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Schicksalsschlag: Wenn sich das Leben dramatisch verändert

Manchmal braucht das Schicksal nicht mehr als ein paar Sekunden um das Leben eines Menschen dramatisch zu verändern. Manche Menschen zerbrechen daran. Andere wachsen über sich hinaus.

Manchmal braucht das Schicksal nicht mehr als ein paar Sekunden um das Leben eines Menschen dramatisch zu verändern. Plötzlich ist er da: Dieser Moment, in dem die Zeit still zu stehen scheint. Eine schlimme Diagnose, ein Unfall, die Kündigung oder ein anderer Schicksalsschlag. Blitzartig ist nichts mehr, wie es war. Wie hält man solche Schicksalsschläge aus? Manche Menschen zerbrechen daran. Andere wachsen über sich hinaus.

Von Veronika Kub

Als der Journalist und Herausgeber von diabetes-austria.com, Peter P. Hopfinger, 1995 als 40-Jähriger die Diagnose Diabetes Typ 1 bekam, dachte er der Himmel müsse über ihn einstürzen. Doch schon kurz darauf nahm er sein Schicksal in die Hand und gründete die erste Internetplattform für Menschen mit Diabetes im deutschsprachigen Raum. Es wurde eine Erfolgsstory bis zum heutigen Tag. Peter Hopfinger gehört somit zu den sogenannten „resilienten Typen“,  wie es in der Sprache der Psychologen heißt.

Die Resilienzforschung gibt es seit den 50er-Jahren. Sie befasst sich mit der Fähigkeit des Menschen, Lebenskrisen, Stress und Belastung auszuhalten und durch soziale Ressourcen, sogenannte Schutzfaktoren, zu kompensieren. Grundsätzlich gilt ein Mensch dann als resilient, wenn er auch bei Schicksalsschlägen das Potenzial seiner Möglichkeiten erkennt und sein Leben in positive Bahnen lenkt, anstatt sich aufzugeben.

Die meisten Menschen denken, die Folgen eines Schicksalsschlages nicht ertragen zu können

Tagtäglich geschehen auf der ganzen Welt schreckliche Schicksalsschläge. Egal, ob wir das Fernsehen einschalten, die Zeitung aufblättern oder ins Internet gehen, wir alle werden ungewollt Zeugen dieser schrecklichen Schicksale. Und trotzdem denkt kaum einer daran, dass es auch ihn treffen könnte. Diese Einstellung ist quasi eine Schutzvorkehrung der menschlichen Natur. Bricht dann aber doch ein schwerer Schicksalsschlag über unser Leben herein, führt das natürlich zu einem Schockzustand. Und den zu bewältigen ist schwer. Doch warum schaffen es einige Menschen ihr Schicksal anzunehmen, während andere daran verzweifeln?

Es gibt einen natürlichen Überlebensmechanismus. Etwa 60 Prozent, weiß man aus Studien, können sogar ein schweres Trauma gut verarbeiten. Sie haben eine gute Resilienz. Die verbleibenden 40 Prozent tun sich schwerer. Aber auch sie haben die Chance, aus diesem Tal der Trauer und des Leids wieder herauszukommen – am besten mit professioneller Hilfe.

