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Hitzewelle: Heiß, heißer, tödlich

Die nächste Hitzewelle rollt auf uns zu. Zwei Grad Klimaerwärmung heißt 50 Prozent mehr Hitzetote. Und auch das lebenswichtige Hormon Insulin ist in Hitzeperioden gefährdet.

Die nächste Hitzewelle rollt auf uns zu. Zwei Grad Klimaerwärmung heißt 50 Prozent mehr Hitzetote. 198 Hitzetote gab es 2019 in Österreich. Zwischen 2013 und 2019 sind insgesamt 3.701 Hitzetote aus sozial schwachen Schichten zu beklagen. Und auch das lebenswichtige Hormon Insulin ist in Hitzeperioden gefährdet.

Von Peter P. Hopfinger

„Sommerliche Hitzeperioden sind prinzipiell ein Gesundheitsrisiko. In der Hitzewelle sterben Menschen, besonders gefährdet sind ältere und pflegebedürftige Personen, Kinder und Patienten mit Herz-Kreislaufproblemen – und da Haushalte in Vierteln mit geringem Einkommen“, warnt die Armutskonferenz. Zwischen 2013 und 2019 verzeichnete Österreich insgesamt 3.701 Hitzetote, für 2019 weist die Agentur für Gesundheit & Ernährungssicherheit (Ages) 198 Todesfälle aus. in den Jahren 2013, 2015, 2017 und 2018 sind sogar mehr Menschen durch Hitze als im Straßenverkehr gestorben.

„Zwei Grad Klimaerwärmung heißt 50 Prozent mehr Hitzetote“, so die Armutskonferenz. Allein ein Anstieg der Durchschnittstemperatur um zwei Grad führt in Europa zu 50 Prozent mehr hitzebedingten Todesfällen. Bei drei oder vier Grad im Schnitt mehr würde sich die Zahl der Todesfälle sogar vervierfachen. Die Risiken sind ungleich verteilt: Menschen, die von Armut betroffen sind, sterben in Österreich um mehr als 10 Jahre früher als der Rest der Bevölkerung.

Dazu kommt: auch das lebenswichtige Hormon Insulin ist bei zu hohen Temperaturen in Gefahr. Die Hitze zerstört es und verringert dabei die Wirkung. Insulin sollte bei rund acht Grad gelagert werden. Kühlschränke, -Taschen oder andere Systeme bieten hier Abhilfe.

Bei Insulin im Pen oder in der Ampulle können Anwender entspannen: immerhin wird Insulin auch im Körper auf mindesten 36 Grad Celsius erwärmt.

Corona Lockdown und Hitzeperiode

Aber: „Besonders zu bekämpfen sind die städtischen Hitzespots“, regt die Armutskonferenz vorbeugende Maßnahmen an. Was wäre, wenn der Corona- Lockdown in die Hitzeperiode gefallen wäre, die Menschen in den heißen Wohnungen säßen, Kinder einkommensschwacher Familien sich in ihren beengten Räumen aufhalten müssten, sich Einsamkeit, Alter und Hitzebelastung verstärken?

In ländlichen Gebieten wirken Bäume und andere Pflanzen, aber auch Oberflächenwasser wie natürliche Klimaanlagen. Da fließt ein Bach, da liegt ein See. Sie kühlen die Umgebung in erster Linie durch die Verdunstung von Wasser. In den städtischen Zentren verhindert die bebaute Fläche diese Hitzeregulierung. Regenwasser wird unterirdisch abgeleitet, der Beton und Asphalt macht Verdunstung unmöglich, heizt sich besonders gut auf und strahlt diese Hitze wieder ab.

Auch die stark erhöhte Oberfläche durch die Gebäude und das Vermindern der Luftzirkulation tragen zur Hitze bei. Dazu kommen künstliche Wärmequellen wie Autos, Industrie oder Abwärme von Klimaanlagen. So kann es in Städten zu bis zu 12 Grad höheren Temperaturen als in der Umgebung kommen.

Wasser, Grünflächen, öffentlicher Verkehr, Wohnbau

Grünraum und Wasser in der Stadt verbessert das Klima im Grätzel, zeigt gesundheitlich positive Auswirkungen, bietet Bewegungsraum für Jung und Alt, begünstigt als Sozialraum das Gespräch und die Begegnung. Wichtige Schritte sind strategische Maßnahmen auf der Ebene von Flächenwidmungen, Raumplanung und Wohnbau. Die Anlage von Straßenbegleitgrün, grüne Wandelemente, Fassaden- und Dachbegrünung, Entsiegelung und Regenwassermanagement oder auch die Freilegung von verrohrten Gewässern.

