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Insulintherapie: Kinder mit Typ-1-Diabetes sind die Innovationstreiber

Moderne Insulintherapien setzen sich am schnellsten bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes durch – der Innovationsdruck ist in dieser Altersgruppe vergleichsweise am höchsten.

(Deutschland, 18.10.2022) - Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes sind extrem belastet. Die Sorgen sind besonders groß, wenn die Krankheit nach einer potenziell lebensbedrohlichen Ketoazidose diagnostiziert wurde. Dies sei auch heute noch bei 15 bis 30 Prozent der betroffenen Mädchen und Jungen der Fall, berichten Professor Thomas Haak vom Diabetes Zentrum in Bad Mergentheim und Koautoren (Diabetologe 2022; 18:612).

Eine gute Lebensqualität trotz der Krankheit zu erhalten, ist daher das erste Therapieziel in der S3-Leitlinie zur Therapie bei Typ-1-Diabetes (T1D). Und wenn es um Lebensqualität geht, ist Eltern in der Regel das Beste gerade gut genug. Insofern verwundert es nicht, dass aus betroffenen Familien sowie von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit T1D ein besonderer Innovationsdruck ausgeht. Wo stehen wir derzeit und wohin führt die Reise?

Strenge Ziele in jungen Jahren

Angestrebt wird eine intensivierte Insulintherapie. Es ist ebenso Konsens, dass besonders jungen Menschen mit Blick auf die Langzeitprognose strenge Therapieziele vorgegeben werden. Daraus folgt, dass kurz und lang wirksame Insulinanaloga im Vergleich zu Normalinsulinen Vorteile haben, und zwar hinsichtlich der Senkung des HbA1c auf möglichst maximal 6,5 Prozent sowie mit Blick auf das Hypoglykämie-Risiko.

Das lässt sich aus den Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) ebenso herauslesen wie Empfehlungen, moderne Mess- und Injektionsmethoden zu nutzen, also die kontinuierliche Blutzuckermessung (CGM) sowie Insulinpumpen. Natürlich werden die herkömmlichen Methoden der Insulintherapie für T1D-Patienten nach wie vor aufgeführt.

Es ist wichtig, dass der Umgang mit Basal- und Bolusinjektionen verschiedener Insuline sowie Selbstmonitoring des Blutzuckers vier- bis sechsmal täglich verstanden und erlernt werden. Das Wissen helfe später, wenn die Technik einmal versagt, schreiben Professor Mark Sperling von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York und Kollegen in einem Übersichtsartikel im „New England Journal of Medicine“ (NEJM 2022; 386:1155–1164).

Trend zu automatisierter Insulintherapie

Doch der Trend geht eindeutig hin zur automatisierten Insulintherapie, die mittel- und langfristig zu mehr Lebensqualität bei Betroffenen und Angehörigen führen soll. Mehr Lebensqualität nicht nur deshalb, weil die Technik Ängste nimmt und ein Gefühl der Sicherheit vermittelt, sondern vor allem auch, weil diese Systeme in Kombination mit modernen Insulinen (und künftig wohl auch Glukagonpräparaten) grundsätzlich eine vergleichsweise sicherere und normnahe Stoffwechseleinstellung ermöglichen, ausgerichtet an den individuellen Bedürfnissen der Anwender.

Natürlich ist, was die reale Welt angeht, bis dahin noch ein Stück Weg zu gehen. Vom „künstlichen Pankreas“ kann trotz aller pharmakologischen und technologischen Fortschritte noch keine Rede sein. Die Krankheit einfach für ein paar Stunden oder gar Tage vergessen, ist im Moment ebenso eine Illusion, wie die Vorstellung, dass mehr Technik weniger Schulung bedürfe.

Im Gegenteil: Die Nutzung moderner Diabetes- in Kombination mit digitaler Kommunikationstechnologie setzt Vieles voraus, was keinesfalls jeder Jugendliche und alle Eltern diabeteskranker Kinder oder auch Senioren mit T1D mitbringen. Zumal die Entwicklung eine erhebliche Dynamik auszeichnet.

Wenn also darüber gestritten wird, ob eine technologische Innovation tatsächlich besser ist als das Herkömmliche, muss der Effekt dieser Neuerung immer in Verbindung mit vorhandenem Krankheitsverständnis, hochqualitativer Schulung und Betreuung betrachtet werden, vielleicht aber auch mit einem Blick nach vorn: Wo könnte diese oder jene Option morgen hinführen?

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