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Diabulimie – Die gefährlichste Essstörung der Welt

Die Ursachen für einer Essstörung können sehr unterschiedlich sein. Besonders fatal ist die Kombination aus Diabetes und einem gestörten Essverhalten.

Lisa muss täglich Insulin spritzen. Sie leidet seit ihrer Kindheit an Diabetes Typ 1. In der Pubertät war sie so unzufrieden mit ihrem Körper, dass sie das Insulin absichtlich wegließ, um abzunehmen. Eine lebensgefährliche Entscheidung. Lisa fiel ins ketoazidotische Koma, landete auf der Intensivstation und hat nur knapp überlebt.

Ob geringes Selbstwertgefühl, unrealistisches Schönheitsideal oder Schulprobleme - die Ursachen für die Entwicklung einer Essstörung können sehr unterschiedlich sein. Besonders fatal ist die Kombination aus Diabetes und einem gestörten Essverhalten. Diabulimie betrifft meist Mädchen mit Typ-1-Diabetes. Zum einen, weil sie sich intensiv mit ihrem Essen auseinandersetzen müssen. Zum anderen, weil die Diabetes-Behandlung das Zunehmen begünstigen kann.

"In nicht seltenen Fällen versuchen die Betroffenen ihr Verhalten zu verheimlichen"

Im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne Diabetes haben etwa doppelt so viele insulinpflichtige junge Frauen (zwischen 14 und 20 Jahren) eine Essstörung! Ein Alter, in dem Jugendliche pubertätsbedingt gerade typische Veränderungen ihres Körpers feststellen. Kommt dann vor allem bei Mädchen aufgrund der angefangenen Insulintherapie Gewichtszunahme dazu, kann das ein Auslöser für eine Essstörung sein.

Bei jungen Mädchen ohne Diabetes sind die Essstörungen meist Bulimie, also Essanfälle mit anschließendem Erbrechen, exzessivem Sport oder Abführmittel. Bei Diabetikerinnen kommt noch das sogenannte Insulin-Purging dazu. Was im ersten Moment wie „die perfekte Lösung“ zur Gewichtsregulierung aussieht, ist tatsächlich ein sehr gefährliches Spiel mit der Gesundheit und kann sogar zum Tod führen!

Denn durch das Weglassen des Insulins haben die Betroffenen dauerhaft einen erhöhten Blutzuckerspiegel, was gravierende Folgen für den Körper hat. Der erhöhte Blutzuckerwert führt zu schweren Stoffwechselentgleisungen mit Folgeschäden an Organen (Herz, Niere, Augen), Gefäßen und Nerven.

Diabulimie: Wie Bulimie und doch anders

Diabulimie hat zwei Erscheinungsformen, die getrennt, aber auch zusammen auftreten können:

  • Erbrechen: Die Angst vor der Gewichtszunahme ist so groß, dass das Essen erbrochen wird.
  • Insulin-Purging: Das lebenswichtige Insulin wird nicht oder in zu geringen Dosen gespritzt. Infolge wird die Glukose über die Nieren ausgeschieden. Betroffene nennen das auch „Erbrechen über die Nieren“.

Generell versuchen Diabulimie-Betroffene wenig Kalorien aufzunehmen, um eine Gewichtszunahme zu verhindern beziehungsweise eine Gewichtsabnahme herbeizuführen. Essanfälle, Phasen des Fastens, strikte Ernährungsregeln, die Einnahme von Abführ- und Entwässerungsmitteln, exzessiver Sport: All das kann die Diabulimie begleiten.

Diabulimie: Symptome der Essstörung

Wie bei anderen Essstörungen auch, gibt es auch bei Menschen mit Diabetes Symptome, die auf ein gestörtes Essverhalten hinweisen und ernst genommen werden sollten:

  • Angst vor einer Gewichtszunahme
  • Angst vor Insulin („Insulin macht fett“)
  • Vernachlässigung der Diabetes-Behandlung (Messen, Spritzen usw.)
  • Verheimlichen von Blutzuckerwerten und Behandlungsmaßnahmen gegenüber anderen
  • Angst vor einem niedrigen Blutzuckerspiegel
  • diätische Maßnahmen (exzessiver Sport, Kalorienzählen, wenig essen, „böse“ Lebensmittel meiden)
  • Unzufriedenheit mit dem Körper und dem eigenen Gewicht
  • Rückzug von gemeinsamen Mahlzeiten
  • sozialer Rückzug
  • strenge Essensregeln
  • Gewichtsverlust
  • zu hohe Blutzuckerwerte
  • starker Durst und häufiges Urinieren
  • Erschöpfung und Müdigkeit
  • Trockenes Haar und trockene Haut
  • ausbleibende Menstruation

Diabulimie: Die gesundheitlichen Folgen der Essstörung

Für den Körper hat Diabulimie weitreichende Folgen. Es drohen:

  • ketoazidotische Koma (bis hin zum Tod)
  • Schlaganfall
  • Herzinfarkt
  • bleibende Schäden im Gehirn
  • kranke Nieren
  • kranke Leber
  • Erblindung (Retinopathie)
  • Nervenschäden (Polyneuropathie)
  • Wunden, die nicht heilen
  • Herzerkrankungen
  • Amputationen
  • kranke Zähne
  • Gefäßveränderungen
  • Nährstoffmangel
  • häufige Infektionen
  • Verdauungsbeschwerden

Hinzu kommt, dass der Körper sich oftmals auf die extrem hohen Blutzuckerwerte einstellt. Die Betroffenen funktionieren und merken oft lange nicht, welche Schäden die hohen Werte im Körper anrichten.  Die Sterberate bei Betroffenen mit Diabulimie ist erhöht.

Der Weg aus der Essstörung: Diabulimie behandeln

Die Behandlung von Diabulimie ist eine Herausforderung. Vor allem Typ-1-Diabetiker haben eine hohe Abbruchquote bei der Therapie, eine geringe Heilungs- und eine große Rückfallquote. Wie bei anderen Essstörungen auch ist es wichtig, dass verschiedene Fachrichtungen zusammenarbeiten. Die medizinische Betreuung ist ebenso wichtig wie eine psychologische Betreuung und die Unterstützung durch einen Ernährungsexperten und einen Diabetologen.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.

 

Bin ich essgestört? Psychologischer Test (EAT-26) zur Einschätzung von Essstörungen

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