„Schon neun Minuten Training sind ein Anfang!“
Von Elisabeth Schneyder
Wenn sich Dr. Silke Böcskör für etwas engagiert, dann tut sie dies mit Haut und Haar: Als die Tochter einer Schneiderin und eines Elektrikers mit 24 Jahren in ihrem ersten Beruf als medizinisch-technische Assistentin „zum tausendsten Mal einen Blutbefund in den Computer getippt“ hatte, beschloss sie, doch lieber gleich selbst Ärztin zu werden. Die gebürtige Oberwarterin absolvierte als erstes Mitglied ihrer Familie ein Studium – ohne Beihilfen, aber in Mindestzeit. Dass sie sich auf Diabetes spezialisierte, erklärt die heute 47-Jährige so: „Dieses Gebiet hat mich immer interessiert, weil man da so viel tun kann“.
Und was sie leistet, kann sich in der Tat sehen lassen: Bis zu 35 Patienten pro Tag betreut die Internistin, diplomierte Not- und Sportärztin in der Diabetes-Ambulanz des Floridsdorfer Gesundheitszentrums Wien-Nord, viele weitere in ihrer Ordination im dritten Bezirk. Und die „Therapie aktiv“-Medizinerin hat viel Erfahrung mit den Problemen, die Diabetiker plagen: „Oft fehlt es einfach nur an Information und Beratung. Ernährungsberatung zum Beispiel ist extrem wichtig“.
Vor allem bei Typ 1 Diabetikern, die schon als Kind von ihren Eltern angeleitet wurden, wie sie mit ihren Zuckerwerten umgehen sollen, zeigten sich im Gespräch häufig festgefahrene Verhaltensmuster und Gewohnheitsfehler, berichtet Böcskör.
Und sie erklärt: „Es macht Sinn, das eigene Wissen immer wieder aufzufrischen. Nicht nur, weil es inzwischen neue Technologien gibt, die alles leichter machen. Sondern auch, damit es nicht passieren kann, dass beispielsweise langjährige Typ-2-Diabetiker plötzlich überrascht fragen, ob Wurstsemmeln mit Eistee oder Orangensaftwirklich so ungünstig sind. Und bei Typ-1 Diabetikern geht es auch noch um Fett und Protein-Einheiten“.
Auch bei Jugendlichen müsse man darauf achten, dass nach der Spitalsentlassung Ansprechpartner zur Verfügung stehen, die helfen, Fehler zu vermeiden und im Alltag gut mit dem Diabetes zurecht zu kommen: „Da ist es wichtig, einen Internisten aufzusuchen und jemanden zu haben, mit dem man sich austauschen kann“.
Mit neuen Messgeräten und Insulin-Pumpen ließe sich erfreulich viel erreichen:
„Durch Geräte wie den Freestyle Libre, die auch die Kurven zwischen den punktuellen Messungen zeigen, tun sich oft Abgründe auf, die man sonst übersehen könnte. Und mit Insulinpumpen gibt es viel weniger Hypoglykämien. Da kommt bestimmt auch noch viel Neues nach“. Wobei, so die Expertin: Möchte sich jemand nicht mit seinen eigenen Werten auseinandersetzen, seien Insulinpumpen keine optimale Lösung, weil diese „das eigene Denken nicht ersetzen“.
Für Typ 2 Diabetiker sieht Böcskör überdies deutliche Verbesserungen durch Medikamente wie SGLT-2-Hemmer und GLP-1-Analoga.
Allerdings: Schulungen und Information sind und bleiben das Um und Auf effizienter Therapie: „Jeder Diabetiker sollte seine Zielwerte kennen, bewusst auf sich achten und sich darüber klar sein, was bei Unterzucker zu tun ist“. Nur oberflächlich zu wissen, dass etwa auch Bewegung essenziell ist, genüge nicht.
So warnt Böcskör zwar einerseits davor, sich in überbordendem Ehrgeiz zu überfordern: „Wenn man ungeübt ist, stößt man rasch an seine Grenzen. Man sollte vor und nach anstrengenden körperlichen Belastungen unbedingt die Werte kontrollieren, genug Flüssigkeit und Not-BEs dabeihaben und Begleitpersonen informieren, was in einem etwaigen Notfall getan werden muss“.
Andererseits betont die Spezialistin, die selbst bereits sowohl „Iron Man“ als auch Marathonläufe absolviert hat: „Es ist gut, mindestens drei Mal pro Woche Kraft und Ausdauer zu trainieren – am besten kombiniert. Und man kann durchaus auch klein anfangen. Wenn jemand anfangs auch nur neun Minuten am Cross-Trainer schafft, ist das auch schon ein Gewinn. Und es ist nie zu spät, um zu beginnen“.
Böcskör selbst hat seit inzwischen etwas mehr als fünf Jahren weniger Zeit für sportliche Großtaten. Denn die seit Sommer 2017 verheiratete Burgenländerin verbringt jede freie Minute am liebsten mit ihrem fünfjährigen Sohn. Und der hat’s derzeit (noch) lieber ohne „Iron Man“-Torturen: „Wir gehen so oft wie möglich Eislaufen, Schifahren und in den Schwimmkurs“, freut sich die engagierte Ärztin.
Zu guter Letzt ein kleiner Word-Rap mit Dr. Silke Böcskör:
Was hilft Ihnen, sich vom Alltag zu entspannen?
Meine Familie, Sport und Krimis lesen
Was macht Sie glücklich?
Meine Familie und schöne Tage mit meinem Kind.
Ihr Lebensmotto?
Die Kunst zu leben besteht darin, im Regen zu tanzen, anstatt auf Sonne zu warten
Ihr größtes Talent?
Ausdauer, Selbstmotivation – und andere zu motivieren.
Ihr größter „Fehler“?
Ungeduld. Und dass ich manchmal aufbrausend sein kann.
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei anderen Menschen besonders?
Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Treue.
Was ärgert Sie am meisten?
Ungerechtigkeit und Hinterlistigkeit.
Über welche natürliche Gabe würden Sie gern verfügen?
Ich hätte gerne die geniale Merkfähigkeit meines kleinen Sohnes.
Was ist Ihr größter Traum?
Meinem Kind soll es immer gutgehen.
Welches ist Ihre größte Hoffnung für die Zukunft?
Dass sich der Klimawandel aufhalten lässt. Und ein langes, gesundes Leben.
Mehr Info: Dr. Silke Böcskör, Ordination 1030, Apostelgasse 13
und GZ Wien Nord, 1210, Karl Aschenbrenner Gasse 3