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Tödlicher Beipackzettel

Amtliche Informationen über Medikamente verunsichern leider viele Patienten mit gefährlichen Folgen – Änderung könnte Leben retten!

Von Dr. med Wolfgang Exel - aus der Krone Gesund vom 11.1.2020

Ich bin mir nicht sicher: Sterben mehr Menschen an den Folgen von Nebenwirkungen ihrer Medikamente oder an den Folgen der Beipackzettel?“ Internist Dr. Herbert Woschnagg hat mit irreführenden und massiv verunsichernden Medikamenten-Infos langjährige Erfahrung. Regelmäßige Anfragen bzw. Beschwerden von „Krone“-Lesern bestätigen, dass die den Arzneimitteln verpflichtend beigelegten Erklärungen ein häufiges Problem darstellen.

So schreibt Hubert A.: „Gesundheit ist so wichtig, dass die, Krone‘ sogar ein eigenes Magazin geschaffen hat. Was mir darin fehlt: Nehmt euch endlich einmal der unterschiedlichen Laborbefunde und der immer länger werdenden Beipackzettel an!“ Ein bisschen tut uns Hubert A. da unrecht (trotzdem herzliche Grüße nach Gunskirchen). Wir bemühen uns seit fast 40 Jahren – die „Sprechstunde“ wird heuer 39 – darum, mit Hilfe von Ärzten und Apothekern, Befunde zu erklären und brauchbare Informationen über Medikamente zu liefern. Leider ist die Rechtslage sehr schwierig geworden, und über diesen Schatten dürfen wir nicht springen . . .

So unterliegen wir ganz strengen Auflagen, wenn wir auch nur versuchen, Inhaltsstoffe von Arznei- oder auch Nahrungsergänzungsmitteln allgemein verständlich zu beschreiben. „Alles Werbung und daher verboten“, teilen uns die Juristen mit. Dabei leisten gerade diese Berichte einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit der Patienten. Aber wir geben nicht auf und werden auch in Hinkunft bemüht sein, Infos über Medikamente verständlich darzustellen und eine Vereinfachung der offiziellen Begleittexte anstreben.

Vielleicht bekommen wir da mit der neuen Gesundheitskasse (ÖGK) einen hilfreichen Partner. Was notwendig wäre, erklärt und begründet Dr. Herbert Woschnagg sehr plakativ: „Ich habe in meinem langen medizinischen Leben schon Menschen sterben sehen, weil sie aus Angst vor den angeführten Nebenwirkungen ihre Arzneien nicht schlucken wollten. Laut einer Untersuchung hat jeder dritte Patient aus diesem Grund das verordnete Medikament eigenmächtig abgesetzt oder erst gar nicht eingenommen!“

Der Facharzt über das Dilemma: „Schon die in den Beipackzetteln angeführten Begriffe für das Auftreten von Nebenwirkungen sind irreführend. Diese werden mit „häufig“, „gelegentlich“ oder „selten“ klassifiziert. Selbst wenn Prozentzahlen genannt werden (häufig: 1% bis 10% oder selten: <0,1%), können sich nur wenige etwas darunter vorstellen.

Davon sind sogar Ärzte nicht ausgenommen! Laut Umfrage schätzten Mediziner „häufige Nebenwirkungen“ mit rund 60% als viel zu hoch ein.

Juristen schnitten noch schlechter ab – nicht einmal 1% der Rechtsgelehrten ordnete die Begriffe richtig ein. Patienten neigen jedoch dazu, vom vermeintlich hohen Risiko abgeschreckt, auch lebenswichtige Präparate zu verweigern. „Was an der derzeitigen Patienten-Information am häufigsten kritisiert wird:

Die Zettel sind oft zu klein geschrieben. Die stärksten Konsumenten von Arzneimitteln sind ältere Menschen, die damit erfahrungsgemäß große Schwierigkeiten haben.

Man kann durch Überinformation schlecht informieren – ein kurzer Text wäre nützlicher. Außer Hypochondern sind nur wenige Menschen bereit, bis zu 10 Seiten zu lesen.

Es mangelt vielfach an Übersichtlichkeit. Dosierungen und Gegenanzeigen sind in vielen Fällen nicht auf Anhieb zu finden.

Laut einer Analyse ist die Liste der Nebenwirkungen unnötig lang. Selbst Beschwerden, die gar nicht im Zusammenhang mit dem Mittel stehen, werden angeführt. Damit sichern sich die Produzenten rechtlich ab, verunsichern aber die Anwender. Diese können nämlich kaum zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem unterscheiden.

Noch kurz zu den Laborwerten. Beunruhigung löst fast immer ein Kreuzchen oder Stern neben dem Wert aus. Denn das bedeutet: nicht normal. Liegt deshalb immer eine Krankheit vor? Dr. Woschnagg: „Nein! Normal ist jener Wertbereich in dem sich 95% aller Gesunden befinden. Grenzwerte haben daher meistens keine Bedeutung. Bei jedem zwanzigsten Befund wird der Schwellwert über- oder unterschritten, ohne dass eine Krankheit besteht.“

Welche Erfahrungen haben Sie mit Beipackzetteln gemacht? Zu klein gedruckt, unverständlich? Haben Sie schon einmal Medikamente selbständig abgesetzt, weil Sie Nebenwirkungen befürchten?
Schreiben Sie uns unter dem Stichwort „Beipackzettel“ an office(at)diabetes-austria.com. Als Anerkennung erhalten Sie, wenn Sie uns Ihre Adresse schreiben, eine kleine Anerkennung!