Rasante Entwicklungen – revolutionäre Medikamente
Seit Ende 2021 ist Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz und amtierender Präsident der Ärztegesellschaft ÖDG (Österreichische Diabetes Gesellschaft). Das Antrittsinterview wollten wir eigentlich im Rahmen der Herbsttagung der ÖDG in Salzburg führen, doch diese wurde coronabedingt nur virtuell abgehalten. Das nachstehende Interview fand daher Anfang Jänner 2022 statt.
Herr Prof. Dr. Clodi, forschen, heilen und lehren sind die drei großen Bereiche, die die ÖDG für sich festgeschrieben haben. Forschung: Welche Bereiche sind für Sie die spannendsten und zukunftsweisenden und warum?
Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi: Ich denke, dass wir gerade Zeugen einer unglaublich rasanten Entwicklung in vielen Bereichen der Diabetologie sein dürfen. Wir erleben die ersten Jahre mit Hybrid – Closed – Loop – Systemen, die die Behandlung von Menschen mit Typ 1 Diabetes revolutioniert haben.
Die Messtechnik (Flash Glucose - Monitoring und Continous Glucose Monitoring) gibt uns die Möglichkeit die Zusammenhänge zwischen Glukosevariabilität und Komplikationen besser zu verstehen. Auch im Bereich der Spätkomplikationen dürfen wir in den nächsten Jahren sicherlich mit bahnbrechenden Entdeckungen rechnen.
Zum jetzigen Zeitpunkt erleben wir gerade die Entwicklung von revolutionären Medikamenten und Wirkstoffgruppen welche binnen kürzester Zeit auch ihren Weg in die Leitlinien zur Behandlung von Herzinsuffizienz und chronischer Niereninsuffizienz gefunden haben. Die dualen GLP-1 – GIP Agonisten zeigen bereits jetzt spannende und eindrucksvolle Daten.
Besonderes Augenmerk sollten wir auch auf die clusterbasierten Analysen großer epidemiologischer Studien legen, welche die Heterogenität des Diabetes mellitus abbilden, die Nomenklatur und gleichzeitig auch die weitere Behandlung revolutionieren werden.
Heilen: In welchen Bereichen sehen Sie die größten Heilungschancen?
Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi: Leider sind sowohl Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 weiterhin nicht heilbar. Zielgerichtetes Screening, frühe Diagnosestellung und individuelle Therapie stehen aus meiner Sicht im Vordergrund und nehmen einen wichtigen Platz auf meiner Agenda ein.
Lehren: Worauf werden Sie in Ihrer Präsidentschaft besonderes Augenmerk legen?
Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi: Ich möchte in den kommenden Jahren die deletären Auswirkungen chronisch erhöhter Blutzuckerwerte ins Zentrum rücken. Dazu gehört neben Prävention und Screening auch die Umsetzung einer leitliniengerechten Therapie. Die Lebensstiltherapie als unverzichtbare Basis jeglicher, medikamentöser Therapie steht ebenfalls im Fokus.
Weiters möchte ich versuchen, die interdisziplinäre Behandlung des diabetischen Fußsyndroms zu forcieren, um so das Langzeitergebnis für die Patienten deutlich zu verbessern.
Die Diabetesstrategie 2017 ist heuer auch schon wieder fünf Jahre alt. Wie zufrieden sind Sie mit der Umsetzung, wo sehen Sie die größten Mängel bzw. Schwachstellen?
Univ. Prof.-Dr. Martin Clodi: Prinzipiell bin ich dankbar, dass die Diabetesstrategie entworfen und publiziert wurde. Letztlich bestätigt dies die Wahrnehmung der Tragweite der Erkrankung durch die Entscheidungs – und Sozilaversicherungsträger.
Im Besonderen möchte ich mich hier auf die weitere Umsetzung der Lebensstiltherapie konzentrieren sowie die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den einzelnen Anlaufstellen für die Patienten optimieren.
Welche persönlichen Ziele haben Sie sich für die Zeit Ihrer Präsidentschaft gesetzt?
Univ. Prof.-Dr. Martin Clodi: Ich möchte die Wahrnehmung der zerstörerischen Effekte der Hyperglykämie weiter in den Fokus der betroffenen Menschen und der Entscheidungsträger rücken und damit nahtlos an die Arbeit meiner Vorgängerin anschließen.
Jeder Patient soll einen niederschwelligen Zugang zu leitliniengerechter Therapie bekommen, hierbei ist lebensstilmodifizierende und medikamentöse Therapie aus meiner Sicht gleichwertig zu betrachten.
Trotz schwieriger Umstände in Österreich möchte ich versuchen für die wissenschaftlich tätigen Kollegen entsprechende Geldmittel weiterhin verfügbar zu halten.
Weiters möchte ich der Wahrnehmung und inderdisziplinären Therapie des diabetischen Fußsyndroms einen höheren Stellenwert einräumen.
Persönliches: Wie ist Ihr persönlicher Bezug zu Diabetes? Warum haben Sie sich gerade für diese Fachrichtung entschieden?
Univ. Prof.-Dr. Martin Clodi: Es war schon in der Schule mein Wunsch Medizin zu studieren danach an der Universität zu bleiben um zu forschen und Internist zu werden. Die Fachrichtung Endokrinologie und Diabetes hat sich dann im Laufe des Arbeitsalltags ergeben. Heute bin ich mit meiner Wahl sehr zufrieden.
Was wünschen Sie sich für die Behandlung bzw. auch für die Prävention von Diabetes von der Politik?
Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi: Generell sind wir sehr glücklich, dass die HbA1c Bestimmung nun wieder erstattet wird und damit für die Bevölkerung in breitem Maße zur Verfügung steht. Allerdings besteht weiterhin ein hoher Bedarf an umzusetzenden Maßnahmen, um eine optimale Prävention der Erkrankung gewährleisten zu können.
Dies fängt aus meiner Sicht bereits in den Bildungseinrichtungen an. Neben der täglichen Turnstunde und Bewegungseinheit sollte es bereits in den Volksschulen ein Unterrichtsfach Gesundheitsbildung geben, im Rahmen dessen die Kinder und später Jugendlichen wesentliche Dinge hinsichtlich eines gesunden Lebensstils und ausgewogener Ernährung erlernen.
Gemeinsam mit den Lebensmittelproduzenten und Händlern sollte an einer nicht nur freiwilligen Kennzeichnung der Effekte der Lebensmittel auf Übergewicht und die Gesundheit gearbeitet werden.
Wir bedanken uns für das Interview und wünschen Ihnen für Ihre Präsidentschaft viel Erfolg!
Univ.-Prof. Primarius Dr. Martin Clodi ist Vorstand der Abteilung für Innere Medizin Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz Seilerstätte 2 4020 Linz
Internist Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi schloss seine fachärztliche Ausbildung an der Medizinischen Universität Wien ab. Zusätzlich absolvierte er Facharztausbildungen in Endokrinologie / Stoffwechsel und Diabetologie, Nephrologie, Geriatrie sowie in allgemeiner und internistischer Intensivmedizin und ist als Allgemeininternist zuständig für alle Erkrankungen der Inneren Medizin.
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