„Mit Kontinuität und Vertrauen zum Therapieerfolg“
Von Elisabeth Schneyder
Nach ihrem Traumberuf gefragt, gab Claudia Francesconi schon im zarten Alter von fünf Jahren eine klare Antwort: „Arzt“. Und niemand könnte ihr mangelnde Zielstrebigkeit unterstellen: 1969 in Wien geboren, 1994 fertig mit dem Studium, 2003 mit der Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin, schon ab Herbst desselben Jahres ärztliche Leiterin der Diabetes und Stoffwechselambulanz des Gesundheitszentrums Wien Mitte, ...
Inzwischen ist die Tochter einer Sekretärin und eines Buchdruckers ärztliche Leiterin des Reha-Zentrums Alland und gilt als renommierte Diabetes-Spezialistin. Dass sie auf dem Weg dahin auch in Sport- und Notfallmedizin diplomierte, neben wissenschaftlichen Publikationen das Buch „„Insulintherapie bei Typ 2 Diabetes – ein Leitfaden für die Praxis“ veröffentlichte und zur Ersten Sekretärin der Österreichischen Diabetesgesellschaft avancierte, passt zu Francesconis Passion für ihre Profession: „Ich wollte unbedingt Internistin werden, aber auf ein konkretes Gebiet fokussieren. Bei Diabetes ist trotz der Spezialisierung viel internes Wissen nötig. Ein wirklich spannendes Gebiet“. Und eines, das immer mehr Menschen betrifft. Die Gründe für das rasante Ansteigen der Anzahl der Diabetiker ortet Francesconi einerseits in der Genetik, weil „die Prädisposition ja da sein muss“, andererseits in Wohlstandsfolgen wie falscher Ernährung und Bewegungsarmut: „Der Höhepunkt ist hier noch lange nicht erreicht“. Sinnvolle Präventionsmaßnahmen müssten sehr früh ansetzen – bei Kindern und deren Eltern – und zu mehr Bewegung motivieren. Denn, so die Expertin: „Machen kann man immer etwas. Aber ist Diabetes einmal da, ist es für Vorsorge zu spät. Dann geht es nur noch um Nachsorge“.
Neue Medikamente wie SGLT-2 Hemmer und GLP-1 Analoga, die Zuckerwerte senken, zugleich das Sterberisiko verringern und keine Unterzuckerung verursachen, seien wichtige Errungenschaften für die Lebensqualität: „Damit fällt das Problem weg, jemandem zu sagen, er soll sich mehr bewegen und weniger essen, ihm zugleich aber Medikamente geben zu müssen, die den Appetit anregen und den Zucker senken“. Inzwischen gibt es, so Francesconi, ein breites Spektrum für jeden Bedarf, das den Patienten viele Möglichkeiten eröffnet, aber auch den Ärzten mehr Wissen abverlangt. Auch wenn Heilung kaum in absehbarer Zeit möglich sein werde, sei mit vielen weiteren Hilfsmitteln zu rechnen, die Diabetikern das Leben leichter machen – von oralem Insulin bis zu neuen Technologien. Was im Umgang mit den Patienten im Vordergrund stehen sollte, beschreibt die begeisterte Freizeitsportlerin so: „Die Interaktion mit dem Arzt muss eine Art Coaching sein – vor allem bei Typ-1. Bei Typ-2 muss man als Ansprechpartner fungieren, der den Patienten kennt und dem er vertraut. Man muss die Patienten mögen. Wer das nicht kann, ist eindeutig im falschen Job“. Probleme mit der Therapietreue gebe es meist nur, wenn die Menschen den Sinn der ärztlichen Empfehlungen nicht nachvollziehen könnten: „Niemand schadet sich gerne selbst. Das Insulin-Spritzen wird vom Aufwand her oft überbewertet. Ich habe noch nie einen Typ-1-Diabetiker gesehen, der gesagt hätte, es wäre ihm zu mühsam. Eine Therapie, die nicht zur Lebenssituation passt, ist eine falsche Therapie. Statine oder Blutdruckmittel nicht zu schlucken ist eine Frage fehlenden Wissens, nicht mangelnder Zeit“.
Viel Zeit für die entspannenden Freuden des Lebens hat die verheiratete Stiefmutter zweier erwachsener Kinder selbst nicht. Bleibt doch Freiraum, widmet sie sich am liebsten den drei Hunden, die „eigentlich meinem Mann gehören“, oder erholt sich im Fitness-Center, beim Biken, Laufen, Schi-Touren oder Bergwandern: „Herrlich, mit den Schiern den Glockner zu umwandern!“ Warum auch nicht. Beruflich war ihr bisher ja auch noch nie ein „Berg“ zu hoch.
Zu guter Letzt ein kleiner Word-Rap mit Primaria Dr. Claudia Francesconi:
Was hilft Ihnen, sich vom Alltag zu entspannen?
Musik. Vor allem Jazz, Blues und Soul.
Was macht Sie glücklich?
Da gibt es vieles.
Ihr Lebensmotto?
Positiv denken, konstruktiv sein – Handeln statt reden.
Ihr größtes Talent?
Kommunikationsfähigkeit und Organisationstalent.
Ihr größter „Fehler“?
Die Menschen, die mich besser kennen, meinen ich sei stur.
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei anderen Menschen besonders?
Die Fähigkeit, zuzuhören. Und Loyalität.
Was ärgert Sie am meisten?
Die generelle politische Situation. In Österreich im Speziellen, aber auch weltweit.
Über welche natürliche Gabe würden Sie gern verfügen?
Mehr Gelassenheit wäre nicht schlecht.
Was ist Ihr größter Traum?
Ich habe nicht viele unerfüllte Wünsche. Diesen allerdings doch: Dass Europa nicht in den nächsten zehn Jahren in Flammen aufgeht.
Welches ist Ihre größte Hoffnung für die Zukunft?
Dass die Vernunft siegt und die Menschheit sich auf das besinnt, was wesentlich ist.