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Immer müde? Dauernd schlaff? - Warum strengt das Leben heute mehr an?

Die Zahlen sind alarmierend: Immer mehr Menschen fühlen sich laut Umfragen vom Alltag überfordert, gestresst, erschöpft. Was sind die Ursachen? Und was ist dagegen zu tun?

Gibt es etwas Schöneres als gesunde Erschöpfung? Abends hundemüde ins Bett fallen – nach einem anstrengenden, aber intensiven Tag. Ein richtig gutes Gefühl. Leider jedoch erleben viele die Erschöpfung heute ganz anders: vergrübelte Nächte, Tage, die irgendwie durchgestanden werden müssen, Verpflichtungen, die einem über den Kopf wachsen. Eine aktuelle Untersuchung zeigt: 41 Prozent aller Angestellten sind zu erschöpft fürs Privatleben – sie haben nach Feierabend weder Zeit noch Kraft übrig für Hobbys, Freunde und Familie. Drei Viertel aller Berufstätigen geben an, bei der Arbeit regelmäßig müde oder sogar erschöpft zu sein. Und auch zu Hause lauert offenbar die Erschöpfung: Laut einer Umfrage fühlen sich zwei von drei Frauen, die sich „nur“ ums Haus und um die Kinder kümmern, früh morgens „wie erschlagen“.

Warum werden wir müde?

Auch wenn wir es oft anders erleben: Erschöpfung ist kein Fluch, sondern ein Segen. Ihre Funktion besteht darin, uns in den Schlaf zu zwingen, und der Schlaf ist eine lebenserhaltende Maßnahme. Menschen profitieren noch mehr von den Ruhezeiten als alle anderen Lebewesen: Eine der wichtigsten Funktionen von Schlaf ist die Gedächtnisbildung, die während der Tiefschlafphasen am produktivsten ist.

Die erschöpfte Gesellschaft: ein neues Phänomen?

Der Erfinder Thomas Alva Edison trieb die Entwicklung von Stromgeneratoren und Verteilungsnetzen voran und schickte auf diesem Weg das Kunstlicht in die Welt. In hell erleuchteten Fabrikhallen konnte ab sofort rund um die Uhr für den Fortschritt gearbeitet, der menschliche Rhythmus an den von Maschinen und Fließbändern angepasst werden. Enthusiasten sahen darin einen Sieg der Technik über die lähmenden Zwänge der Natur.

Doch die Rechnung ging schon damals nicht auf. Während der technische Fortschritt mit seinen Motoren und Stromgeneratoren die Beschleunigungsspirale immer weiter anzog, wurden die damaligen Gesellschaften von einer ersten großen Erschöpfungswelle überrollt: Zwischen der um 1900 einsetzenden Mobilmachung des Menschen und der schon sehr früh diagnostizierten Erschöpfung besteht ein direkter Zusammenhang. Die neue Hektik weckte bei den Menschen ein bis dahin unbekanntes Gefühl: die Furcht, den Anschluss zu verlieren und als Rädchen im maschinellen Getriebe aufgerieben zu werden.

Sonnenlicht, nicht Kunstlicht, wie Edison glaubte, macht müde Menschen munter. Um die 100 000 Lux kommen an einem Sonnentag vom Himmel. Die Lichtausbeute in normalen Wohn- und Arbeitsräumen liegt bei mageren 500 Lux. Menschen, die den ganzen Tag unter Kunstlicht verbringen, sind nachweislich erschöpfter und schlafen kürzer und schlechter.

Erschöpfte Gehirne

Lichtmangel und Fließbänder, die niemals stillstehen, nagen also an unserer Lebensenergie. Heute kommt aber eine neue, deutlich extremere Herausforderung dazu: der Informations-Overkill, der uns aus zahllosen Geräten mit lichtwellenschneller Übertragungsrate entgegenschlägt. Als wäre diese Reizüberflutung nicht genug, fordert sie obendrein zu spontaner Reaktion auf: Virenschutz updaten. Passwort ändern. Fotos teilen. Schnäppchen machen. Urlaub planen. WhatsApp beantworten. Info herbei googeln. Und alles gleich kommentieren, bewerten, im Chat besprechen.

