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Die „Zuckertante“ steht Diabetikern bei – in allen Lebenslagen

Dr. Susanne Pusarnig legt großen Wert auf vertrauensvollen, persönlichen und anhaltenden Kontakt zu ihren Patienten. Ihr neues Online-Service soll Information leicht greifbar machen – und Diabetikern rund um die Uhr unkomplizierten Beistand sichern.

Von Elisabeth Schneyder 

Wer denkt, die bald 60-jährige Medizinerin hätte ihre Kassenordination im 23. Wiener Gemeindebezirk jüngst an eine Nachfolgerin übergeben, um sich zur Ruhe zu setzen, irrt gewaltig: „Ich habe nicht vor, innerhalb der nächsten zehn, fünfzehn Jahre in Pension zu gehen“, meint Susanna Pusarnig heiter. Dazu sind ihr „ihre“ Patienten viel zu wichtig. Vor allem jene, die „Zucker“ haben. Denn die gebürtige Grazerin ist schon seit Beginn ihrer Laufbahn in den 1980er-Jahren auf Diabetes spezialisiert. Jetzt will sie ihre diesbezüglichen Bemühungen weiter intensivieren – in ihrer Wahlarzt-Ordination in Wien 13, direkt neben dem Cafe „Dommayer“, was, wie sie scherzt, „meine Diabetes-Patienten besonders freut“. 

Die durch die Abgabe der Kassen-Niederlassung gewonnene Zeit will sie für ein Projekt nützen, das ihr seit langem sehr am Herzen liegt: Ein Web-Portal namens www.zuckertante.at, das möglichst vielen Betroffenen das Leben leichter machen soll: „Es gibt so viele, erschreckende Wissenslücken und viel zu wenige Schulungen für Typ 2 Diabetiker! Nur alle drei Monate Kontakt mit dem behandelnden Arzt zu haben, ist viel zu wenig, weil sich auch dazwischen täglich wichtige Fragen auftun. Hier lässt sich heute mit telemedizinischer Betreuung so viel erreichen. Es gibt ja Software, die es ermöglicht, dass Patienten und Ärzte auf sicherem Weg kommunizieren, Werte und Rat austauschen können“.  Auch Überweisungen, Verordnungen und ähnliches sollen schon bald bequem und zeitsparend über Pusarnigs Portal laufen. 
Wer die namensgebende „Zuckertante“ ist, beschreibt sie so: „Eine komische Alte, die entfernt etwas mit mir zu tun hat, andauernd über Diabetes quasselt und im Internet wohnt“. Ende März 2018 soll das neue Forum online gehen. Den Blog dazu (http://blog.zuckertante.at) gibt es bereits seit einer Weile. 

Dass die lebensfrohe Ärztin stets perfekt durchzieht, was sie sich vorgenommen hat, beweist ihr Lebenslauf: Die Eltern der damals 17-jährigen Steirerin waren entsetzt, als ihr Tochter proklamierte, Medizin studieren zu wollen. Sie hatten kein Studium, sondern „sichere“ Jobs wie Beamtin oder Lehrerin für sie im Sinn. Den damaligen Schachzug der Mutter hält Susanne Pusarnig bis heute für „genial“: „Sie schickte mich zum Malteser Hilfsdienst, wo man damals an Wochenenden in Spitälern aushelfen durfte. Dort habe ich dann stundenlang die seinerzeit üblichen Metallspritzen gewaschen und geschärft. Diese großen, steinzeitlichen Dinger, mit denen in den 1970-Jahren auch Diabetiker täglich ihr Insulin injizieren mussten“. 

Der Abschreckungsversuch fruchtete nicht. Im Gegenteil. Er motivierte. Später, während des Studiums in Wien, übernahm Pusarnig Hausbesuche bei Patienten, die sonst „für zwei Tage mit vier Wurstsemmeln ins Bett verfrachtet wurden“, weil es noch keine mobilen Schwestern gab – und damit auch keine Wochenendbetreuung. Bald darauf blieb die junge Ärztin rund um die Geburt ihres heute erwachsenen Sohnes länger als vorgesehen im Turnus, bis sich eine Stelle in der Stoffwechselambulanz des Lainzer Krankenhauses Hietzing ergab. Ein Glücksgriff, wie Pusarnig schildert: „Ich habe schon beim Turnus festgestellt, dass ich Menschen lieber langfristig als punktuell betreue. Mein Interesse konzentrierte sich also auf chronische Erkrankungen. Ich musste nur noch meine Nische finden“. Keine Frage: Die Diabetes-Therapie wurde sehr rasch zur Leidenschaft. 

So, wie sich Lebenssituationen ändern und Diabetiker stets darauf eingehen müssen, bleibt auch Susanne Pusarnig niemals „stehen“: „Die aktuelle Explosion der Technik ist faszinierend! All die neuen Sensoren, Pumpen und Closed Loop Projekte, die nicht nur von etablierten Unternehmen, sondern auch von technischen Start-Ups kommen – das sind großartige Neuerungen!“ Auch moderne Medikamente wie SGLT 2 Hemmer oder GLP1 Präparate und die immer klareren Erkenntnisse über den Zusammenhang von Lebensstil und Diabetes sieht sie als große Hoffnungsträger. 
Essenziell für Therapie-Erfolg und gutes Diabetiker-Leben seien jedoch nach wie vor gute Schulungen und langjährige, konstante Begleitung durch den Arzt, betont Asien-Fan Pusarnig: „Es ist wichtig, dass ich weiß, was meine Patienten erleben und wie ihr Alltag aussieht. Nur dann kann man gemeinsam den jeweils besten Weg finden, der zur aktuellen Lebenssituation passt“. Viele Diabetiker verlassen sich hierbei bereits seit 30 Jahren erfolgreich auf „Zuckertante“ Susanne Pusarnig. Und können’s weiterhin so halten – ab Ende März auch via „Telemedizin“. 

Zu guter Letzt ein kleiner Word-Rap mit Dr. Susanne Pusarnig: 

Was hilft Ihnen, sich vom Alltag zu entspannen? 
Sonnenschein, Spaziergänge im Lainzer Tierpark und klassische Konzerte. Ich bin ein Riesen-Fan des Wiener Musikvereins und der Staatsoper! 

Was macht Sie glücklich? 
Mit Freunden beisammen sein und Schönes erleben –  vor allem mit Kunst und Musik. 

Ihr Lebensmotto? 
Dieses eine Leben so intensiv wie möglich genießen. Das Schöne sehen und glücklich sein, so oft es geht. 

Ihr größtes Talent? 
Empathie. 

Ihr größter „Fehler“? 
Ich kann nicht so gut mit Kritik umgehen. Und wer mich kennt, weiß: Büroarbeit macht mir große Probleme. 
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei anderen Menschen besonders? 
Engagement und Ehrlichkeit. 

Was ärgert Sie am meisten? 
Ungerechtigkeit in der Gesellschaft. Und zum Beispiel das Leugnen des Klimawandels.

Über welche natürliche Gabe würden Sie gern verfügen? 
Ich würde sehr gern so gut singen können, dass ich in einem guten Chor mitmachen darf. 

Was ist Ihr größter Traum? 
Beruflich, dass wir eine gute telemedizinische Betreuung für Diabetiker etablieren können. Privat träume ich von vielen großen Reisen. 

Welches ist Ihre größte Hoffnung für die Zukunft? 
Dass in dieser Umbruchszeit immer mehr Menschen die Möglichkeiten erkennen und ergreifen, unsere Welt besser und gerechter zu machen.