Innovationen bringen großen Schulungsbedarf für Diabetespatienten
11. Feb. 2020 - Technische Innovationen revolutionieren die Diabetes-Therapie. Es besteht daher großer Bedarf an Ausbildung für Fachkräfte und Patienten-Schulung. Wichtig ist sorgfältige Auswahl potenzieller Nutzer.
Die vielen Innovationen in der Diabetologie verändern die Ausbildung von Diabetesteams und die Schulungen von Patienten gerade stark. Kannten Fachkräfte bisher oft jedes Detail im Umgang mit Blutzuckermesssystemen, Insulinpens und -Pumpen, ist ein solches Wissen bei den neuen Hilfsmitteln kaum mehr möglich.
Dazu gehören etwa die sensorbasierte kontinuierliche Glukosemessung (rtCGM und iscCGM) sowie Apps und Software zur Speicherung und Analyse der Daten. Hinzukommen neue Insulinpumpen etwa mit „Low-Glucose-Suspend“-Systemen und auch erste Hybrid- und Semi-Closed-Loop-Systeme zur automatisierten Insulin-Abgabe.
Mut zur Lücke ist hier die Devise: Ich muss nicht mehr jedes Detail wissen, aber ich muss wissen, wo ich die Informationen darüber nachlesen kann, betonen die Diabetesberaterinnen Dr. Astrid Tombek und Kathrin Boehm von der Diabetes-Akademie in Bad Mergentheim (Der Diabetologe 2020; online 15. Januar).
Neuartige Therapie-Zielvorgaben
Außer mit der Technik muss sich das Behandlungsteam auch mit assoziierten Themen auskennen, wie sichere Clouds, Auslesesysteme, Software oder auch mit der Frage, was bei der Therapieanpassung beachtet werden muss. Durch die neuen Technologien ändern sich zudem die Zielvorgaben. Neben dem HbA1c-Wert gewinnt die „time in range“ (TIR) zunehmend an Bedeutung.
Ebenso spielen auch nicht mehr alleine die Anzahl und der Schweregrad der Hypoglykämie (mit Selbsthilfe, mit Fremdhilfe), sondern auch die Zeit in der Hypoglykämie TBR („time below range“) eine Rolle.
Nicht jeder Diabetiker kann zudem von den technischen Innovationen profitieren, mancher könnte sogar Schaden nehmen, betonen die Expertinnen. Die Auswahl geeigneter Kandidaten gehört daher zu den neuen Aufgaben des Diabetesteams. Einige Patienten kommen zum Beispiel nur schwer mit der Datenflut zurecht.
Typisch sind zum Beispiel Betroffene, die aus großer Angst vor Folgekrankheiten Hypoglykämiewahrnehmungsstörungen entwickelt haben. Sie könnten dann zwar von Hypoabschaltungen und Alarmen besonders profitieren. Mancher kann aber bestimmte Glukose-Schwellenwerte nicht ertragen und zwanghaft überreagieren.
Korrekte Anwendung im Alltag
Diabetesteams müssen dieses Verhalten erkennen und dagegen vorgehen. Bei kontinuierlicher Glukosemessung müssen Patienten zum Beispiel geschult werden, wie sie auf Trendpfeile reagieren und auch, was sie bei ständiger Konfrontation mit Werten nicht tun sollten. Hat sich ein Diabetesteam zusammen mit einem Patienten für eine Technik entschieden, muss vor allem auch die korrekte Anwendung der Technik im Alltag vermittelt werden. Hier brauchen die Diabetesberater ein gutes Gespür, was welcher Patient braucht.
Bei Manchen ist es sinnvoll, sich rein auf die Grundlagenschulung zu beschränken, da die Details und Feinheiten zur Überforderung führen könnten und für die Lösung des individuellen Problems auch nicht nötig wären.
Quelle: https://www.aerztezeitung.de/