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Gran Canaria - Tanz auf dem Vulkan

Eines hoffentlich fernen Tages wird die Insel (und ihre Nachbarn) in einer gewaltigen Katastrophe im Atlantik versinken. Der dabei entstehende Tsunami wird vermutlich Teile New Yorks überschwemmen. Ein Urlaub auf den Kanaren ist ein Tanz auf dem Vulkan. Und Gran Canaria ein vulkanischer Mini-Kontinent. Mit fantastischen Landschaften, Höhlen-bewohnern und allen Chancen auf einen aktiven, farbenfrohen und erholsamen Urlaub.

Gran Canaria: Minikontinent mit Ablaufdatum

Manfred Ritsch ist Steirer. Er lebt seit 20 Jahren mit seiner Frau und seinem mittlerweile erwachsenen Sohn im Ferienort Maspalomas im Süden von Gran Canaria. „350 Sonnentage und 270 Tage mit Wind, kaum Heizkosten, eine unglaubliche Vielfalt an Pflanzen und Tieren und freundliche Menschen haben nach einer Karriere als Sportartikelverkäufer und später in der Tourismusbranche bei Niki Laudas Airline den Ausschlag dafür gegeben, uns hier niederzulassen“, erzählt der passionierte Surfer, Radler und Bergsteiger. Der drahtige Mittfünfziger hat freilich mit beschaulichem Ruhestand auf der gerne von Pensionisten über die Wintermonate frequentierten nur etwa 50 Kilometer im Durchmesser großen Insel der Hunde wenig gemeinsam. Er arbeitete gemeinsam mit österreichischen Partnern für Free Motion – Bikes & Tours, die Aktiv-Urlaubern geführte Wanderungen, Radtouren (auch mit E-Bikes) und Führungen ins Landesinnere anbietet.

Das Business boomt. Denn nicht nur der Erholungsurlaub sondern auch der Aktivurlaub nimmt immer mehr zu. Bei Free Motion (www.free-motion.net ) werden dementsprechend Wanderungen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden, ebenso wie Radtouren für wirklich jedermann angeboten. Manfred Ritsch erzählt aus der Praxis: „Wir haben Mountainbikes, normale Räder, aber auch moderne E-Bikes. Mit denen radeln sogar Übergewichtige strahlend einen Berg hinauf und haben dann oben noch Luft für einen Tanz auf dem Vulkan.“

Zu erkunden gibt es jede Menge: Bizarre Steilküsten, haushohe Sanddünen, ausgebrannte Vulkankrater, lichte Kiefernwälder neben Palmen, Hafenstädtchen und schmucke Bergdörfer – eine opulente Optik in bunten Farben. Als EU-Aussengrenze wird viel Geld in den Strassenbau gepumpt und so erreicht man über ein komfortables Strassennetz inklusive Autobahnen fast alle Sehenswürdigkeiten. Noch häufiger gibt es Wanderwege für jede Kondition: flach, leicht steigend oder auch steil bis fast auf 2.000 Meter Höhe. Dort ist es ratsam – egal ob zu Fuß oder im Auto – wetterfeste Kleidung dabei zu haben. Denn die Berge fungieren als Wetterscheide und deshalb kann hier blitzschnell das Wetter wechseln.

Gran Canaria ist ein Biosphärenreservat der UNESCO und offensichtlich ein funktionierendes Ökosystem. Die Nadelbäume auf den Bergen entziehen den Wolken kostbares Trinkwasser und ermöglichen so eine blühende Landwirtschaft mit bis zu drei Ernten im Jahr. Im Frühling blühen Mandel- und Drachenbäume. Die Gastfreundlichkeit der Insel wurde bereits von den Guanchen, einem wahrscheinlich von den Berbern abstammenden Volk, das in grauer Vorzeit die rund 200 Kilometer von der afrikanischen Küste überwand, in Anspruch genommen. Doch von den Guanchen sind nur bisher nicht enträtselte Schriftzeichen, Bruchstücke ihrer Kultur und etwa fünf Prozent DNS in den heutigen Bewohnern der Kanaren übrig geblieben. Sie wurden Opfer eines mittelalterlichen Genozids, als die Spanier die Inselgruppe als Sprungbrett über den Atlantik für sich in Anspruch nahmen. 

Ein Relikt der Urbewohner wird freilich auch heute noch genutzt. Rund 50 Wohnhöhlen, die auf natürliche Weise in dem Vulkangestein entstanden, werden derzeit nicht nur bewohnt sondern sind auch eine Touristenattraktion. „Diese Wohnhöhlen werden nur vererbt und haben den unschätzbaren Vorteil bei immer gleichen Temperaturen keinerlei Wetterkapriolen ausgesetzt zu sein“, erklärt Manfred bei einem Tapas-Imbiss in einer besonders großen Höhle. Sogar eine geweihte Kirche ist in einem geräumigen und verputzten Felsenloch untergebracht. 