Hirnforscher warnen, dass die vielen Unterbrechungen durch Mails, News, Spots und sonstige Angebote das Gehirn überfordern und schädigen können. Hin- und her-Springen zwischen unterschiedlichen Aufgaben kostet die grauen Zellen viel mehr Energie, als man denkt. Multitasking mit seinen vielen Aufmerksamkeitssprüngen erhöht massiv den Glukosebedarf im Gehirn. Dabei verbraucht eine einzige Entscheidung genauso viel Energie wie ein wichtiger Entschluss.

Was helfen würde, liegt auf der Hand: sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren. Möglicherweise formt die ständige Ablenkung sogar das Gehirn um: Hirnscans machen sichtbar, dass bei exzessiven Medien-Multitaskern die Hirnmasse in jener Region deutlich reduziert ist, die wir brauchen, um Gefühle zu kontrollieren und uns der Welt motiviert und mit Lust zuwenden.

Aber auch dies bestätigt die moderne Hirnforschung: Für die Regeneration erschöpfter Gehirne gibt es nichts Besseres als Schlaf. Doch ausgerechnet in der erschöpften Gesellschaft wir weniger geschlafen als je zuvor. Der Hauptgrund für unsere Erschöpfung ist schlicht Übermüdung. Als mögliche Ursache taucht hier wieder die Mediennutzung auf. Ausgerechnet die Müdesten der Gesellschaft, Paare mit Kindern, greifen zum Ausklang des Tages noch mal zu Tablet oder Smartphone – viel häufiger als Paare ohne Kinder. In der Hoffnung auf diese Weise nach einem vollen Tag endlich zur Entspannung zu finden. Das kann allerdings nach hinten losgehen: Bildschirmlicht sorgt mit seinem Blaulichtanteil für einen „Koffeineffekt“. Im natürlichen Licht ist der Blaulichtanteil am Morgen besonders hoch und nimmt im Laufe des Tages ab, wodurch die Ausschüttung des Müdigkeitshormons Melatonin gesteuert wird. Bei Kunstlicht mit hohem Blauanteil gerät dieser Regelkreis aus dem Takt. Der Weg in die Übermüdung ist damit vorgezeichnet.

Die häufigsten Gründe, warum Sie ständig müde sind

Obwohl Sie gut geschlafen haben, fühlen Sie sich tagsüber müde und kraftlos? Das kann unterschiedliche Ursachen haben. Die meisten haben überraschenderweise mit Schlafmangel gar nichts zu tun.

Sie trinken zu wenig

Wer zu wenig trinkt, hat einen schlechten Schlaf. Das fanden Forscher an der Universität von Pennsylvania heraus. Sie analysierten die Daten von 4500 Männern und Frauen und konnten belegen: Der Zusammenhang von Schlafen und Trinken ist ein Teufelskreis. Wer schlecht schläft, trinkt tagsüber wenig. Und wer wenig trinkt, schläft schlechter.

Tipp: Mindestens 1,5 bis zwei Liter sollten Sie täglich zu sich nehmen

Sie haben Diabetes

Das Hormon Insulin hilft den Zellen in unserem Körper, Traubenzucker aus dem Blut aufzunehmen und ihn in Energie umzuwandeln. Durch Diabetes Typ 2 ist dieser Mechanismus gestört. Patienten können sich daher müde und kraftlos fühlen.

Tipp: Sie vermuten, hinter Ihrer Müdigkeit steckt Diabetes? Dann vereinbaren Sie einen Termin bei Ihrem Hausarzt. Er kann mithilfe verschiedener Bluttests klären, ob Sie an Diabetes leiden.

 

Sie bewegen sich zu wenig

Sie sind müde und haben keine Lust auf Sport? Das könnte zum Teufelskreis werden. Denn wer sich zu wenig bewegt, leidet auch häufig an Müdigkeit. Das belegen mehrere Studien. Die Cochrane Collaboration, ein unabhängiges Netzwerk von Ärzten und Wissenschaftlern, führte eine Untersuchung mit mehr als 4000 Krebspatienten durch. Dabei fand sie heraus, dass Ausdauersport sogar krebsbedingte Erschöpfung lindern kann.

Tipp: Hier gilt, den Kreislauf zu durchbrechen! Wer sich aufrafft und Sport treibt oder einfach eine Runde an der frischen Luft spazieren geht, wird sich im Nachhinein fitter fühlen.

