Welt. Doch wir sind alle recht müde und kriechen bald in unsere Schlafsäcke.
Ceský Krumlov – UNESCO Weltkulturerbe
Der zweite Tag bricht ebenso sonnig an wie der erste aufgehört hat. Nach dem Frühstück verstauen wir wieder unsere Habseligkeiten im Boot und fahren weiter. Zuerst geht es an einer alten Papierfabrik vorbei, bis uns eine Serie Wehre die Stadt Ceský Krumlov, Böhmisch Krumau, ankündigt. Wunderschön am Ufer der Moldau gelegen, ist Krumau UNESCO Weltkulturerbe und zieht Touristen aus der ganzen Welt an. Um von der Burg, die zweitgrößte des Landes nach dem Prager Hradschin, in die Altstadt zu gelangen, muss man eine Brücke über die Moldau queren. Und genau unter dieser Brücke befindet sich DAS WEHR. Dieser Wehr hat es in sich. Der Niveauunterschied hier ist höher und die Wasserwalze größer als bei den anderen Wehren, die wir bisher befahren haben. Und dann die Zuseher. Auf der Brücke stehen mindestens 100 Touristen und sehen zu. Mindestens 200 Paar Augen und 30 Linsen auf dich gerichtet. Eine unglaubliche Kulisse! Doch auch dieses Wehr meistern wir mit unseren Booten ohne große Probleme. Die Wasserwalze ist diesmal so heftig, dass mein Gepäck über Bord gegangen wäre, hätte ich es nicht festgebunden. Ich bin zwar nicht festgebunden, doch mich schleudert es auch ganz schön herum. Mimi, Robert und ich stellen abermals fest, wie optimal unsere Gummiboote sind. Die Hartplastik-Kanus füllen sich in der Wasserwalze der Wehre mit Wasser, so dass sie nachher oft untergehen. Und das gänzlich ohne Kentern.
Böhmisch Krumau ist eine wunderschöne Stadt. Wir verbringen den ganzen Nachmittag in ihr und haben dennoch das Gefühl, nur einen Bruchteil gesehen zu haben. Hier gibt es so viele kleine Gässchen mit wunderschönen Häusern. Und überall gibt es Neues zu entdecken, wie zum Beispiel ein Stiegengeländer in Form einer Schlange. Wüssten wir nicht, dass wir uns in Tschechien befinden, so würden wir uns manchmal in der Toskana wähnen.
Als wir Ceský Krumlov wieder verlassen, nehmen wir uns fest vor, diese Stadt nochmals zu besuchen und ihr dann jedoch die Zeit zu widmen, die ihr zusteht.
Das Gewitter
Während wir bei unserem Zeltplatz über dem offenen Feuer gemütlich unsere Kartoffeln grillen, sehen wir erste Anzeichen eines nahenden Gewitters. Wir verdrängen jeden Gedanken daran und genießen den lauen Sommerabend, bis es fast zu spät ist. In aller Eile packen wir bei starkem Wind und erstem Regen unsere Sachen zusammen und befördern alles, was nicht regenfest ist, ins Zelt. Gerade noch rechtzeitig. Ein heftiges Gewitter mit Sturm zieht auf. Es schüttet so stark, dass das Wasser ins Zelt hereinrinnt. Doch mich kann offensichtlich selbst das Blitzen und Donnern nicht weiter beeindrucken. Ungefähr zwei Stunden später wache ich wieder auf, weil Robert und Mimi sich sorgen, dass der Wind, der gedreht hat, unsere Boote in die Moldau wehen könnte. Sie sind ja nur aus Gummi und Luft! Also machen sie sich trotz Unwetters hinaus, um unsere Boote in den Schutz des nahen Waldes zu ziehen. Klitschnass kommen sie wieder zurück.
Das Ziel in Budweis
Am dritten Tag kann das Wetter nicht mehr mit Tag 1 und 2 mithalten. Es ist bewölkt und ohne Sonne auch ziemlich frisch. Aber weder uns noch den vielen Tschechen kann das Wetter etwas anhaben. Gut gelaunt besteigen wir unsere Boote, die uns am dritten Tag unserer Reise bis nach Budweis bringen sollen. Ein alles in allem relativ unspektakulärer Tag. Einmal erwische ich eine Wasserwalze so ungünstig, dass sich mein Boot bis zu 10 Zentimeter mit Wasser füllt. Und ein anderes Mal fahre ich beim Wehr nicht die Bootsgasse, sondern werde vom Wasser über die Fischstiege hinuntergezogen. Aber, wie sagt man so schön, alle Wege führen nach Budweis. Bis ins Stadtzentrum paddeln wir, ernten kaum erstaunte Blicke – die Budweiser dürften Paddler mitten in der Stadt gewohnt sein – als wir unsere Boote aus dem Wasser holen und zusammenpacken. Mit viel Gepäck machen wir uns anschließend auf den Weg zum Bahnhof. Übrigens, die Altstadt von Budweis ist wunderschön und in jedem Fall einen Besuch wert! Der Zug führt uns wieder zurück nach Vyssi Brod, wo wir unsere Autos geparkt haben.
Ein toller Urlaub war unsere dreitägige Bootstour über die Moldau. Wozu also in die Ferne schweifen, wenn man Abenteuer sucht? Denn das Gute liegt ja bekanntlich so nah. In unserem Fall ganze 3,5 Autostunden von Wien.