Skip to main content

Testosteronmangel: Nur wenige Männer sind tatsächlich therapiebedürftig

Werden Männer älter, sinkt ihr Testosteronspiegel leicht ab, ohne dass es zu einem Mangel kommt. Vielmehr stellt dies eine natürliche Anpassung dar. Hiervon abzugrenzen sind krankhafte Erniedrigungen des Sexual- und Stoffwechselhormons. Dann helfen Spritzen oder Gele mit Testosteron gegen den Männlichkeitsverlust. Ohne klares Testosterondefizit konnten Studien dagegen keinen gesundheitlichen Nutzen einer Therapie zeigen. Vielmehr stehen hier Risiken wie die Aktivierung schlafender Prostatatumore und eine übermäßige Bildung der roten Blutkörperchen mit Thromboserisiken im Vordergrund. Männer sollten deshalb Testosteron nur unter entsprechender fachärztlicher Kontrolle anwenden, sagt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e. V. (DGE)

(Altdorf, 18.9.2023) - Testosteron wird, wie der lateinische Name „Testis“ für Hoden sagt, hauptsächlich in den männlichen Keimdrüsen gebildet. Ein erniedrigter Testosteronwert kann zu einem Libidoverlust, Osteoporose, Blutarmut sowie Feminisierung des Mannes führen. Er entwickelt dann weibliche Züge, etwa ein vergrößertes Brustgewebe (Gynäkomastie).

Die Gründe für zu wenig Testosteron sind verschieden: „Normal ist eine langsame Abnahme des Spiegels mit zunehmendem Alter (1 bis 2 Prozent /Jahr ab dem 40. Lebensjahr)“, informiert Professor Dr. med. Stephan Petersenn, Pressesprecher der DGE und Inhaber der ENDOC-Praxis in Hamburg. „Ein darüber hinaus gehender Abfall kann jedoch zu erheblichen Beschwerden führen“, so Petersenn. „Hier spielen Krankheiten wie Entzündungen des Hodens, ein Funktionsverlust des Hypophysenvorderlappens sowie erhöhte Prolaktin Werte eine Rolle. Ein erniedrigter Testosteronwert kann aber auch bei anderen internistischen Erkrankungen wie einem Schlaf-Apnoe-Syndrom, bei einem Diabetes mellitus oder bei einer Nierenschwäche beobachtet werden.“

Die unteren Grenzwerte des mit Abstand wichtigsten Geschlechtshormons des Mannes liegen zwischen 7 und 12 nmol/l. Diese Angaben gelten für eine Blutentnahme zwischen acht und zehn Uhr morgens in nüchternem Zustand. Ab Mittag fällt der Testosteronwert um etwa 20 Prozent ab. „Komplizierend zeigt Testosteron eine erhebliche Variabilität von Tag zu Tag“, sagt der Endokrinologe. Einzelmessungen seien daher kritisch zu werten. Denn auch nach körperlich schwerer Arbeit kann der Testosteronspiegel niedriger als gewöhnlich sein. Ebenso wirken sich Stress, Adipositas, eine Narkose, Alkohol, Drogen oder Medikamente wie Glukokortikoide negativ auf den Testosteronspiegel aus.

„Dies zeigt aber auch, dass Lebensstiländerungen und die Behandlung anderer Grunderkrankungen gegebenenfalls wichtiger sein können als der undifferenzierte Testosteronersatz“, sagt Petersenn. „Ohne weitere Ursachenabklärung ist die Testosteronanwendung in jedem Fall verfehlt“, betont er. Sonst bestünde auch die Gefahr, dem Mangel zugrundeliegende Erkrankungen, etwa der Hirnanhangsdrüse, zu spät zu erkennen.

Der Testosteronersatz berge zudem gesundheitliche Risiken, insbesondere bei Vorerkrankungen wie Prostatakrebs. „Vor Beginn einer Testosteron-Substitution ist eine urologische Untersuchung mit Ultraschall der Prostata sowie die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) sinnvoll“, sagt er. Zusätzlich klettert beim Hormonersatz der sogenannte Hämatokrit in die Höhe. Er beschreibt die Zelldichte im Blut, also dessen Zähigkeit. Damit steigt auch das Risiko für Blutklumpen.

„Diese Risiken bestehen insbesondere, wenn Männer Testosteron zur Leistungssteigerung und als Anti-Aging-Maßnahme anwenden“, so Petersenn. Er vertritt deshalb eine klare Haltung dazu: „Eine Lifestyleanwendung ist allein schon aufgrund der damit verbundenen Risiken abzulehnen“. Zudem seien positive Effekte durch hochwertige Studien nicht hinreichend belegt.

Quelle: https://www.endokrinologie.net/