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Deutschland: Präventions-Defizite drücken die Lebenserwartung nach unten

Trotz eines aufwendigen Gesundheitssystems liegt in Deutschland die Lebenserwartung deutlich niedriger als in anderen reichen Ländern. Die Ursachen sind offenbar Defizite bei der Prävention, und zwar auch bei Diabetes.

(15.6.2023) - Das deutsche Gesundheitssystem genießt weltweit aufgrund der sozialen Gerechtigkeit aber auch wegen seiner hohen Pro-Kopf-Ausgaben für die Versorgung ein sehr hohes Ansehen. So hat Deutschland ein großes und gut ausgebautes Krankenhaus- und Rehabilitationsnetz, das hervorragend technisch ausgestattet ist.

Zusätzlich ist Deutschland bei den Krankenhausaufenthalten und den Behandlungen von kardiovaskulären Erkrankungen mit transluminalen Angioplastien oder Bypass-Operationen weltweiter Spitzenreiter. Gerne wird das deutsche System auch als das beste Gesundheitssystem der Welt bezeichnet.

Andere Gesundheitssysteme wie etwa in den USA haben zwar auch hohe Ausgaben und bieten sämtliche Technologien an, jedoch hat nicht jeder Bürger einen gleichen Zugang zu diesen medizinischen Optionen.

Doch wie effizient ist das deutsche Gesundheitssystem im Vergleich zu anderen Ländern? Zur Beantwortung dieser Frage wird gerne die Lebenserwartung herangezogen, denn diese ist ein Schlüsselindikator für den Erfolg oder Misserfolg von medizinischen Fortschritten. In einer aktuell veröffentlichten Studie wurde die Lebenserwartung in Deutschland mit der von sechs Ländern mit hohem Einkommen (Schweiz, Frankreich, Japan, Spanien, Großbritannien und USA) verglichen (Eur J Epidemiol. 2023; online 25. April).

Abstand zu anderen Ländern wächst

Für die Analyse nutzte das Studienteam die Human Mortality Database. Diese hat den Vorteil, dass einheitliche Methoden zur Harmonisierung und Anpassung der Eingabedaten verwendet und die Sterbetafeln mit einheitlicher Methodik erstellt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass Deutschland im Vergleich mit den sechs Industrieländern einen hinteren Platz einnimmt. So liegt die mittlere Lebenserwartung der 2019 geborenen Frauen in Deutschland bei 83,5 Jahren und der der Männer bei 78,7 Jahren. Die Spitzenwerte gibt es bei den Frauen in Spanien mit 86,2 Jahren und bei den Männern in der Schweiz mit 81,9 Jahren. Interessanterweise sind die Gesundheitsausgaben speziell in Spanien deutlich niedriger als in Deutschland.

Insgesamt lag Deutschland bei diesem Vergleich zusammen mit den USA auf dem letzten Platz. Vor Deutschland lag selbst Großbritannien mit seinen deutlich geringeren Gesundheitsausgaben und den vielen Problemen aufgrund der Sparpolitik im „National Health Service“ (NIH). Bei den US-Daten muss berücksichtigt werden, dass sich dort die Opioid-Überdosis-Epidemie sowie die jährlich zigtausenden Todesfälle durch Schusswaffen ungünstig auf die Lebenserwartung auswirken.

Der Abstand bei der Lebenserwartung von Deutschland im Vergleich zu den anderen Industrieländern hat sich zudem seit 2006 vergrößert. So ist in Deutschland verglichen mit Spanien bei Männern die Lebenserwartung seit diesem Referenzjahr um über ein Jahr und bei Frauen um zwei Jahre abgesunken.

Quelle: https://www.aerztezeitung.de/