Trainingsresistenz: Sport kann die Entwicklung von Diabetes fördern
Darmflora entscheidet, ob Bewegung vor Diabetes schützt
Bewegung wird oft bei hohen Blutzuckerwerten empfohlen, um den Übergang zu einer Diabeteserkrankung zu verhindern – allerdings mit unterschiedlichem Erfolg. Wieso bei vielen Menschen regelmäßiger Sport der Erkrankung vorbeugt, bei manchen aber Diabetes sogar fördern kann, haben Forschende der University of Hong Kong und des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie in Jena nun gemeinsam entschlüsselt.
Die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes ist oft ein schleichender Prozess, bei dem bereits über längere Zeit die Blutzuckerwerte erhöht sind, bevor die eigentliche Erkrankung diagnostiziert wird. Dieses Stadium wird als sogenannter Prädiabetes bezeichnet. Allgemein gilt regelmäßiger Sport hier als möglicher Ansatz, um den Übergang in eine Diabeteserkrankung zu verhindern. Allerdings scheint laut der neuen Studie die Darmflora dafür entscheidend, ob Sport vor Diabetes schützen kann.
Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwert ein Warnsignal
Die Ursachen einer Diabeteserkrankung sind oftmals ungesunde Ernährung und zu wenig Bewegung, wobei sich die Entwicklung des Typ-2-Diabetes bereits frühzeitig an dauerhaft erhöhten Blutzuckerwert erkennen lässt. Zwar werden in diesem Stadium die Grenzwerte für die Diabetesdiagnose noch nicht überschritten, aber dieser sogenannte Prädiabetes sollte als Warnsignale ernst genommen werden und es gilt, aktiv gegenzusteuern.
Manchen kann Sport nicht helfen
Menschen mit Prädiabetes erhalten meist die ärztliche Empfehlung, regelmäßig Sport zu treiben, denn häufig lässt sich mit ausreichender Bewegung der Übergang zu einer Typ-II-Diabeteserkrankung verhindern oder verzögern. Doch dies gilt nicht immer. „Ein bestimmter Anteil der Betroffenen weist eine sogenannte Trainingsresistenz auf: bei ihnen zeigt der Sport keinerlei Wirkung oder fördert gar die Entwicklung von Diabetes“, berichtet das Forschungsteam.
Darmmikrobiom untersucht
Gemeinsam mit Forschenden der University of Hongkong hat der Systembiologe Gianni Panagiotou vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie das Darmmikrobiom von 39 Männern mit Prädiabetes untersucht, die positiv auf Sport reagierten, und es mit Proben von Menschen verglichen, bei denen Bewegung keine Wirkung zeigte. Veröffentlicht wurde die Ergebnisse in dem Fachmagazin „Cell Metabolism“.
Darmmikroben beeinflussen den Effekt des Sports
Zunächst sei festzustellen, dass es eine hohe Variabilität bei der Reaktion von Blutzuckerwerten auf sportliche Betätigung gibt, wobei sich ein klarer Zusammenhang zwischen Darmmikrobiom, Bewegung und Blutzuckerwerten abgezeichnet habe, berichtet das Forschungsteam. „Wir konnten herausfinden, dass diese (Variabilität) in Abhängigkeit des Darmmikrobioms steht“, so Panagiotou in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen.
Veränderte Funktionalität des Darmmikrobioms
Die unterschiedliche Wirkung des Sports zeigte sich sowohl bei der Zusammensetzung des Mikrobioms als auch bei dessen Funktionalität, berichtet das Forschungsteam weiter. So habe das Darmmikrobiom von erfolgreich Therapierten mehr nützliche kurzkettige Fettsäuren enthalten, während bei denen, die nicht ansprachen, eher metabolisch schädliche Verbindungen auftraten.
Die Forschenden haben weiterhin in einem Kontrollexperiment das Darmmikrobiom der unterschiedlich reagierenden Patienten auf fettleibige Mäuse übertragen und nur bei den Mäusen, die das Mikrobiom erfolgreich therapierter Patienten erhalten hatten, zeigten sich positive Auswirkungen.
Personalisierte Therapieansätze möglich
In den vergangenen Jahren wurde immer deutlicher, wie weitreichend der Einfluss der Darmflora auf die menschliche Gesundheit tatsächlich ist. Nun haben die Forschenden gezeigt, dass auch die Wirkung der Bewegungstherapie bei der Diabetes-Prävention von den Darmmikroben beeinflusst wird. Vermutlich ließe sich anhand einer Untersuchung des Darmmikrobioms voraussagen, wie gut Prädiabetiker auf Bewegung ansprechen und die neuen Erkenntnisse ermöglichen es, „zukünftig personalisierte Therapieansätze zu entwickeln“, resümiert Panagiotou.