Skip to main content

Sex bei Kreuzweh: So geht das!

Je öfter der Bewegungsapparat „Hier!“ schreit, desto vorsichtiger wird der rückenschmerzgeplagte Mensch. Auch beim Sex.

So gut wie jeder weiß, wie sich ein Hexenschuss anfühlt oder regelmäßig wiederkehrender Rückenschmerz. Dann wird man vorsichtig – auch beim Liebemachen. Ist’s jetzt damit womöglich ganz aus? Aber sicher nicht!

Von Gabriele Kuhn*

Auf einmal macht’s „knacks“ – beim leicht gebückten Zähneputzen, morgens, im Zuge der wunderbaren Frühlingsgartenarbeit oder aber beim Schnüren der Schuhe. Ui, der Ischias. Oje, schon wieder die Bandscheibe. Irgendwas ist immer.

Je öfter der Bewegungsapparat „Hier!“ schreit, desto vorsichtiger wird der rückenschmerzgeplagte Mensch. Auch beim Sex. Und plötzlich passiert etwas, das bei einer gepflegten Nummer eigentlich nicht sein sollte: Man fängt an, nachzudenken. Soll ich, soll ich nicht (heftiger werden, mich beugen, bücken, drehen und wenden)? Könnte dann sein, dass mich der Notarzt aus dem eingesprungenen Kamasutra retten muss? Bleibe ich dann womöglich länger im Bett als ursprünglich geplant?

Stimmt, irgendwann ist unsereins nicht mehr ganz so biegsam, wie zu Zeiten durchtanzter Club- oder Disconächte. Dann tut das Kreuz weh. Doch, gleich vorweg: Rückenschmerzgeplagte müssen trotzdem nicht den Erotik-Löffel abgeben, sondern zum Beispiel „das Löffelchen“ bevorzugen. Ich habe diese Sexstellung in einer KURIER-Kolumne einmal als „Chaise longue“ unter den Positionen bezeichnet: schaut hübsch aus und ist sehr bequem. Das hat vor allem damit zu tun, dass man sich nicht allzu sehr anstrengen muss, gleiten statt hetzen, der Rest passiert wie von selbst. Kein Reißen und Ringen, alles äußerst rückenschonend. Ideal fürs Wochenende, morgens, verschlafen, aber schön.

Doch, gemach, gemach: Auch beim „Löffelchen“ sollte man sich bewusst bewegen. Denn laut Forschern wird die Wirbelsäule während des Geschlechtsverkehrs immer sehr gefordert – eine ganze Kaskade an Muskelketten ist daran beteiligt. Unbewusst, auch bedingt durch wachsende Erregung, verspannt sich der Mensch. Besonders knapp vor dem Orgasmus. Fazit der Forscher: Wer vor allem beim Bücken und Beugen Schmerzen empfindet, sollte eher der Variante „Doggy Style“ vertrauen. Abgesehen davon gilt, wie so oft, das Prinzip „Prävention“: ein starkes Muskelkorsett, vor allem im Bereich der tiefen Bauchmuskeln und im Sinne einer stabilen Körpermitte, wirkt stabilisierend. Nicht nur beim Schnackseln, sondern auch beim Heben, Bücken, Gehen, Einkaufen und Leben. Außerdem sind starke Bauchmuskeln meist mit guten Beckenbodenmuskeln verknüpft – als ultimatives Kraft-Zentrum des Unterleibs. Je besser trainiert, desto besser durchblutet. Ebenfalls nicht übel und vor allem luststeigernd. Wobei das reine Krafttraining, also der Aufbau der Muskulatur, unbedingt durch bewusstes Entspannen ausgeglichen werden muss. Nur „pimpen“ schadet, weil: zu viel der Spannung!

Daher: einatmen, ausatmen, anspannen, entspannen. Abschließend noch eine kurze Übersicht über die gängigsten Stellungen und ihre Rückenfreundlichkeit: Die Missionarsstellung ist wunderbar geeignet, sogar für Leute nach Bandscheiben-OP. Aber Achtung aufs Tempo! Für was Schnelleres, Spontaneres geht eine Nummer im Stehen, dabei lehnt der rückenschmerzgeplagte Mann an der Wand, sie steht von ihm abgewandt, beugt Oberkörper und Knie leicht, sodass das Eindringen leichtfällt. In die völlige Passivität können sich bandscheibenoperierte Männer fallen lassen, wenn er unten liegt und sie oben. Das endet zwar nicht immer zwingend im klassischen Geschlechtsverkehr, aber die Reibung kann auch sehr nett sein.

Grundsätzlich gilt: alles Ausgefallene, Exotische meiden, sich langsam bewegen, keine schnellen und harten Stöße. Und wer frisch an den Bandscheiben operiert wurde, sollte erst nach vier Wochen vorsichtig sexuell aktiv werden. Wie immer gilt: Reden Sie mit Ihrem Partner darüber und sagen Sie, was Ihnen guttut oder warum Sie Bedenken haben. Das schadet grundsätzlich nicht.

*Gabriele Kuhn ist seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressortleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin der Lebensart. Seit 2017 Autorin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Und damit's nicht fad wird, schreibt sie seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox - Szenen einer Redaktionsehe" gemeinsam mit ihrem Mann Michael Hufnagl, ebenfalls Journalist. Außerdem: Autorin dreier Bücher.

Für Diabetes Austria schreibt sie Kolumnen rund ums Thema Liebe, Sex und Diabetes.