FreeStyle Libre 2: Zurück in die Zukunft - Vom FGM* zum CGM*
Von Peter P. Hopfinger
LeserInnen unserer Seiten in den vergangenen Jahren wissen es: ich war einer der ersten Patienten in Österreich, der vor rund fünf Jahren die erste Generation des sogenannten Flash Glucose Monitoring (FGM)-Systems FreeStyle Libre von Abbott testen durfte. Mit dem neuen FreeStyle Libre 2 hat Abbott einen entscheidenden Schritt zur kontinuierlichen Zuckermessung geschafft. Der Sensor misst nicht nur permanent, sondern funkt mit Bluetooth-Technologie auch im Minutentakt an das Lesegerät. Damit sind jetzt auch individuell einstellbare Alarme möglich, die vor Unter- oder Überzuckerungen warnen.
Das Konzept war und ist bis heute einzigartig in der Welt des Blutzucker-Messens:
- Nur einmal in 14 Tagen mit einem einzigen Stich den Sensor wechseln
- Keine Kalibrierung
- Vollständige Kontrolle über eine eigene App am Smartphone
Was bei der ersten Generation fehlte, waren individuell einstellbare Alarme für Über- oder Unterzuckerungen, wie sie bei CGM-Geräten bereits Standard sind (ich selbst durfte ja so ein System auch testen und fand das nächtliche Brummen im Oberarm, das eine Unterzuckerung anzeigte, durchaus sinnvoll).
Doch jetzt hat Abbott gemäß dem Firmenmotto „die Zukunft des Diabetesmanagements“ zu den CGM-Systemen aufgeschlossen: mit individuellen Alarmen, mit größerer Genauigkeit der Messungen und noch immer OHNE Kalibrierung.
Ich hatte einen etwas verstolperten Start, denn ich hatte ein wesentliches Detail beim Start des neuen Libre 2-Sensors übersehen.
Beim Libre 1 hatte ich gelernt: Zuerst mit dem Gerät den neuen Sensor starten und innerhalb von 60 Minuten noch einmal den gleichen Sensor mit der Libre-App im Smartphone scannen. Dann konnte man beide Geräte – noch ohne Alarm und auch ohne Synchronisation der beiden Geräte – zeitgleich verwenden.
Beim völlig neu entwickelten Libre 2 muss man sich entscheiden. Wer soll bei Unter- oder Überzuckerungen Alarm schlagen? Der Scanner oder das Smartphone? Denn nur eines dieser Geräte kann während der 14-Tage-Laufzeit eines Sensors alarmieren (Danach kann man das wieder ändern, was auch ich in der 2. Phase meines Praxistests tun werde.)
Also: weil ich in Zeiten von Corona-Quarantäne zu Hause bleibe, war die erste Wahl natürlich das neue Libre 2-Lesegerät. Er schlägt bei drei Gelegenheiten Alarm:
- Bei der Unterschreitung eines frei wählbaren unteren Zuckerwertes (in meinem Fall 70mg/dl)
- Bei der Überschreitung eines frei wählbaren hohen Zuckerwertes (in meinem Fall 200 mg/dl) und
- Bei Überschreitung einer Entfernung von rund sechs Metern zwischen Sensor und Scanner für die Dauer von 20 Minuten.
Die ersten beiden Möglichkeiten sind aus meiner Sicht wirklich praktisch. Man könnte sich theoretisch sogar ein paar Scans ersparen, aber das fällt bei mir und meinen durchschnittlich 16 täglichen Scans kaum ins Gewicht. Aber: bei jedem Überschreiten des selbstgewählten oberen oder unteren Zuckerwertes meldet sich der Scanner nicht nur deutlich, sondern fordert auch selbständig zur Zuckerkontrolle auf.
Gerade piepst es zwischendurch – eine Kontrolle ergibt genau 201 mg/dl.
Wichtig ist – nicht nur für mich – eine drohende nächtliche Unterzuckerung und ihre Wahrnehmung. Der Libre 2 Scanner liegt jetzt Abend für Abend neben meinem Bett und selten aber doch kommt es vor, dass mich ein unüberhörbarer Piepton aus dem Tiefschlaf holt und mir damit einen Hypo bei 70mg/dl anzeigt, noch bevor er wirklich tief wird. Den Rest erledigen dann ein paar griffbereite Broteinheiten.
Beim nächsten Libre2-Sensor werde ich mein Smartphone als „Alarmgeber“ einrichten, obwohl ich es bisher vermieden habe, neben meinem Telefon zu schlafen. Aber für einen Zeitraum von 14 Tagen wird sich auch das einrichten lassen.
Mehr über die Phase 2 – Libre 2 in Kombination mit der App für´s Smartphone lesen Sie demnächst an dieser Stelle.
Derzeit wird mit der Österreichischen Krankenkasse die Erstattung des Libre2 noch verhandelt, während der in Deutschland längst tausendfach im Einsatz ist. Dabei steht die ÖGK derzeit auf dem Standpunkt, dass das Libre 2 nur ein Software-Update ist. Doch das stimmt so nicht. Denn die Bluetooth-Kommunikationsfähigkeit macht aus dem früheren FGM*-System ein CGM*-System und damit ein neues Gerät.
Doch durch die Corona-Pandemie sind diese Verhandlungen gebremst.
Das heißt: auch wenn die Libre2-Lesegeräte und Sensoren ab Mai in Österreich erhältlich sind, kann man sie vorerst nur privat erwerben.
Mehr dazu: https://diabetes-austria.com/artikel/neu-freestyle-libre-2-system-mit-optionalen-alarmen
*FGM (Flash Glucose Monitoring) CGM (Continous Glucose Monitoring)