„Ich wollte immer Leistung bringen“
Von Karin Podolak/Kronenzeitung GESUND
Schulschwierigkeiten, zumindest ab und zu, gehören in vielen Familien zum Alltag, vor allem während der Pubertät. Aber das, was uns Daniel, gerade 18 Jahre alt geworden, im Exklusivinterview erzählt, hat mit normalen Teenagerproblemen nichts mehr zu tun. Denn als Typ-1-Diabetiker wurde ihm, wie er meint, Ungerechtigkeit und Diskriminierung zuteil.
Daniels Körper kann kein lnsulin produzieren, das lebenswichtige Hormon der Bauchspeicheldrüse muss von außen mittels Spritze zugeführt werden. Das macht der Bursch vom ersten Tag seiner Diagnose an – da war er erst acht Jahre alt – mittels Pen selber. Seine Mutter unterstützte ihn in allen Belangen, informierte seine Lehrer, organisierte den Alltag uvm.
„Bis zur vierten Klasse funktionierte das im Gymnasium in Wiener Neustadt ganz gut. Ich war halt für viele ,das Problemkind‘ mit den Anforderungen, die meine chronische Krankheit mit sich bringt. Regelmäßig Blutzucker kontrollieren, essen, zur Toilette gehen“, so der Niederösterreicher. Doch richtig unangenehm wurde es ab der Oberstufe. Der Blutzucker entgleiste immer wieder, laut ärztlichen Befunden leidet Daniel ganz ohne seine Schuld oft unter heftigen Schwankungen, auf die er schnell reagieren muss. Sonst drohen Übelkeit, Schwäche bis hin zur Ohnmacht.
„Trotzdem habe ich immer versucht, meine Leistungen zu erbringen, gebeten, mir die Möglichkeit zu geben, die Arbeit meiner jeweiligen Verfassung anzupassen. Das wurde mir von einigen Lehrern als Eigenwilligkeit ausgelegt, sie meinten sogar, ich würde mit meiner Krankheit ,spielen‘ oder ich hätte ,Fresssucht‘, wenn ich aufgrund von Unterzuckerung rasch etwas essen musste.“
Es kam vor, dass Daniel während einer Schularbeit oder Prüfung abbrechen musste, vor Erschöpfung nicht am Unterricht teilnehmen konnte. „Ich habe regelmäßig in der Schule vorgesprochen, erklärte die Situation bis hinauf zur Direktorin, zeigte Befund und ärztliche Protokolle. Mein Sohn hat alle Hausarbeiten, die ihm aufgrund von Fehlzeiten aufgegeben wurden, gewissenhaft erledigt. Aber manche Lehrer wollten sie nicht annehmen“, berichtet seine Mutter fassungslos. „Dabei wollten wir immer nur eine friedliche Lösung.“
Daniel wurde aufgrund der Fehlstunden und mangelnder Leistung der Abschluss der 6. Klasse verweigert und der Schulaustritt angeraten. Das war zu viel für seine Nerven – er konnte nicht mehr. Die psychische Belastung beeinträchtigte seinen Gesundheitszustand und seine Lebensqualität enorm. Den Abschluss macht der junge Mann jetzt in einer privaten Maturaschule, deren Finanzierung schwer auf dem Familienbudget lastet. Ausgleich findet er in der Kunst, vor allem Landschaftsmalerei hat es ihm angetan.
Bei einem Aufenthalt in Alland (NÖ) im „Fit for Life“ Diabetes-Camp konnte er endlich durchschnaufen: „Dort hörte ich viele ähnliche Geschichen, und man kann sich austauschen. Die Ärzte schimpfen auch nicht, wenn man etwas falsch macht.“
Häufig fehlt die Unterstützung
„Das ist doch ein Wahnsinn, wenn man so etwas hören muss! Obwohl seit 2017 im Schulunterrichtsgesetz die medizinische Hilfestellung durch das Lehrpersonal definiert wurde. Da dies aber auf Freiwilligkeit basiert, wird den Kindern leider auch immer wieder die Unterstützung verweigert“, so der Gründer der Bürgerinitiative „Gleiche Rechte für chronisch kranke Kinder“, Peter P. Hopfinger.
Wir haben die Schulverantwortlichen um Stellungnahme gebeten. Die Antwort: „Die Direktion des BG Babenbergerring verweist darauf, dass die Lehrkräfte stets mit großem Bemühen und Engagement den Schüler Daniel K. unterstützt haben. Die Beurteilung ,Nicht beurteilt‘ wurde fachlich und juristisch von der NÖ-Bildungsdirektion und vom Verwaltungsgericht bestätigt.“ Formell, korrekt und gesetzlich abgesichert allemal. Aber eine menschliche Reaktion sieht anders aus . . .