Studie: Bei Männern genetischer Risikofaktor für zahlreiche Krankheiten
Gene als Risikofaktor bei Männern: Sind sie für zahlreiche Krankheiten verantwortlich?
(18.1.2023) - Das Risiko, eine Erkrankung zu entwickeln, ist bei allen Menschen unterschiedlich hoch. Neue Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass es bei Männern einen Risikofaktor gibt, der genetischen Ursprungs ist. Das Risiko, häufige Stoffwechsel-, Gefäß- und Atemwegserkrankungen zu entwickeln, wird dadurch verstärkt.
Erste Informationen rund um die Studie
Es gibt diverse Krankheiten, die in der Bevölkerung weit verbreitet sind, wie Typ-2-Diabetes, Arteriosklerose und Thrombose. An Typ-2-Diabetes sind aktuell in Österreich rund 800.000
Menschen erkrankt, von einer Arteriosklerose sind etwa 10 % der Bevölkerung und von einer Thrombose etwa 90 bis 130 pro 100.000 Menschen betroffen. Das Erkrankungsrisiko ist dabei von Mensch zu Mensch unterschiedlich hoch. Bei Männern spielt die Genetik eine wichtige Rolle, wie eine aktuelle Studie herausfand.
Die erwähnte Studie wurde in der medizinischen Fachzeitschrift "Genetics in Medicine" veröffentlicht. In der Studie beschäftigten sich Forscher*innen der britischen Universitäten Cambridge und Exeter damit, die genetischen Daten von 200.000 britischen Männern zu untersuchen. Dabei konnte überraschenderweise festgestellt werden, dass rund einer von 500 Männern einen Gendefekt hat, bei dem ein drittes Geschlechts-Chromosom vorliegt.
Anstelle von nur einem X-Chromosom und einem Y-Chromosom weist etwa jeder 500. Mann noch ein zusätzliches Geschlechts-Chromosom auf. Dieses kann entweder ein zusätzliches Y-Chromosom oder ein zusätzliches X-Chromosom sein, sodass entweder XXY oder XYY vorliegt.
Ergebnisse: Auswirkungen des dritten Chromosoms
Das dritte Chromosom zieht gewisse Folgen mit sich. Hat ein Mann ein zusätzliches X-Chromosom, kommt es mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu einer Verzögerung der Pubertät, Unfruchtbarkeit und niedrigen Testosteron-Werten. Liegt hingegen ein weiteres Y-Chromosom vor, geht dies häufig mit einer überdurchschnittlichen Körpergröße einher.
Von den 200.000 Männern, die untersucht wurden, hatten 213 ein zusätzliches X- und 143 ein zusätzliches Y-Chromosom; dem Großteil war dieser Gendefekt unbekannt. Dennoch kann er dein Risiko auf verschiedene Grunderkrankungen erhöhen. Betroffene Männer hatten:
- ein dreimal höheres Typ-2-Diabetes-Risiko
- eine sechsmal höheres Risiko, eine Venenthrombose zu bekommen
- ein dreimal höheres Lungenembolie-Risiko
- eine viermal höhere Wahrscheinlichkeit, an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zu erkranken.
Der Grund für das gesteigerte Erkrankungsrisiko ist bisher nicht geklärt worden; jedoch erklärt Yajie Zhao, eine Autorin der Studie, dass das Vorhandensein eines zusätzlichen Chromosoms ein höheres Risiko für eine Reihe von häufigen Stoffwechsel-, Gefäß- und Atemwegserkrankungen aufweist. All dies seien vermeidbare Krankheiten. Daher sei es umso wichtiger, dass sich die Betroffenen ihrer Lage bewusst sind.
Das dritte Chromosom bei Frauen und die Diagnose
Doch nicht nur Männer sind betroffen: Vorhergehende Forschungsarbeiten der britischen Forschergruppe zeigten, dass auch Frauen ein drittes Geschlechts-Chromosom haben können. Bei Frauen liegt die Anzahl der Betroffenen, die ein zusätzliches X-Chromosom haben, bei etwa einer von 1.000. Das Vorliegen des dritten Chromosoms geht auch bei Frauen mit einigen Anomalien einher. Häufig damit verbundene Auffälligkeiten sind eine verzögerte Sprachentwicklung, ein beschleunigtes Wachstum vor der Pubertät sowie ein unterdurchschnittlicher IQ im Vergleich zu den gleichaltrigen Frauen.
Zum besseren Verständnis ist es hilfreich, einen Blick auf die in der Regel vorliegenden Geschlechts-Chromosomen zu werfen. Das biologische Geschlecht einer Person wird nach der Geburt anhand der Geschlechts-Chromosomen X und Y bestimmt. Der Unterschied zwischen Frauen und Männern liegt demnach darin, dass Frauen zwei X-Chromosomen besitzen, während bei Männern ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom vorliegt. Wie die Studie zeigte, ist dies jedoch bei vielen Männern nicht der Fall; sie besitzen noch ein drittes Geschlechts-Chromosom.
Eine Chromosomenanomalie, sowohl bei Männern als auch bei Frauen, lässt sich schnell und einfach nachweisen. Einer der Studienautoren, Professor Ken Ong, wies darauf hin, dass der Nachweis anhand genetischer Tests einfach gelinge. Es sei wichtig, dass Betroffene über eine vorhandene Anomalie Bescheid wissen, sodass sie Krankheiten vermeiden könnten.