Hitzewelle: So überstehen Menschen mit Diabetes die Hundstage besser
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Die Temperaturen in Europa steigen doppelt so schnell wie im Rest der Welt. Der Sommer 2022 war in Europa der heißeste und das Jahr das zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, so die Zahlen des europäischen Klimaberichtes. Der Trend scheint sich auch 2023 fortzusetzen - und für viele Menschen wird die Affenhitze zu einer echten Belastungsprobe.
Was, wenn die Temperaturen tagelang auf über 30 °C steigen, kein Lüftchen weht und auch die Nächte kaum Abkühlung bringen? Für gesunde Erwachsene, die ausreichend Flüssigkeit und Mineralstoffe zu sich nehmen, sind sie unproblematisch. Kinder, Senioren, übergewichtige Menschen und Diabetiker sollten während einer Hitzewelle jedoch ganz besonders auf sich achten.
Welche Auswirkungen die Hitze auf Menschen mit Diabetes hat und wie man sich dagegen schützen kann, erfahren Sie hier:
Warum macht Hitze Menschen mit Diabetes mehr zu schaffen?
Menschen mit Diabetes bekommen früher oder später Folgeerkrankungen. Dazu gehört auch eine eingeschränkte Abgabe des Schweißes über die Schweißdrüsen. Das heißt, dass bei hohen Temperaturen die Hitzeabgabe im Körper des Diabetikers nur eingeschränkt funktioniert. Da spielen Nervenschädigungen eine Rolle. Auch die sogenannte trockene Hitzeabgabe fällt geringer aus, weil die Blutgefäße weniger flexibel sind und sich nicht mehr so gut weiten können. Das führt zu einem Hitzestau.
Trinken
Drei, vier Tage ohne Essen können wir relativ gut überleben. Drei, vier Tage ohne Trinken - das geht nicht. Und auf das natürliche Durstgefühl ist - anders als beim Hunger, der sich vorbeugend meldet - kein Verlass. Deshalb gilt für alle: bei Hitze ganz bewusst viel trinken. Die Gefahr der Austrocknung (Dehydratation) ist bei schlecht eingestelltem Diabetes besonders groß. Denn zum Wasserverlust durchs Schwitzen kommt hier eine erhöhte Ausscheidung von Flüssigkeit über die Nieren hinzu. Obwohl eiskalte Getränke bei Hitze verlockend sind, sollten Sie darauf eher verzichten. Lauwarme oder leicht gekühlte Getränke stillen den Durst besser und belasten den Kreislauf nicht zusätzlich.
Mineralstoffe und Spurenelemente
Durch das Schwitzen verliert der Körper neben Wasser auch wichtige Mineralstoffe wie Calcium, Magnesium, Natrium und Kalium. Die meisten Salze lassen sich durch hochwertige Mineralwässer und mineralstoffreiche Lebensmittel gut ersetzen. Sogenannte isotonische Getränke sind zum Ersatz von Elektrolyten für Sportler und Gesunde geeignet, für Menschen mit Diabetes wegen des oft hohen Zuckergehalts jedoch nicht empfehlenswert. Es sei denn, sie haben keinen Appetit und essen wenig. Ansonsten gibt es Elektrolyt-Präparate in jeder gut sortierten Apotheke.
Essen
Jenseits der 30 oder gar 35 Grad schwindet der Hunger. Das kann für Diabetiker mit gewissen blutzuckersenkenden Tabletten oder einer Therapie mit Mischinsulinen gefährlich werden. Eine Unterzuckerung droht, wenn sie ihren Ernährungsplan nicht einhalten. Trotzdem muss niemand in der Mittagshitze dampfenden Reis oder heiße Suppen essen. Die erforderlichen Kohlenhydrate können auch in Form von Pellkartoffeln mit Quark oder einer Fruchtkaltschale auf den Tisch kommen. Für Abkühlung und Genuss zwischendurch sorgen frische Salate oder ein Stück gut gekühlte Wassermelone.
Unterzuckerungen
Nicht nur bei insulinpflichtigen Diabetikern kann der Blutzuckerspiegel sinken, auch verschiedene Tabletten können zu Hypoglykämien führen. Eines der häufigsten Symptome von Unterzuckerungen wird bei hochsommerlichen Temperaturen oft nicht wahrgenommen: Das Schwitzen. Bei Hitze deshalb häufiger den Blutzucker messen.
Herzkranke und Diabetiker mit Bluthochdruck
Für herzkranke Menschen mit und ohne Diabetes kann es bei Hitze sinnvoll sein, Blutdruckmedikamente anders zu dosieren. Die genaue Dosisanpassung für z. B. Betablocker sprechen Patienten am besten mit ihrem behandelnden Arzt ab. Wer unter einer Herzinsuffizienz (Herzmuskelschwäche) leidet, sollte auch über die empfohlene tägliche Trinkmenge mit seinem Arzt sprechen.
