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„Ich warte begierig auf ein Closed-Loop-System“

Mag. Petra Hartmann lernte früh, dass Naschzeug bittere Folgen haben kann. Schon als Dreijährige mit Typ-1 diagnostiziert, weiß sie heute genau, wie man trotz Diabetes ein „süßes“ Leben führen kann.

Von Elisabeth Schneyder

An die ersten Jahre ihres Diabetiker-Daseins kann Petra Hartmann sich kaum noch erinnern: „Ich glaube, es war der Kinderarzt, der die Diagnose stellte. Meine Eltern waren besorgt, weil ich ständig so durstig war und plötzlich nicht mehr so fröhlich wie zuvor“. Dass die umsichtigen Altvorderen kühlen Kopf bewahrten und die kleine Tochter lieber durch viel Lob als durch Strenge zum gebotenen Verhalten motivierten, dankt ihnen Petra Hartmann bis heute: „Später, als Fünf- oder Sechsjährige, habe ich natürlich registriert, dass ich anders als die anderen Kinder war. Gar nicht lustig, einmal pro Jahr mehrere Wochen im Spital zu verbringen, bei Kinderfesten nicht sorglos naschen zu dürfen und täglich strenge Essenszeiten einhalten zu müssen. Aber meine Eltern halfen mir geschickt, das zu schaffen: Anfangs durfte ich für jeden gemessenen Blutzucker Sticker in ein Heftchen kleben. Später bekam ich einen eigenen Stempel, den ich setzen durfte, wenn ich „nicht genascht!“ hatte. Für einen Tag mit Werten unter 200 gab’s dann fünf Schilling als Belohnung. Und habe ich doch mal genascht, hieß es nur, Ah, naja.... Geschimpft wurde deswegen aber nie“.

Heute ist die inzwischen 42-jährige Mathematikerin selbst Mutter zweier kleiner Kinder. „Unvorstellbar, einem Kind zu sagen, Du musst um acht Uhr 2 BE essen, um zwölf Uhr 3 BE und so weiter... Und dann stehen bei der Party überall die Torten rum...“, sinniert sie – und fügt erleichtert hinzu: „Zum Glück ist heute ja schon alles leichter“.  

Auch für sie selbst. Denn Hartmann ist hoch zufrieden mit ihrer Insulinpumpe und ihrem Sensor, verwendet ausschließlich Kurzzeit-Insuline und kommt bestens damit zurecht: „Natürlich gibt es Phasen, in denen ich denke, dass es quälend ist, ständig auf die Zuckerwerte achten zu müssen. Aber im Grunde läuft das einfach mit dem Alltag mit. Ich zwinge mich zu nichts, leiste mir hin und wieder Ausnahmen, überlege aber nicht ständig, was ich darf oder was nicht“. Eingeschränkt fühlt sich die Wienerin keineswegs: „Man muss schließlich nicht ständig Torte oder Pizza essen“.

Eine Umstellung der Ernährung auf „Low Carb“ – also reduzierte Kohlenhydratanteile – sorgte für Wohlgefühl und bessere Werte. Und etwas Sport steht auch auf dem Programm, so oft sich „Lücken“ zwischen Job und Mutter-Sein auftun. Für einmal wöchentlich Pilates und ein bis zwei Lauftrainings reicht es in der Regel sowieso.

Der Weg zu diesem entspannten Umgang mit Diabetes war anfangs nicht ganz einfach. Denn als Petra Hartmann im Alter von elf Jahren aufbegehrte und von konventioneller zu funktioneller Therapie wechseln wollte, zeigte sich die behandelnde Ärztin skeptisch: Vor der Pubertät sei dieser Schritt noch zu gewagt. Doch die energische junge Patienten setzte sich durch – und der Erfolg gab ihr recht: „Diese Umstellung war mein Sprung in die Freiheit!“ Ein wahrhaft gewaltiger Fortschritt für jemanden, der sich in seinen frühen Diabetiker-Jahren noch ohne Messgerät und mit bei gelegentlichen Arztbesuchen festgestellten Werten durch den Alltag „wursteln“ musste.

Was Petra Hartmann anderen Betroffenen rät, macht Mut: „Es gibt heute alles, was man braucht. Informiert Euch, beschäftigt Euch damit, und holt Euch alles, was zur Verfügung steht! Gut eingestellt und kontrolliert kann man mit Diabetes gut leben und alt werden!“

Sie selbst genießt die Errungenschaften moderner Medizin und Technik sehr. Ihr nächster Wunsch ist ein Closed-Loop-System, das Kontrolle und Therapie noch einfacher macht: „Es soll ja Leute geben, die sich schon selbst so etwas basteln können. Aber dazu muss man ein Computer-Freak sein – und das bin ich leider nicht“. Allerdings arbeiten Wissenschaftler ohnehin bereits intensiv daran, solche Systeme auf den Markt zu bringen. Mit etwas Glück wird Petra Hartmann also nicht mehr lange warten müssen. Auch nicht auf die Erfüllung ihres zweiten Wunsches, denn Sensoren, die länger als bisher getragen werden können, sollten nach aktuellem Wissensstand auch bald verfügbar werden.