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Deutsche Diabetikerin Anja Renfordt ist Weltmeisterin im Kickboxen

Austeilen kann die 1980 im nordrhein-westfälischen Meinerzhagen geborene Anja Renfordt. Sie ist fünffache Weltmeisterin im Kickboxen. In ihrem Leben hat sie aber auch schon manchen herben Schlag einstecken müssen: im Alter von anderthalb Jahren wird bei ihr Diabetes diagnostiziert.

Von sportlichen Höchstleistungen hat sich Anja Renfordt deswegen aber nie abhalten lassen.

Als Anja anderthalb Jahre alt ist, merken ihre Eltern, dass etwas mit ihr nicht stimmt. „Meine Haut sah damals ganz ausgetrocknet aus, ich hatte starke Ringe unter den Augen, war unruhig und schrie sehr viel“. Ärzte stellten damals die Diagnose: Diabetes. Ihre Eltern bringen ihr einen verantwortungsvollen Umgang mit der Krankheit bei und legen so einen wichtigen Grundstein für Anjas sportliche Leistungsfähigkeit.

„Meine Mutter hat sich damals reingehängt. Als ich mit zehn Jahren mit Tae-Kwon-Do anfing, hat sie mich zum Training im Nachbarort gefahren. Und daneben hatte ich auch noch ein Pflegepferd und ging in die Musikschule“, erinnert sich die gelernte Industriekauffrau. In diesem Beruf wurde sie jedoch nie tätig, denn schon bei der Ausbildung spürte sie, dass sie täglich Bewegung – auch im Job – braucht. Also legte sie eine Ausbildung zur Physiotherapeutin nach. „Ich habe mich immer für den Körper und seine Funktionen interessiert, nicht nur weil ich Diabetikerin bin.“

Ihr Trainer ist es schließlich, der sie zum modernen wettkampfspezifischen Kickboxen bringt. Ihre anderen Hobbys verblassten mit der Zeit, der Kampfsport rückte ins Zentrum. „Anfangs habe ich bei Turnieren regelmäßig verloren. Es war viel Quälerei, denn eine Sportkanone war ich nie. Ich musste alles hart erarbeiten.“ Die ersten Erfolge in Deutschland spornen sie an, auch international in der oberen Liga zu kämpfen. 2002 feiert die damals 22-Jährige ihren ersten internationalen Erfolg mit der Goldmedaille bei den Europameisterschaften.

Um aber auch im Beruf mehr mit Sport zu tun zu haben, absolviert sie schließlich eine dritte Ausbildung: Anja Renfordt wird Personal-Trainerin. Mit strenger Disziplin verfolgt sie ihre Ziele und erlaubt dabei nicht, dass ihr der Diabetes im Weg steht – beim Sport genauso wenig wie im Beruf. Sie weiß aber auch, dass sie den Weiterentwicklungen in der Diabetes-Therapie viel zu verdanken hat. Anja Renfordt ist seit 2006 Pumpenträgerin und ließ sogar während der Wettkämpfe die Nadel in ihrem Bein. Passiert ist dabei nie etwas.

Weil sich das Ende der Ausbildung und der Beginn der beruflichen Laufbahn abzeichnet, kündigt sie vor der WM in den USA und Kanada 2005 ihren Abschied an. Und das Ende ist furios: Renfordt holt fünf Titel im Voll- und Leichtkontakt in den unterschiedlichen Versionen der Verbände.

Seit Beendigung ihrer Wettkampflaufbahn gibt sie ihre Erfahrungen an Kinder und Jugendliche weiter und zeigt in ihrem zweistündigen Workshop am Diabeteszentrum Rheinland Haan die Grundlagen ihres Sports. Die jungen Teilnehmer sind nicht nur neugierig auf das Kickboxen. Wichtig ist ihnen auch, gemeinsam mit Anja Renfordt hautnah das Zusammenspiel von Bewegung und Blutzucker zu erleben.

Mit ihren persönlichen Erfahrungen in Sachen Zuckerkrankheit und sportliche Bestleistungen macht sie regelmäßig in Schulen und bei öffentlichen Veranstaltungen allen Mut, im und auch außerhalb des Boxringes zu kämpfen.

Sie verdeutlicht, dass man durch einen verantwortlichen Umgang mit der Diabetes-Erkrankung sowohl die eigene sportliche Leistungsfähigkeit als auch das sonstige private und berufliche Leben erfolgreich bewältigen kann.

Auf die Frage nach ihren Zielen in der Zukunft antwortet die Weltmeisterin: „Ich will das Kickboxen populär machen und von Klischees befreien. Und ich will vor allem Jugendlichen zeigen, dass man auch mit Diabetes Leistungssport betreiben kann.“

 

Foto: privat  www.anja-renfordt.de