Der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel ist hilfreich Hitzespots zu verringern. Baulich sind Maßnahmen notwendig wie zum Beispiel Außenjalousien montieren, Wärmedämmungen anbringen, Fassaden- und Hofbegrünung. Angesichts von Klimawandel und Hitzetoten gibt es einiges zu tun“, so die Armutskonferenz, deren soziale Initiativen über 500.000 Hilfesuchende im Jahr beraten, unterstützen und begleiten.

Sag mir wo Du wohnst, und ich sage Dir wann Du stirbst

Ärmere Bevölkerungsgruppen gehen statistisch gesehen häufiger Berufen nach, die körperlich anstrengend und der Hitze ausgesetzt sind (z.B. Bauarbeiter, Reinigungskräfte).

Sozial benachteiligte Gruppen leben meist in Wohnungen mit schlechter Bausubstanz (z.B. keine Wärmedämmung) und schlechter Ausstattung (z.B. keine Außenjalousien, keine Klimaanlagen) sowie weniger Raum pro Kopf.

Aufgrund fehlender finanzieller Möglichkeiten können sie sich auch seltener energetische Wohnraumsanierungsmaßnahmen leisten, um sich an höhere Temperaturen im Sommer anzupassen. Zudem wohnen Ärmere häufiger in Mietwohnungen, in denen nur wenig Möglichkeit zur Gebäudesanierung besteht.

Qualitative Untersuchungen weisen darauf hin, dass Ärmere weniger oft und weniger weit in kühlere Bereiche ausweichen können (z.B. Zweitwohnsitz etc.). Sie weisen einen schlechteren Gesundheitszustand auf, welcher gegenüber Hitze verwundbarer macht. Von Hitze besonders stark betroffen sind ältere Menschen, weist die Armutskonferenz auf die empirischen Zusammenhänge hin.

 
Fakten

36 Grad Celsius: Bis zu dieser tauscht der menschliche Körper mit der Luft die Wärme durch Strahlung aus. Ab dann geht´s nur noch mit Schweiss.

41,9 Grad Celsius: Die maximale Temperatur, die das Gehirn aushält. Wird´s heisser, versagen wichtige Körperfunktionen. Ausserdem droht der Körper auszutrocknen, wenn der Mensch den Flüssigkeitshaushalt nicht mehr regulieren kann.

45,0 Grad Celsius: Ab dieser Hauttemperatur drohen bereits nach wenige Minuten Verbrennungen ersten Grades.

Ca. 3000 Wärmerezeptoren befinden sich in der Haut des Menschen. Sie können nicht nur 0,1 Grad Celsius unterscheiden, sondern scannen den gesamten Körper im Bereich von 30 bis 45 Grad. Bei höheren Temperaturen werden Hitzesensoren aktiviert. Übrigens: Kälterezeptoren sind mit 30.000 eindeutig in der Überzahl.

 
Coole Strategien

So schützt man sich vor Überhitzung

Essen: Scharfe Speisen – etwa Chilis und Jalapenos – signalisieren dem Körper Hitze. Die Blutgefäße weiten sich und man beginnt zu schwitzen. Im Gegensatz dazu sollte man Zwiebeln, Kartoffeln und rotes Fleisch meiden. Sie sind schwer verdaulich und sorgen damit für zusätzliche innere Wärme.

Trinken: Liegt der normale Flüssigkeitsbedarf bei mindestens 1,5 Liter Wasser pro Tag, so steigt er an Hitzetagen auf zwei bis drei Liter. Bei Sport oder auch bei Gartenarbeiten ist natriumreiches Wasser ratsam, um den Zellen genügend Salz zukommen zu lassen. Auf eiskalte Getränke und Alkohol sollte man verzichten.

Duschen: Kühle Duschen klingen verlockend, sind aber kontraproduktiv. Der Körper versucht, die Kälte auszugleichen, man schwitzt danach viel schneller wieder. Experten wissen: eine lauwarme Dusche kühlt den Körper viel nachhaltiger.

Hände und Füsse: Handgelenke oder auch Füsse in kühlem Wasser sorgen für dosiertes Abkühlen. Der Grund sind die knapp unter der Haut liegenden Venen und Arterien, die gekühltes Blut durch den ganzen Körper transportieren.

Schlafen: Dünne Leinen- oder Baumwolllaken sind das optimale Bettzeug in heissen Nächten. Wer nicht ohnehin textilbefreit schläft, sollte ebenfalls Leinen- oder Seidenwäsche wählen. Naturfasern sind atmungsaktiver und absorbieren Schweiss besser als synthetische Fasern.

Prinzipiell: Kopf durch Hut oder Mütze schützen, regelmäßig eincremen, Schattenplätze suchen, Ventilatoren oder Klimaanlagen nutzen und Sport nur in den Morgenstunden oder am Abend machen.