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Ich bin jetzt besonders wertvoll

Ein Editorial von Peter P. Hopfinger.

Man darf den Humor nicht verlieren

Als ich in meinem bequemen Sessel im Tageszentrum der Klinik Floridsdorf in Wien, saß – nun bereits schon zum vierten Mal seit der Diagnose „Lungenkrebs“ im vergangenen November – und vier Stunden lang die Infusionstherapie („Chemo“) über mich ergehen ließ, habe ich mir so ein Infusionssackerl einmal näher betrachtet. „Carboplatin“ stand da drauf. Das ist ja super, dacht ich bei mir! Da geht man zu einer Infusionsbehandlung und kommt wertvoller raus als man vorher reingegangen ist!

Ich habe den neuen Untermieter jetzt etwa ein halbes Jahr in meinem Körper. Im Gegensatz zum Diabetes, der seit nunmehr 26 Jahren zu meinem positiven Lebensbegleiter geworden ist, mit dem ich gelernt habe umzugehen und ihn in den Alltag zu integrieren, will ich den Lungenkrebs wieder loswerden oder zumindest zurückdrängen.

Viele aus unserer Community möchten gerne wissen, wie es mir geht. Danke auch für die zahlreichen Genesungswünsche.

Nun: Der Krebs platzte mit einer derartigen Wucht in mein Leben – auch wenn man versucht, cool zu bleiben, geht das einfach nicht. Die Schmerzanfälligkeit lässt sich nicht ignorieren, auch wenn sie behandelbar ist. Von den Therapien wird dir schlecht, der Tumor selber macht natürlich auch Beschwerden und raubt einem die Kraft

Ich habe im vergangenen Jahr etwa 20 Kilo abgenommen. Spazierengehen kann ich ab und zu, mein geliebtes Rad bleibt aber im Moment ungenutzt. Obwohl ich mich bemühe, zu essen, gelingt es mir nur kleine Portionen zu mir nehmen. So komme ich pro Tag nur auf etwa 10 BE. Ich verbrauche dadurch aber auch weniger Insulin. Das beeinflusst natürlich den Diabetes. Bei meiner Basis-Bolus-Therapie muss ich aufpassen, dass ich nicht in den Unterzucker rutsche und bin sehr froh, dass ich ein System habe, das im Fall des Falles Alarm schlägt. Flüssigzucker befindet sich immer in Reichweite.

Mittlerweile steht in meinem Wohnzimmer eine ganze Batterie an Medikamenten, aber auch das kenne ich ja gut. Es gelingt mir, mit verschiedenen Schmerzmitteln über die Runden zu kommen. Bestrahlung, Chemo-, kombiniert mit Immuntherapie werden individuell abgestimmt und zugeschnitten. Aber es ist nicht mehr ganz so die chemische Keule wie früher.

Zur Blutabnahme geh ich schon so routiniert wie zum Supermarkt.

Es gibt viele liebe Menschen, die mir helfen, mich zu Terminen bringen und wieder abholen, mich immer wieder aufbauen. Das Personal in der Klinik Floridsdorf ist besonders freundlich. Glücklicher Weise bin ich bei absoluten Koryphäen in punkto Lungenkrebs gelandet: Dr. Maximilian Hochmaier (Internist)und Dr. Michael Müller (Thoraxchirurg) besprechen sich anhand aller Befunde und halten wöchentlich einen Tumorboard ab, um das Therapieschema anzupassen.

Der Umgang mit dem Diabetes hat mich gelehrt, wie richtiges Krankheitsmanagement funktioniert und wie sehr es zur Lebensqualität beiträgt. Man muss sich seine Schwächen eingestehen und sich gleichzeitig seine Stärken bewusst machen, damit man sie gezielt einsetzen kann.

Das mache ich jetzt auch beim ungeliebten Untermieter. Wenn möglich, sitze ich in der Sonne und genieße den Frühling oder mache einen kleinen Spaziergang. Das gibt mir Lebensfreude und Zuversicht.

Über Post freue ich mich unter office(at)diabetes-austria.com und bleibe Ihr/Euer

Peter P. Hopfinger

Herausgeber und Chefredakteur