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Kein Typ-2-Diabetes, sondern Typ-3c-Diabetes?

Eine 73-jährige Patientin, bei der vor über 15 Jahren ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert worden war, kam mit einer symptomatischen Stoffwechselentgleisung und einem HbA1c von 10 % in die Klinik. 13 Jahre lang war die Frau mit oralen Antidiabetika behandelt worden, erst dann kam Insulin hinzu. Bei der abdominellen Untersuchung wurde schnell klar, dass der Frau allein mit einer Diabetestherapie nicht geholfen ist.

Die Patientin wies zusätzlich zu dem hohen HbA1c-Wert eine Nephropathie und eine distal-symmetrische Poly­neuropathie sowie eine Hypertonie und eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) bei hohem Nikotinkonsum auf. Die Überraschung fand sich im Rahmen der Routine-Diagnostik: Bei der abdominellen Sonographie fiel den Klinikärzten eine Pankreatolithiasis auf.

Der Ultraschallbefund führt zu einer klaren Diagnose

„Findet man bei der Ultraschalluntersuchung Pankreasgangsteine, kann die Diagnose einer chronischen Pankreatitis gestellt werden“, so Dr. Peter Matheiowetz vom St. Josefskrankenhaus Heidelberg. Bei der Patientin lag demnach ein Diabetes mellitus bei chronischer Pankreatitis vor, also ein so genannter pankreatogener bzw. Typ-3c-Diabetes.

Wichtig zu wissen ist, dass Patienten mit einem Typ-3c-Diabetes oft auch eine exokrine Pankreasinsuffizienz aufweisen, die durch Bestimmung der Pankreaselastase im Stuhl oder durch einen invasiven Test diagnostiziert werden kann. Die exokrine Dysfunktion wiederum geht mit einer Störung des Inkretinsystems einher.

Exokrine Pankreasinsuffizienz mitbehandeln

Wird die exokrine Pankreasinsuffizienz mitbehandelt, kann das die Stoffwechseleinstellung von Patienten mit Typ-3c-Diabetes generell bessern. Verschiedene Mechanismen tragen laut Dr. Matheiowetz zur Hyperglyk­ämie bei Typ-3c-Diabetes bei:

 

  • Insulindefizit
  • Immunphänomene durch proinflammatorische Zytokine
  • Hepatische Insulinresistenz
  • Periphere Insulinresistenz
  • Reduzierter Inkretineffekt

 

Wie wird ein Typ-3c-Dia­betes behandelt? Tatsächlich gibt es nur sehr wenige Studien, die verschiedene Antidiabetika bei diesen Patienten untersuchten.

Das Krebsrisko ist bei diesen Patienten deutlich erhöht

Meist erhalten Patienten mit pankrea­togenem Diabetes Substanzen, die auch bei Typ-2-Diabetes verabreicht werden. Eine adäquate Pankreasenzym-Ersatztherapie kann einer Malnutrition und metabolischen Komplikationen entgegenwirken.

Auch bei der Patientin lag eine exokrine Pankreasinsuffizienz vor, die entsprechend therapiert wurde. Da­rüber hinaus wurde ihr dringend eine Nikotinkarenz empfohlen, denn Patienten mit einem Typ-3c-Diabetes weisen ein erhöhtes Risiko für ein bösartiges Adenokarzinom auf, und Rauchen erhöht das Karzinomrisiko zusätzlich. Es gibt kein etabliertes Monitoring für Patienten mit Typ-3c-Diabetes.

Endosonographische Untersuchung als Routine

Dr. Matheiowetz plädiert daher für eine einmal jährlich durchzuführende endosonographische Untersuchung, um Veränderungen, die auf ein bösartiges Adenokarzinom hindeuten könnten, möglichst früh zu erfassen. „Zur Routine bei Diabetes gehört eine Ultraschalluntersuchung – und manchmal entdecken wir dabei Dinge, die uns einen ganz anderen Weg weisen.“

Mehr als ein Einzelfall!

Typ-3c-Diabetes ist häufiger, als im Allgemeinen vermutet wird. Die Prävalenz wird in westlichen Populationen mit 5–10 % aller Diabetespatienten angegeben. Dieser Diabetes-Typ kann unterschiedliche Ursachen wie z.B. zystische Fibrose, hereditäre Hämochromatose oder Pankreaskarzinom haben – am häufigsten (ca. 80 %) wird der pankreatogene Dia­betes aber durch eine chronische Pankreatitis ausgelöst.

Quelle: https://www.medical-tribune.de/  Dr. Andrea Wülker