Nachstehend ein paar Ausflugsziele, die lohnen:

  • Telde: Der intakte Altstadtkern Barrio San Francisco beeindruckt vor allem mit seinem Zentrum. Auf dem Plaza de Juan steht im Schatten von mächtigen Olivenbäumen ein  mittelalterlicher Dom, der Johannes dem Täufer gewidmet ist. Etwa sechs Kilometer südlich führt eine Straße nach Cuatro Puertas, wo vier Wohnhöhlen und eine frei zugängliche Kultstätte zu finden sind.
  • Santa Brigida ist ein Nobelvorort von Las Palmas, den man auf dem Weg zur Caldera de Bandama hinter sich läßt. Der etwa 5.000 Jahre alte Vulkankrater kann auch – am Besten mit einem Wanderführer wie Manfred – auch zu Fuß erkundet werden.
  • Teror: Das schmucke Landstädtchen ist mit seiner Wallfahrtskirche, der neoklassizistischen Basilica Nuestra Senora del Pino das religiöse Zentrum Gran Canarias. Von ihr führt die kopfsteingepflasterte Calle Real als Flaniermeile vorbei an liebevoll restaurierten Bürgerhäusern aus dem 16. und 17. Jahrhundert – eine Zeitreise.
  • Tejeda: Das Bergdorf mit nur 1200 Einwohnern zeigt sich im Frühjahr während der Mandelblüte von seiner schönsten Seite. Ganz in der Nähe befindet sich der 1404 Meter hohe Roque Betayga. An seinem Fuß erklärt man in einem Besucherzentrum den Ursprung des Monolithen und macht auf einen magischen Ort der Altkanarier aufmerksam: Der 65 Meter hohe freigewitterte Vulkanschlot Roque Nublo wird noch heute verehrt. Er kann auf einem aussichtsreichen Rundweg umwandert werden. Vom richtigen Blickwinkel aus kann man zwei weitere magische Steingebilde erkennen: den Frosch und den Priester.
  • Die Dünen von Maspalomas türmen sich wie eine Fata Morgana inmitten der Ferienstadt auf. Ihr Sand kommt nicht aus Afrika, sondern wird von Myriaden Schnecken- und Muschelgehäusen gebildet. Mitten in den Dünen ist ein Vogelschutzgebiet. Noch kann die einzigartige Landschaft durchwandert werden, doch Experten befürchten, dass die vier Quadratkilometer große Sand-Landschaft schrumpfen wird, weil sie durch die massive Rundum-Verbauung nicht mehr wandern kann.

Und sonst?

Die Canarischen Inseln gehören zu Spanien und damit zur EU. Als Aussengrenze erhalten sie besondere Förderungen. Zudem hat eine Spielergemeinschaft in Teneriffa einen großen Treffer bei der Weihnachtslotterie „El Gordo“ 2013 gelandet.

Gran Canaria  hat nicht nur große Krankenhäuser sondern auch deutschsprachige Ärzte und Kliniken. Apotheken sind durch ein grünes Kreuz in verschiedenen Varianten erkennbar. Dort spricht man meist auch englisch, mitunter auch deutsch. Generell wird die E-Card akzeptiert.

Die Uhrzeit wird im Vergleich zu Österreich eine Stunde zurückgestellt. (GMT)

Es gibt eine riesige Auswahl an gesundem und schmackhaftem Essen: Obst und Gemüse wächst hier das ganze Jahr, dazu kommt eine bunte Palette an Meerestieren wie Fische, aber auch Garnelen, Tintenfische und andere Köstlichkeiten. Für Diabetiker gilt: aufpassen mit dem gerne gereichten weissen Brot und auch das reichlich verwendete Olivenöl und die schmackhaften aber reichlich fetten Würste (Chorizo) und Schinken (Serrano) lassen den Blutzucker oft ansteigen. Eine besondere Note haben auf Vulkanerde gewachsene Weintrauben und die aus ihnen gekelterten Weine. Auch Rum wird in Gran Canaria hergestellt – eine Köstlichkeit, die meist mit Honig versetzt wird und wirklich nur in sparsamen Dosen probiert werden sollte.

Anreise: per Flugzeug (rund fünf Stunden bei Direktflug).

Wander- und Radtouren www.free-motion.net Mail: contact(at)free-motion.net

Spezialtipp:  Handbook of Canary Folk Medicine – The secrets of our old herbalists by José Jaén (leider nur auf Englisch) ist dieses Kräuterbuch der Kanaren ein Fundus an natürlichen Rezepturen für Leiden fast aller Art inklusive Typ-2-Diabetes. 
Erhältlich ist das Bändchen mit der ISBN-Nr. 84-7926-163-3 im Internet oder beim Centro de la Cultura Popular Canaria http://centrodelacultura.com/

Fotos: © Veronika Kub