Wie man Schicksalsschläge meistern kann

  • Eine Therapie beginnen
    Für die meisten Betroffenen ist es unumgänglich eine Therapie zu beginnen. Hier können sie nicht nur auf professionelle Hilfe hoffen, sondern auch über ihre Gefühle offen reden. Alleine das hilft den meisten Menschen schon sehr.
  • Rituale einführen
    Nach einem Schicksalsschlag kann es hilfreich sein neue Rituale zur Bewältigung einzuführen. Das kann zum Beispiel das regelmäßige Treffen mit anderen Menschen in einer ähnlichen Situation sein.
  • Darüber sprechen
    Viele Betroffene ziehen sich nach dem Schicksalsschlag erst einmal vollständig in sich und ihrer Trauer zurück. Dabei hängt der Grad der Verarbeitung des Schicksals sehr mit der Auseinandersetzung des Geschehenen zusammen. Und vor allem mit Gesprächen lassen sich tiefe Gefühle besonders gut verarbeiten.
  • Kraft im Leid suchen
    Wer es selbst zulässt traurig zu sein, gibt sich die Möglichkeit seine Gefühle zu verarbeiten und neu zu ordnen. Diese Möglichkeit hilft neue Kraft zu finden. Wie lange das dauert, ist eine ganz persönliche Einstellung. Manche Menschen überwinden ihr Leid und ihr Trauma schneller, manche brauchen länger. Richtlinien wie „du musst jetzt endlich wieder nach vorne schauen“ sind weder hilfreich noch richtig. Das eigene Bauch Gefühl ist entscheidend.
  • Das Leben neu ordnen
    Es ist die Aufgabe des Betroffenen nach einem Schicksalsschlag weiterzuleben. Dafür muss er jedoch meistens sein gesamtes Leben neu ordnen. Mit jedem noch so kleinen Schritt in Richtung Neuordnung unternimmt er auch einen kleinen Schritt in sein neues Leben. Die ersten Schritte sind in den meisten Fällen beinahe unerträglich schwer. Doch jeder kleine Schritt gibt auch ein Stück Hoffnung zurück.

Die Schicksals Typen: Jeder Mensch reagiert anders

Tragische Momente und einschneidende Schicksale verändern von heute auf morgen das Leben eines Menschen. Manche Menschen schaffen es, ohne bleibende Folgen ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Andere Menschen verzweifeln schon bei geringsten Veränderungen. Jeder Mensch hat eine individuelle Art mit seinem Schicksal, sei es tragisch, überraschend oder positiv, umzugehen. Wieso diese Verarbeitungsfähigkeit bei jedem Menschen individuell unterschiedlich ist, war lange Zeit nicht bekannt. Der Wissenschaftler George Bonanno hat nach dem Anschlag vom 11. September 2001 auf die Twin Towers in New York Betroffene untersucht und kam auf Grund seiner Studie zu folgender Typen-Aufstellung:

Der chronische Typ:
Menschen dieses Typus können Krisen und Schicksalsschläge kaum bis gar nicht bewältigen. Es kommt zu dauerhaften psychischen und physischen Schädigungen, die im schlimmsten Fall niemals überstanden werden. Beinahe ein Drittel der Bevölkerung gehört diesem Typus an.

Der genesene Typ:
Menschen diesen Typus sind wahre Kämpfer. Sie schaffen es meistens innerhalb der nächsten zwei Jahre das Erlebte so zu verarbeiten, dass sie keine traumatischen Symptome mehr aufweisen. Knapp ein Viertel aller Menschen sind mit diesem Talent ausgestattet.

Der verzögerte Typ:
Nach dem traumatischen Erlebnis zeigen Menschen dieses Typus erst einmal keine signifikanten Symptome auf. Es scheint so, als würden sie das Erlebte einfach wegstecken. Doch nach einiger Zeit, das kann Tage, aber auch Monate dauern, treten die typischen Symptome dann doch auf. Die Verarbeitung des Erlebten gestaltet sich dementsprechend schwierig

Der resiliente Typ:
Menschen diesen Typus können sich glücklich schätzen. Denn sie haben die Fähigkeit selbst mit schwerwiegenden Schicksalsschlägen fertig zu werden. Sie haben die psychische Fähigkeit ausreichend Widerstand aufzubringen um das Erlebte gut verarbeiten zu können. Selbst nach einem traumatischen Erlebnis zeigen sie nur wenig Symptome eines Traumas.

Klar ist, dass es in den meisten Fällen kein Zurück gibt in die Zeit vor dem Schicksalsschlag. Der Blick auf die Welt hat sich verändert, für immer.

Doch die meisten Menschen sind tief in sich mit der Gabe ausgestattet sind, weitermachen zu können, trotz allem. Auch wenn das Leben nicht mehr so wird, wie es vielleicht einmal war, finden sie eines Tages zurück zu einer neuen Zufriedenheit.