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Intensiven Blutzuckereinstellung beim Typ-2-Diabetes ist nach wie vor umstritten

Der Nutzen einer intensiven Blutzuckereinstellung beim Typ-2-Diabetes ist nach wie vor umstritten. Eine Langzeitbeobachtung zeigt nun: Nach 15 Jahren ist der Vorteil hinsichtlich kardiovaskulärer Endpunkte verpufft.

Der Typ-2-Diabetes von 1791 US-Veteranen wurde in einer Studie über einen medianen Zeitraum von 5,6 Jahren entweder intensiv oder konventionell behandelt. Ein Zeichen für den Erfolg des strikten Regimes war der niedrigere HbA1c-Wert (6,9 % vs. 8,4 %). Dieser Vorteil verschwand aber nach der Therapiephase allmählich wieder. Schließlich hatten beide Gruppen – unabhängig von der Vortherapie – nach neun Jahren einen mittleren HbA1c von 8 %, schreiben Dr. Kasia J. Lipska von der Yale School of Medicine in New Haven und Kollegin.1

Immerhin fand sich nach zehn Jahren eine um 17 % niedrigere Rate an kardiovaskulären Ereignissen bei den intensiv Behandelten. Das Team um Dr. Peter D. Reaven­ vom Phoenix Veterans Affairs Health Care System veröffentlichte nun die 15-Jahres-Follow-up-Daten.2 Die ursprünglich intensiv kontrollierten Dia­betiker zeigten bzgl. der Kombination aus kardiovaskulären Ereignissen und Todesfällen im Vergleich zur Standardtherapie-Gruppe eine Reduktion um nicht-signifikante 9 %.

Die Autoren gehen davon aus, dass die glykämische Kontrolle keinen Langzeiteffekt hat, es also auch kein metabolisches Gedächtnis gibt. Schließlich korrelierten in ihrer Studie nur die HbA1c-Werte der letzten drei vorausgegangenen Jahre mit den Herz-Kreislauf-Komplikationen.

Einen möglichen Grund für den fehlenden kardiovaskulären Nutzen in der Follow-up-Studie sehen Dr. Lipska und ihre Kollegin in der langen Diabetesdauer. Bei einem gro­ßen Abstand zwischen Diagnose und Studienaufnahme bestanden eventuell bereits kardiale Vorschäden. Auf jeden Fall sollten ältere Patienten mit fortgeschrittenem Diabetes von einer intensiven glykämischen Kontrolle keine kardiovaskulären Langzeiteffekte erwarten.

Blutdruckkontrolle und Rauchstopp sind wichtiger

Größere Bedeutung haben in dieser Situation Interventionen, die das Herz-Kreislauf-Risiko direkt reduzieren, wie Rauchstopp, Blutdruckkontrolle sowie der Einsatz von Statinen und Plättchenhemmern. Sinnvoll ist auch die Gabe von Antidiabetika mit kardiovaskulärem Zusatznutzen. Ein metabolisches Gedächtnis existiert allenfalls bei jüngeren Patienten, und sein Effekt dürfte auch dort durch eine gezielte Risikofaktorkontrolle minimiert werden.

1. Lipska KJ, Laiteerapong N. N Engl J Med 2019; 380: 2266-2267; DOI: 10.1056/NEJMe1905495
2. Reaven PD et al. A.a.O.: 2215-2224; DOI: 10.1056/NEJMoa1806802