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TEIL 3: Willkommen zu Hause in einer verflixten neuen Welt!

Es ist großartig, aus einem Spital nach Hause zu kommen. Erlebnisse nach einer Hüftoperation von Peter P. Hopfinger

Es ist großartig, aus einem Spital nach Hause zu kommen. Man wird chauffiert und ein freundlicher Fahrer trägt Taschen und anderes bis in die Wohnung. Die sieht auch noch immer aus wie früher, aber man selbst ist nicht mehr der Gleiche.

Erlebnisse nach einer Hüftoperation von Peter P. Hopfinger

Mit mir kommen völlig neue Utensilien in der Wohnung an, die netterweise vom Haller-Fahrer in meiner Wohnung deponiert werden. Dazu zählen ein erhöhter Toilettensitz, der aus meinem Klo einen echten Thron macht. Dazu zählt ein Greifarm, mit dem ich schnell lerne, heruntergefallene Gegenstände zu greifen. Weiters ein Badewannenbrett, das quer über die Seitenränder der Wanne gelegt wird und letztlich ein paar Krücken, mit denen ich sicher gehen soll.

Denn ohne geht´s zwar auch schon, aber auf sehr unsicheren und wackeligen Beinen. Da heisst´s gut aufpassen, vor allem, wenn man in einer Wohnung mit antiken Teppichen, umherstehenden Sandalen oder ausgeprägten Türstaffeln lebt.

Sie merken: alles dreht sich um das neue Titanteil in meinem Körper, die Hüftprothese.

Die soll auf keinen, auf gar keinen Fall überstrapaziert werden. Dazu gehört, dass jeder Sturz – egal ob nach rechts, links, nach vorne oder hinten – vermieden werden muss. Aber auch ruckartige Bewegungen, ein verdrehter Oberkörper oder zu tiefe Kniebeugen können die sich entwickelnde innige Verbindung zwischen meinem Körper und dem fremden Teil boykottieren oder gar zerstören. Beispiele: ein herunter gefallener Gegenstand, nach dem man sich unwillkürlich bückt, zu weit nach vorne beugen oder ein heftiges Niesen vermitteln das Gefühl, als würde jemand in die frisch operierte Wunde stechen. Ohne Narkose versteht sich.

Was bedeutet das im Alltag? Aufstehen und niedersetzen funktioniert trotz aller Vorsicht und unter maximaler Entlastung der rechten Hüfte nur unter Schmerzen. Auch liegen (schlafen) ist nur in der Rückenlage oder auf die linke Seite gedreht und mit einem festen Polster zwischen die Beine geklemmt möglich. Apropos Polster: es lohnt sich in so einer Situation möglichst viele und feste dieser Kissen zu besitzen.

Couchen, Fauteuils, Sessel und auch viele Betten haben in der Regel eine viel zu niedrige Sitzfläche, um sich dort hüftgerecht nieder zu lassen. Besitzer von Boxspring-Betten können frohlocken. Aber auch sie brauchen Pölster, um die Sitzgelegenheiten auf die entsprechende Höhe anzuheben. Bei einer durchschnittlichen Couchhöhe von 40 Zentimetern und meiner Körpergröße von 180 cm brauch ich durchschnittlich zehn Zentimeter mehr, um die neue Hüfte zu entlasten. Nur mein Bürosessel erfüllt die Voraussetzungen, birgt aber die Gefahr plötzlich weg zu rollen.

Dazu kommt, dass jedes Mal nach dem ich gelegen oder gesessen bin, das Aufstehen oder Gehen sich so sicher anfühlt, wie bei einem Zweijährigen, der es erst lernt.

Immerhin: ich schaffe bereits mit Krücken die rund 500 Meter zum nächsten Center, erwerbe Zeitschriften und andere Kleinigkeiten, aber normale Einkäufe im Supermarkt sind ein Ding der Unmöglichkeit.

Hier hilft der Fonds Soziales Wien, der mir bereits zwei Tage nach meiner Heimkehr ein Alltags-Helferlein zur Verfügung stellt. Harut Dasmyan, ein Armenier freut sich, dass auch ich armenische Vorfahren habe und geht anschließend eine vor mir erstellte Einkaufsliste abarbeiten.

Grundsätzlich würde er mir auch beim Waschen helfen, aber das ist zum Glück nicht notwendig.

Notwendig hingegen ist ein neuer Termin im Krankenhaus, bei dem mir die an Büroklammern erinnernden Metallteile entlang des ca. 15 Zentimeter langen Schnitts entfernt werden sollen. Den habe ich am 20. Juli und eine Reservierung für den Transport durch den Arbeiter Samariter Bund hab ich auch schon.

Im nächsten Teil lesen Sie: Erfahrungen und Ezzes von Freunden und Bekannten

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TEIL 1: Aus der Hüfte geschossen

TEIL 2: Diabetes und andere Spitalsgesellen

TEIL 4: Infos, Ezzes, Emotionen

TEIL 5:Zwei Wochen bis zum Radfahren – alles wird gut

Fragen, Ihre Erfahrungen oder anderes erreichen mich unter hopfinger(at)diabetes-austria.com