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SANOFI im Fokus: Adieu Diabetes - Weichenstellung an der Seine

Nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt macht der neuen Sanofi-Chef Paul Hudson Nägel mit Köpfen: Mitte Dezember verkündete der gebürtige Brite, dass Sanofi die Forschung an der Volkskrankheit Diabetes sowie an Herz-Kreislauferkrankungen einstellen werde. Stattdessen will sich der Konzern verstärkt auf Krebstherapien ausrichten. Galt das Diabetes-Geschäft lange als die wichtigste Domäne der Franzosen, sieht das Unternehmen die eigene Zukunft nun neben Krebs bei Impfstoffen, speziellen Bluterkrankungen und Hautkrankheiten. Der Ausstieg aus wenig lukrativen Geschäften soll dem Unternehmen Ersparnisse von zwei Milliarden Euro bringen, die 2022 voll zum Tragen kommen.

Die Erwartungen an Hudson, der bei Novartis bereits große Erfolge als Pharmachef feierte, waren natürlich groß. Doch bei aller Euphorie, die an der Börse auf die Nachricht vom Rückzug aus der Diabetes-Forschung folgte: Das ganz große Rad hat Hudson damit (noch) nicht gedreht. Er setzte vielmehr einen Schlussstrich unter das, was sich unter seinem Vorgänger Olivier Brandicourt bereits abzeichnete.

Denn unter Brandicourt war die Diabetes-Forschung bei Sanofi zuletzt fast bis auf Null eingedampft worden. Damit zog die Chefetage die Konsequenzen aus den Fehlern der Vergangenheit: Das Unternehmen hatte zu lange auf dasselbe Pferd gesetzt. Denn der Blockbuster Lantus, der das erste Insulin seiner Art war, bekam nach dem Patentablauf reichlich Nachahmer. Zudem verpasste Sanofi ausgerechnet im Diabetes-Geschäft den Anschluss bei moderneren Wirkstoffklassen. Auch Hoffnungsträger aus anderen Fachgebieten, wie etwa das Hautmittel Dupixent, konnten Lantus bislang umsatzmäßig nicht das Wasser reichen. Entsprechend war die Geschäftsentwicklung beim Konzern in den vergangenen Jahren eher holprig.

Auch dass Hudson nun auf Krebsimmuntherapien setzt, kommt nicht von ungefähr. Die Forschung an neuen Gentherapien gegen die tückische Krankheit gilt derzeit als das vielversprechendste und lukrativste Wachstumsfeld in der Medizin. Längst hat hier ein Wettlauf großer internationaler Konzerne begonnen. Schnell noch auf den Zug aufsteigen, scheint deshalb auch für Sanofi das Gebot der Stunde.

Nicht unüblich in der Branche ist grundsätzlich der Weg, den Sanofi nun begeht: Bereiche mit unerquicklichen Erträgen werden eingedampft, neue Wachstumsfelder werden vorrangig durch Übernahmen erschlossen. So hatte bereits Brandicourt mit den beiden milliardenschweren Zukäufen des belgischen Antikörperspezialisten Ablynx und des US-Unternehmens Bioverativ in der Gen- und Biotechbranche zugeschlagen. Und schon Brandicourts Vorgänger Christopher Viehbacher hatte sich mit der feindlichen Übernahme des US-Herstellers Genzyme 2011 in den Sektor eingekauft. Im Gegenzug hat sich Sanofi in den vergangenen Jahren etwa von seiner Tiermedizin und der Generikasparte Zentiva getrennt.

Hudson verkündete wiederum nun den Erwerb des auf Krebsmedikamente spezialisierten Biotech-Herstellers Synthorx für 2,5 Milliarden US-Dollar (2,25 Mrd Euro). Für die weitere Entwicklung bei Sanofi dürfte es künftig auch darauf ankommen, wie schnell der Konzern die in den neu hinzugekommenen Unternehmen erforschten Mittel an den Markt bringen kann.

Ein gewichtiges Nachspiel auch in der Personalplanung könnte Hudsons Entscheidung im Deutschland-Geschäft haben. Vor allem der Firmensitz in Frankfurt-Höchst dürfte leiden, fürchten derzeit die Arbeitnehmervertreter - sie haben bereits entschlossenen Widerstand angekündigt. Der über die Fusion mit Aventis im Jahr 2004 zum Unternehmen gekommene Standort war bisher das Herzstück des Diabetes-Geschäfts. Im Industriepark Höchst ist unter anderem Sanofis Insulin-Produktion konzentriert.

Quelle: onvista