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Kardiologen sehen sich bei Diabetes stärker in der Pflicht

(12. August 2020) - Die US-Fachgesellschaft ACC hat einen praktischen Leitfaden für Kardiologen herausgegeben, der diesen helfen soll, sich mit neuen Therapien zur kardiovaskulären Risikoreduktion – nämlich SGLT2-Hemmern und GLP-1-Agonisten – stärker in der Versorgung von Diabetes-Patienten zu engagieren.

Die blutzuckersenkende Therapie mit Antidiabetika steht nicht gerade in dem Ruf, als präventive Strategie das erhöhte kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit Typ-2-Diabetes substanziell reduzieren zu können.

Insofern hielt sich das Interesse speziell von Kardiologen an den dabei genutzten Wirkstoffen bislang in Grenzen. In ihre Zuständigkeit fiel eher die Behandlung auch von Diabetes-Patienten etwa mit Lipidsenkern oder Thrombozytenhemmern.

Wandel in der Diabetes-Therapie

Inzwischen hat sich jedoch ein Wandel vollzogen. Mit den SGLT2-Hemmern und GLP-1-Agonisten sind erstmals zur Blutzuckersenkung entwickelte Wirkstoffe verfügbar, mit denen die Inzidenz von kardiovaskulären Ereignissen bei Diabetes-Patienten direkt und unabhängig von ihrer antiglykämischen Wirkung signifikant reduziert werden kann. Ihre Bezeichnung als Antidiabetika wird somit dem Wirkprofil dieser neuen Substanzen nur partiell gerecht.

Die Liste randomisierter kontrollierter Studien, in denen kardioprotektive – aber auch renoprotektive – Effekte von Vertretern der Klassen der SGLT2-Hemmer und GLP-1-Agonisten nachgewiesen werden, wird stetig länger.

Nach Auffassung der kardiologischen US-Fachgesellschaft ACC (American College of Cardiology) ist es deshalb an der Zeit, dass auch Kardiologen als „kardiovaskuläre Spezialisten“ einen Beitrag dazu leisten, dass die neuen Wirkstoffe in die medizinische Behandlung von Patienten mit Typ-2-Diabetes „inkorporiert“ werden.

Die rasante Entwicklung in der klinischen Erforschung dieser neuen Therapien hat die ACC-Experten dazu veranlasst, nach 2018 nun erneut ein „Konsensus-Dokument“ zu diesem Thema in aktualisierter Fassung zu veröffentlichen (Journal of the American College of Cardiology 2020, online 5. August).

Fokus auf kardiovaskuläre Hochrisiko-Patienten

Der als „Expert Consensus Decision Pathway“ (ECDP) bezeichnete Praxis-Leitfaden soll Kardiologen Informationen zur Einleitung und Nachkontrolle einer Therapie mit SGLT2-Hemmern und GLP-1-Agonisten zur Senkung des kardiovaskulären Risikos bei Patienten mit Typ-2-Diabetes an die Hand geben. Im Fokus stehen dabei erklärtermaßen Diabetes-Patienten mit manifesten atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einem hohen Risiko für entsprechende Erkrankungen.

In einem umfangreichen Kapitel werden interessierte Kardiologen zunächst mit der aktuellen Studienlage zur kardio- und renoprotektiven Wirksamkeit und Sicherheit von SGLT2-Hemmern und GLP-1-Agonisten bei Patienten mit Typ-2-Diabetes vertraut gemacht. In grafischer Form werden Algorithmen zur Initiierung einer Therapie mit Vertretern beider Wirkstoffklassen dargestellt.

Tabellen geben einen Überblick über Dosierung, Indikationen, Dosis-Veränderungen, Kontraindikation sowie Risiken und Nebenwirkungen von SGLT2-Hemmern und GLP-1-Agonisten mit nachgewiesener kardioprotektiver Wirkung. Es werden klinische Konstellationen beschrieben, die sich als „Gelegenheiten“ zur Initiierung solcher Therapien anbieten.

Auch auf spezielle Fragen wie „Soll ich meinen Patienten eher einen SGLT2-Hemmer oder einen GLP-1-Agonisten empfehlen?“ oder „Muss mein Patient vor Einleitung einer solchen Therapie erst auf Metformin eingestellt sein?“ wird in Kapiteln näher eingegangen.

Plädoyer für multidisziplinären Ansatz

Die Behandlung von Patienten mit Typ-2-Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen werde immer komplexer, konstatieren die Autoren des Praxis-Leitfadens um Dr. Sandeep Das aus Dallas im US-Staat Texas und Dr. Brendan Everett von der Harvard Medical School in Massachusetts.

Notwendig sei ein multidisziplinäres Versorgungsmodell unter Beteiligung spezialisierter Fachgruppen wie Hausärzte, Endokrinologen, Kardiologen, Nephrologen, Ophthalmologen wie auch Pflegekräfte und Ernährungsberater.

Quelle: https://www.aerztezeitung.de/