 

Sie haben einen Mangel an Vitamin B12

Wer zu wenig Vitamin B12 im Körper hat, kann eine Blutarmut entwickeln. Symptome dafür sind Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und eine blasse Haut. Tatsächlich kann unser Körper das Vitamin in der Leber speichern und von den Reserven mehrere Jahre zehren. Da Vitamin B12 in vielen tierischen Produkten steckt, haben aber vor allem Veganer ein erhöhtes Risiko auf Mangelerscheinungen. Ein Vitamin-B12-Mangel kann aber auch daher rühren, dass die Aufnahme des Vitamins im Magen-Darm-Trakt gestört ist.

Tipp: Vitamin B12 ist unter anderem in Lachs, Eiern und Käse enthalten. Veganer erhalten den Stoff beispielsweise aus Algen oder Sauerkraut. Ein Arzt kann klären, ob der Körper trotz ausgewogener Ernährung zu wenig Vitamin B12 aufnimmt.

 

Sie haben Kaffee getrunken

Kaffee soll fit machen, am besten sofort. Dabei vergessen viele Kaffeetrinker, dass Koffein zeitlich verzögert wirken kann. Wer nachmittags eine Tasse trinkt, erfährt die Koffein-Wirkung möglicherweise erst beim Schlafengehen. Das kann den Schlaf-Rhythmus durcheinanderbringen.

Tipp: Beobachten Sie, wann Kaffee seine Wirkung zeigt. Sorgt die Tasse bei Ihnen erst Stunden nach dem Trinken für den erwünschten Energiekick, sollten Sie Kaffee lieber nur vormittags trinken und am Nachmittag auf andere Getränke umsteigen.

 

Sie leiden unter einer Fehlfunktion der Schilddrüse

Unsere Schilddrüse schüttet Hormone aus, die den Stoffwechsel regulieren. Liegt eine Unterfunktion vor, versorgt die Schilddrüse den Körper mit zu wenig Trijodthyronin und Thyroxin. Dadurch sinkt unser Puls und wir fühlen uns müde. Auch eine Schilddrüsenüberfunktion kann erschöpfend wirken. Denn dadurch verbrauchen unsere Zellen unnötig viel Sauerstoff. Wir bekommen Herzklopfen, fühlen uns unruhig und kraftlos.

Tipp: Lassen Sie sich von einem Arzt untersuchen. Er kann die Konzentration der Schilddrüsenhormone in Ihrem Blut messen und feststellen, ob Ihre Schilddrüse richtig funktioniert.

 

Ihrem Körper fehlt Eisen

Etwa die Hälfte aller Frauen leidet an Eisenmangel. Daraus kann sich eine chronische Blutarmut entwickeln. Die roten Blutzellen liefern dann nicht genug Sauerstoff an die restlichen Zellen in unserem Körper. Die Folge: Wir fühlen uns müde, können uns nicht konzentrieren und sind anfälliger für Erkältungen. Auslöser für einen Eisenmangel können eine starke Periode sein, ein hoher Blutverlust durch eine Geburt oder eine eisenarme Ernährung.

Tipp: Achten Sie darauf, genug Eisen aus der Nahrung aufzunehmen. Das Spurenelement steckt unter anderem in Fleisch, Brot, Gemüse und Hülsenfrüchten. Empfohlen wird zusätzlich Vitamin-C-haltige Lebensmittel, da sie die Aufnahme von Eisen im Magen-Darm-Trakt unterstützen.

 

Sie nehmen Antiallergika

Wenn der Hausstaub in der Nase kitzelt oder die Pollen fliegen, greifen manche Allergiker direkt nach dem Aufstehen zu Medikamenten. Viele Antihistaminika unterdrücken aber nicht nur die allergischen Reaktionen, sie gelangen auch an die Nervenzellen im Gehirn und machen müde.

Tipp: Allergiker sollten die Medikamente erst vor dem Schlafengehen einnehmen oder auf die Wirkstoffe achten. Das britische Verkehrsministerium stellte in einer einwöchigen Untersuchung fest, dass Probanden, die Loratadin nahmen, weniger schläfrig und damit verkehrstüchtiger waren als Probanden, die beispielsweise Cetirizin nahmen.