Typ-2-Diabetes: Erst GLP-1-Agonist, dann Insulin
14. Feb. 2020 - Zur Verhinderung von mikrovaskulären Komplikationen bei Typ-2-Diabetikern ist eine langfristige Glucosekontrolle nötig. Dazu ist oft Insulin nötig. Zuvor sollten jedoch GLP-1-Rezeptoragonisten eingesetzt werden.
GLP-1-Agonisten können die Plasmaglucose im Mittel stärker senken als orale Antidiabetika (OAD) und weisen zudem leicht blutdrucksenkende, gewichtsreduzierende sowie kardio- und renoprotektive Effekte auf, berichtete Dr. Marcel Kaiser, Diabetologische Schwerpunktpraxis Frankfurt, bei einem vom NovoNordisk unterstützten Symposium anlässlich des Kongresses »Diabetologie grenzenlos« in München.
Gemäß der Praxisleitlinie 2019 der Deutschen Diabetes-Gesellschaft zur Therapie des Typ-2-Diabetes sind GLP-1-Agonisten (Inkretin-Mimetika) sinnvolle Kombinationspartner zu Metformin, anderen OAD (außer DPP-4-Hemmern) sowie Basalinsulinen. Agonisten wie Exenatid, Liraglutid, Dulaglutid oder Semaglutid haben zudem ein geringes Hypoglykämie-Risiko, betonte der Diabetologe. Semaglutid könnte in Kürze als erstes GLP-1-Analogen in peroraler Form auf den Markt kommen. Dank der modernen OAD mit oder ohne GLP-1-Agonisten kann eine Insulintherapie oft in spätere Erkrankungsphasen verschoben werden. Eine notwendige Insulingabe sollte jedoch nicht um Jahre verzögert werden, mahnt die Praxisleitlinie.
»GLP-1-Analoga und Basalinsulin können effektiv kombiniert werden», erklärte Kaiser. Er empfehle, mit einem modernen, lang wirksamen Insulin, zum Beispiel degludec, zu starten. Wichtig sei, nicht zu schnell aufzudosieren, da der Steady-State erst nach zwei bis drei Tagen erreicht wird. Bei einer Umstellung des Basalinsulins sei zu beachten, dass Insulin degludec den Blutzucker stärker senkt als Insulin glargin. »Die Kombination eines GLP-1-Analogons mit Basalinsulin verzögert signifikant eine Intensivierung der antidiabetischen Therapie, ohne Zunahme des Hypoglykämie-Risikos«, resümierte Kaiser.
Schnell bis ultraschnell
Bei hohen postprandialen Werten müsse man rechtzeitig die Gabe eines schnell wirksamen Insulins wie Insulin lispro oder aspart initiieren. Dieses werde zunächst nur zur »Problemmahlzeit« gespritzt, erklärte der Arzt. Wenn dies nicht reicht zur Stoffwechselkontrolle, auch zu anderen Mahlzeiten. Schrittweise werde so eine intensivierte konventionelle Therapie aufgebaut.
Kaiser wies auf das »faster-acting Insulin Aspart« (Fiasp®) hin, das doppelt so schnell im Blut anflutet wie »normales« Insulin aspart. Daraus resultiert vor allem in den ersten 30 Minuten nach Injektion eine etwa 50 Prozent höhere Insulinwirkung mit signifikant niedrigeren postprandialen Blutglucose-Werten. Allerdings steigt auch die Hypoglykämiegefahr in den ersten zwei Stunden nach Applikation an.
Ein weiteres ultraschnelles Mahlzeiteninsulin könnte in Kürze mit URLi (ultra rapid lispro), einer Weiterentwicklung von Insulin lispro, zur Verfügung stehen. Der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA hat sich vor Kurzem für die Marktzulassung von Liumjev® ausgesprochen.