Siesta
Pensionisten, Urlauber und alle, die es sich sonst noch leisten können, sollten im Sommer von den Südländern neben der gesunden Küche auch die Siesta übernehmen. Große Hitze ist belastend. Oft kann sich der Körper auch nachts nicht ausreichend erholen. Dann hilft eine ausgiebige Ruhezeit am Nachmittag, wie sie in Mittelmeerländern üblich ist. So eine Siesta hebt die Stimmung und beugt Depressionen vor, für die Menschen mit Diabetes ein erhöhtes Risiko haben.
Abkühlung
Wenn die Außentemperatur der des Körpers nahekommt, schiebt der Kreislauf Sonderschichten. Diese extreme Belastung bringt ihn ins Schwitzen. Eine kalte Dusche ist jetzt keine gute Idee. Anschließend wird einem noch wärmer, weil sich die Poren der Haut zusammengezogen haben. Die Innenseite der Handgelenke unter kaltes oder kühles Wasser halten, erfrischt gut. Noch besser kühlt ein kaltes Unterarmbad oder ein feuchtes Geschirr- bzw. Handtuch in den Nacken gelegt. Kalte Fußbäder sind bei diabetischem Fußsyndrom nur nach Rücksprache mit dem Arzt zu empfehlen. Ein Kälteschock wie beim sprichwörtlichen Sprung ins kalte Wasser kann für Diabetiker mit koronarer Herzkrankheit lebensgefährlich werden, da sich ihre ohnehin verengten Herzkranzgefäße durch den plötzlichen Kältereiz noch einmal krampfartig verengen.
Bewegung
Obwohl Hitze das Herz-Kreislauf-System schwächt, ist Bewegung gerade für Diabetiker auch im Sommer wichtig. Sportliche Aktivitäten - dazu zählen auch Garten- und Hausarbeit - sollten allerdings auf die frühen Morgen- oder späten Abendstunden verlegt werden. Der beliebteste Sport im Sommer ist wohl Schwimmen. Doch auch bei Hitze lassen sich Diabetiker mit Nervenschädigungen besser nicht dazu verleiten, mal schnell barfuß über den Rasen zu laufen. Die Gefahr von unbemerkten Verletzungen durch Äste, Scherben und andere Gegenstände wäre zu groß. Außerdem lauert im Schwimmbad Fußpilz. Menschen mit Diabetes sind dafür besonders anfällig.
Wasser marsch – aber richtig
Wer ins Schwimmbad oder an den Badesee flüchtet, um sich abzukühlen, sollte nie direkt ins kalte Wasser springen, sondern langsam hineingehen, um Kälteschocks zu vermeiden. Achten Sie auf die Reaktion Ihres Körpers und verlassen Sie das Wasser, wenn Sie anfangen zu zittern oder blaue Lippen bekommen – es ist ein Zeichen, dass Ihr Körper zu stark abgekühlt ist. Alternative Möglichkeit: eine kühle, aber nicht zu kalte Dusche. Sonst erwärmt sich Ihr Körper anschließend noch stärker.
Hygiene
Faschiertes, Geflügel, Eis, Salate mit Mayonnaise, Fisch, Eier, eisgekühlte Getränke: Darin enthaltene Bakterien, vermehren sich bei hohen Temperaturen besonders schnell und können zu belastenden Magen-Darm-Infekten führen. Oft sind Entgleisungen des Stoffwechsels die Folge. Zu ihrer Vermeidung auf sorgfältige Hygiene bei der Nahrungsmittelzubereitung achten und zubereitete Speisen direkt verzehren. Kalte Getränke wirken zunächst erfrischend. Bei empfindlichem Magen kann der Kältereiz die Bildung von Magensäure reduzieren, die unter anderem Bakterien abwehrt. Das Risiko für bakterienbedingte Durchfälle lässt sich durch den langsamen und sparsamen Genuss eiskalter Getränke minimieren.
Medikamente
Die meisten Medikamente sind kühl und trocken - oft unter 25 Grad - zu lagern. Hinweise stehen auf der Verpackung. Badezimmer und Küche sind grundsätzlich ungeeignete Lagerorte, da hier Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit beim Duschen und Kochen viel zu hoch sind. Besser eignen sich meist Schlafzimmer oder Speisekammer. Insulin, das nicht im Gebrauch ist, gehört in den Kühlschrank.
Patienten sollten ihren Arzt fragen, ob sie bei hohen Temperaturen weniger Insulin spritzen sollen. Zudem mit dem Mediziner abklären, ob man die Dosis bestimmter Arzneimittel reduzieren sollte. Das betrifft etwa Diabetes-, Blutdruck- oder Herzmedikamente.