Die Kilos in die Knie zwingen
Jedes Frühjahr rollt die große Fitness- und Abnehmwelle. Umfragen belegen: Die meisten Sport-Einsteiger beginnen im Frühling zu laufen oder sich an Maschinen zu quälen, um schlanker zu werden. Nun aber zeigt eine neue medizinische Studie: Ausgerechnet diejenigen, die besonders viel Gewicht auf die Waage bringen, nehmen durch mehr Bewegung kaum ab. Einen Trost aber haben die Forscher: Es gibt bessere Wege zur Wunschfigur – auch ohne schweißtreibende Quälerei.
Es klingt wie eine Binsenweisheit: Wer sich viel bewegt, verbrennt mehr Kalorien und nimmt dadurch schneller ab. „Falsch“, sagen jetzt jedoch der Biologieprofessor Vincent Careau und sein Team an der Universität Ottawa. „Die Möglichkeit, durch viel Sport auch viel Gewicht zu verlieren, wird weit überschätzt“, stellen die kanadischen Wissenschaftler in ihrer gerade veröffentlichten Studie fest. Vor allem aber kommen sie zu dem Ergebnis: Je mehr Kilos jemand auf die Waage bringt, desto weniger kann er durch Sport abnehmen.
Wie seriös die Studie mit dem verblüffenden Ergebnis ist, zeigt der von den Wissenschaftlern betriebene Aufwand. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren hatten sie Tests mit 1754 Frauen und Männern durchgeführt. Dabei beobachteten sie, dass bei einem erhöhten Sportpensum der Kalorienverbrauch zwar wie erwartet ansteigt. Zugleich aber registrierten sie, dass sich trotz aller sportlichen Aktivitäten der Gesamtverbrauch an Energie pro Tag bzw. Woche kaum veränderte.
Die Wahrheit ist: Wir können unserem Übergewicht nicht davonlaufen, -schwimmen oder -walken
Es dauerte einige Zeit, bis die Forscher der Erklärung auf die Spur kamen: Je mehr Sport getrieben wird, desto stärker schaltet der Körper in allen Ruhephasen auf eine Art Energiesparmodus um. Statt auf Reserven zurückzugreifen und Fettpölsterchen abzubauen, senkt der Organismus seinen Grundumsatz. Und dieser erstaunliche Effekt fällt umso deutlicher aus, je älter die Testteilnehmer sind und je mehr Übergewicht sie auf die Waage bringen. Beim Abnehmen, so das Fazit der Studie, helfe intensiveres Training deshalb kaum. Bei stark Übergewichtigen könne sogar das Gegenteil eintreten: Der Zeiger der Waage geht zumindest vorübergehend nach oben, weil der Gesamtverbrauch an Kalorien in allen Ruhephasen sinkt.
Die kanadischen Forscher bestätigen, was auch Sportmediziner sagen: Es ist aussichtslos, sein Übergewicht allein durch schweißtreibendes Training loswerden zu wollen. Vor allem die Auswirkungen durchs Joggen werden weit überschätzt. Die Experten haben ausgerechnet: auch wenn jemand sein Gewicht innerhalb einer Woche nur um kaum sichtbare 500 Gramm verringern will, müsste er in dieser Zeitspanne 56 Kilometer laufen!
Selbst wer die wöchentliche Strecke auf immer noch beachtliche 32 Kilometer reduziert und dieses Pensum dann sogar acht Monate durchhält, kann sich am Ende nur über 3,5 verlorene Kilo freuen. Ganz ähnlich ist es mit dem möglichen Gewichtsverlust durch Fitnessstudio-Besuche. Wer sich auf dem Crosstrainer, an Seilzügen oder mit Hantelstangen quält, verbrennt in derselben Zeit noch weniger Kalorien als beim Joggen. Um einen mess- und bei der Figur sichtbaren Erfolg zu erzielen, müssten pro Woche acht bis elf Stunden in der Mucki-Bude trainiert werden!
Mediziner raten allerdings allen Übergewichtigen, sich zumindest moderat sportlich zu betätigen. Nachdrücklich weisen alle Experten darauf hin, dass sich auch wenig Bewegung immer positiv auswirke. Sie könne helfen, das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Demenz zu verringern – nur eben leider nicht das Gewicht.
Allein durch mehr Bewegung wird es also fast nie gelingen, sein Gewicht zu reduzieren. Dafür ist eine gleichzeitige Ernährungsumstellung mit einer Verringerung der täglichen Kalorienzufuhr nötig.
Ohne Jo-Jo-Effekt und Quälerei 20 Kilo abnehmen
Jeder kennt die Versprechen, mit denen sich Frauenzeitschriften überbieten und eine Gewichtsverlust von zwei oder mehr Kilo pro Woche in Aussicht stellen. Da aber setzt sofort nach Ende jeder Hungerkur der Jo-Jo-Effekt ein. Man nimmt schneller und mehr zu, als vorher verloren wurde. Aktuell wird auch wieder die angeblich vom Max-Planck-Institut erarbeitete Diät gehypt – obwohl sich Forscher der wissenschaftlichen Gesellschaft ausdrücklich von Programmen distanzieren, die unter ihrem Namen kursieren. Sie haben nie einen solchen Diätplan erarbeitet.
Warum der so oft versprochene hohe Gewichtsverlust unrealistisch ist, können Ernährungsmediziner leicht erklären: Die in einem Kilo Körperfett gespeicherte Menge Energie entspricht etwa 7000 Kilokalorien (kcal). Im Rahmen einer Diät kann der Abbau gelingen, wenn dem Körper pro Tag 500 kcal weniger als der Grundbedarf zugeführt werden. Das bedeutet: Bis ein Kilo Körperfett dauerhaft und ohne gesundheitliche Risiken verschwunden ist, sollten 14 Tage eingeplant werden. Das klingt nach wenig, innerhalb von einem Jahr lassen sich so aber ganz entspannt über 20 Kilo verlieren!
Hungern muss jedoch niemand, um dies 500 kcal einzusparen. Denn so viel Energie steckt in 1,2 Liter Cola, 100 Gramm Schokolade, einer halben Pizza oder 90 Gramm Kartoffelchips. Deshalb ist es in den meisten Fällen unnötig, strenge Diätpläne einzuhalten oder danach zu kochen.
Grundumsatz-Kalorienrechner: https://www.runtastic.com/blog/de/grundumsatz-kalorien-rechner/