Schülerin mit Typ-1-Diabetes kollabiert auf Klassenfahrt in London – und stirbt
Staatsanwalt ermittelt gegen Lehrer wegen fahrlässiger Tötung
MÖNCHENGLADBACH 3. 9. 2019 - Nach dem Tod einer 13-jährigen Schülerin auf einer Klassenfahrt in London ermittelt die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach gegen Lehrer wegen fahrlässiger Tötung. Mitschüler sollen bei dem Aufenthalt darauf hingewiesen haben, dass es dem zuckerkranken Mädchen nicht gut gehe. Die begleitenden Lehrer sollen sich zu spät um die Schülerin gekümmert haben.
Möglicherweise müssen sich die begleitenden Lehrer vor Gericht verantworten.
Der Anwalt der Familie, Klaus Voßmeyer, erstattete Anzeige aufgrund der Schilderungen von Mitschülerinnen, die der Vater festgehalten habe. Demnach hatte sich die 13-Jährige bereits am Ankunftstag nach dem Essen übergeben. «Die Bemühungen der Kinder, einen Lehrer ausfindig zu machen, schlugen am Donnerstag fehl», sagte Voßmeyer. Als sich das Mädchen ständig weiter übergab, halfen ihm die Kinder zur Toilette und stellten schließlich einen Eimer hin, als die Mitschülerin immer schwächer wurde, wie Voßmeyer sagte.
Am nächsten Morgen seien dann mehrere Kinder zu den Lehrern gegangen und hätten die Lage geschildert. Niemand habe nach dem Mädchen geschaut. «Die Kinder haben sich bemüht, selber damit fertig zu werden.» Sie sollten in Absprache mit einer Lehrerin auf die 13-Jährige aufpassen.
Zwei Tage lang soll kein Lehrer nach der Schülerin geschaut haben
Erst Samstagvormittag soll dann eine Lehrerin bei der kranken Schülerin erschienen sein – weil die Abreise bevorstand. Da sei das Mädchen so schwach gewesen, dass es sich nicht mehr selbst aufrichten konnte, sagte Voßmeyer. Erst dann sei ein Rettungswagen bestellt worden. Das Mädchen starb nach Angaben des Anwalts am Sonntag um 14 Uhr im Krankenhaus.
Voßmeyer wirft den Lehrern „Nachlässigkeit, die großen Schaden angerichtet hat“, vor. In Unterlagen für die Klassenfahrt sei vermerkt gewesen, dass das Mädchen Diabetikerin Typ 1 war. «Inwieweit das zutrifft und wie sich der Sachverhalt tatsächlich gestaltet, ist Gegenstand der Ermittlungen», erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag.
Tragischer Fall eines kollabierenden Schülers im Sportunterricht
Der Fall erinnert an die tragische Geschichte eines Abiturienten im Sportunterricht an einem Gymnasium in Wiesbaden, die im Frühjahr vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt wurde. Der 18-Jährige war zusammengebrochen – und erlitt schwerste Hirnschäden durch Sauerstoffmangel. Die Lehrerin hatte zwar den Notarzt alarmiert, doch keine Laienreanimation durchgeführt.
Hätte das Schicksal des Jungen verhindert werden können? Der Bundesgerichtshof (BGH) betonte in seinem Urteil im April die Pflicht eines Sportlehrers zur rechtzeitigen Erste Hilfe und hob ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf, das keine Schuld bei der Lehrkraft hatte erkennen können. Die höchsten deutschen Zivilrichter eröffneten dem heute schwerstbehinderten jungen Mann damit eine Chance auf Schmerzensgeld und Schadenersatz. Der Prozess wird in Frankfurt neu geführt.
Der VBE nahm das Urteil zum Anlass, von den Ländern „verbindliche Regelungen für die Wahrnehmung von Erste Hilfe-Kursen” durch Lehrerinnen und Lehrer zu fordern. Auffrischungskurse seien „kein Privatvergnügen“. News4teachers / mit Material der dpa