Umfrage: Immer mehr ÖsterreicherInnen mit Gesundheitssystem unzufrieden
31% sind unzufrieden, und 27% haben schon persönliche Beziehungen für einen schnelleren Arzttermin eingesetzt - Umfrage im Vorfeld des Austrian Health Forum in Schladming.
Im Vorfeld des Austrian Health Forum (AHF), das diese Woche von Donnerstag bis Samstag in Schladming stattfindet, wurden heute umfangreiche Ergebnisse einer Umfrage zum heimischen Gesundheitssystem präsentiert. Durchgeführt wurde die aktuelle Umfrage, bei der 1000 ÖsterreicherInnen ab 16 Jahren online befragt wurden, im April 2023 durch Demox Research.
Im Mai 2019, dem letzten Befragungszeitraum vor der Pandemie, gaben 77% der Befragten an, mit dem Gesundheitssystem „sehr zufrieden“ (22%) oder „eher zufrieden“ (54%) zu sein, im Vergleich zu 21%, die „sehr unzufrieden“ (5%) oder „eher unzufrieden“ (16%) waren. Nach einem “Solidaritäts-Push” mit dem Gesundheitssystem in den Anfangsphasen der Pandemie, haben sich diese Anteile mittlerweile deutlich verschoben. Im aktuellen Befragungszeitraum im April 2023 waren nur mehr 14% „sehr zufrieden“ und 54% „zufrieden“, aber bereits 23% „eher unzufrieden“ und 8% „sehr unzufrieden“.
Ärztemangel und Pflegenotstand als Hauptprobleme
Generell sagen 59% der Befragten, dass sich das Gesundheitssystem in Österreich verschlechtert habe. Als Gründe dafür werden innerhalb dieser Gruppe zunehmender Ärztemangel (42%) angegeben, gefolgt von Wartezeiten für Behandlungen (34%) sowie der „Pflegenotstand“ (23%) und eine „Zwei-Klassen-Medizin“ (22%). Die mangelnde Verfügbarkeit von Arzneimitteln oder mangelhaftes Corona-Krisenmanagement waren dagegen offenbar nicht Grund der Unzufriedenheit, da dies bei jenen, die eine Verschlechterung orten, nur 4% bzw. 3% als Begründung nannten.
Die Komplexität des Gesundheitssystems wird ebenfalls von vielen kritisch beurteilt: Der Aussage, das Gesundheitssystem sei „recht einfach und übersichtlich gestaltet“, stimmten 42% zu, während 27% nicht oder überhaupt nicht zustimmten. 30% gaben an, sie könnten das nicht beurteilen. Bemerkenswert ist die eklatant unterschiedliche Beurteilung dieser Frage: Von den Menschen, die grundsätzlich mit dem Gesundheitssystem zufrieden sind, finden knapp 60%, dass das Gesundheitssystem einfach und übersichtlich sei, während das bei denen, die generell unzufrieden sind, nur 15% tun.
“Wissen über Gesundheit und wo im System man mit welchen Problemen andocken kann, wird immer wichtiger. Bei dieser Form der Gesundheitskompetenz gibt es dringenden Aufholbedarf. Oft scheitert es nicht an fehlenden Angeboten, sondern daran, sich im Gesundheitsdschungel zurecht finden zu können“, interpretiert Christoph Hörhan, Initiator des Austrian Health Forum, die Studienergebnisse.
Die Unzufriedenheit hat auch mit der wahrgenommenen Schwierigkeit zu tun, „bei einem gesundheitlichen Anliegen einen Termin bei der entsprechenden Stelle zu bekommen“. Nur 39% finden es einfach, diesen Termin zu bekommen, während es 36% schwierig finden. Bei jenen, die unzufrieden mit dem Gesundheitssystem sind, orten sogar 66% Schwierigkeiten damit, die nötigen Termine zu bekommen.
27% nutzen „Vitamin B“ für schnellen Arzttermin
Gefragt wurde auch, ob jemand selbst schon persönliche Beziehungen eingesetzt hat, um zu einem schnelleren Arzttermin zu kommen: Immerhin 27% haben bereits „Vitamin B“ eingesetzt, und 50% haben dies in ihrem unmittelbaren Umfeld wahrgenommen. Besonders hoch ist der Anteil jener, die persönliche Beziehungen einsetzen, bei jenen Befragten die auch angegeben haben, zusatzversichert zu sein: Bei den privat Zusatzversicherten haben 44% der Befragten angegeben, ihren Einfluss für einen schnelleren Arzttermin geltend gemacht zu haben. Bei jenen, die nicht zusatzversichert sind, waren es „nur“ 20%.
Zusatzversichert sind laut Umfrage übrigens 25%, und weitere 12% haben vor, eine Zusatzversicherung abzuschließen. 46% haben in den letzten sechs Monaten einen Wahlarzt besucht.
11% recherchieren bei Gesundheitsproblemen im Internet
Die Umfrage zeigt weiterhin die hohe Bedeutung der Hausärzte: Sie sind für 72% der Befragten die erste Anlaufstelle bei „nicht näher definierten medizinischen Problemen, einer Fragestellung zur Gesundheit oder der eines Angehörigen“. Weiter 9% wenden sich direkt an FachärztInnen, 2% an Spitalsambulanzen, 2% an Primärversorgungseinheiten (PVE) – und immerhin 11% konsultieren „das Internet“: Frauen suchen bei Gesundheitsprobleme mit 14% übrigens deutlich häufiger online als Männer, bei denen dieser Anteil bei 8% liegt.
Die Ergebnisse der Umfrage zum österreichischen Gesundheitssystem werden im Rahmen des Austrian Health Forum in Schladming diskutiert, um gemeinsam Lösungen für die drängendsten Probleme zu finden und wichtige System-Innovationen für die Zukunft zu entwickeln.
Austrian Health Forum: 11.-13. Mai in Schladming
Beim AHF-Schladming kommen von 11.-13. Mai 2023 350 VordenkerInnen aus dem Gesundheitsbereich in Schladming zusammen: Unter dem Motto „Reform oder Revolution“diskutieren sie unter anderem über Pflegenotstand, Fachkräftemangel und Lieferengpässe bei Arzneimitteln. Wichtige Weichenstellungen sind bei den aktuellen Finanzausgleichsverhandlungen möglich. Das Austrian Health Forum widmet sich vor allem den strukturellen Reformen, die nötig sind, um Mängel zu beseitigen und das Gesundheitssystem zukunftsfit zu machen.