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"Der Herzinfarkt kommt dann scheinbar aus dem Nichts."

Allein in Österreich leiden rund 800.000 Menschen an Typ 2 Diabetes.  Für sie ist das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, vier- bis sechsfach erhöht. (1) "Diabetes verläuft in vielen Fällen über Jahre ohne wahrnehmbare, schwerwiegende Symptome. Das macht ihn zu einer tückischen und letztlich eben auch lebensgefährlichen Erkrankung", sagt Prof. Dr. Andreas Zirlik, Kardiologe an der Medizinischen Universität Graz. Im Interview erklärt er, was Menschen mit Typ 2 Diabetes für ihre Herzgesundheit tun sollten.

Herr. Prof. Dr. Zirlik, wieso können sich beim Typ 2 Diabetes über Jahre hinweg von den Patienten unbemerkt lebensbedrohliche Folgeerkrankungen entwickeln?

"Beim Diabetes entwickeln sich gefährliche Folgeerkrankungen wie Atherosklerose über Jahre hinweg schleichend. Diese Veränderung spüren Patienten erst einmal nicht. Weil Diabetes häufig mit Nervenschäden einhergeht, nehmen Menschen mit Typ 2 Diabetes die für eine koronare Herzerkrankung typischen Warnsignale wie Brustschmerzen und Engegefühl oft nicht wahr. Das macht es eigentlich so gefährlich. Der Herzinfarkt kommt dann scheinbar aus dem Nichts."

Wie sollten Menschen mit Typ 2 Diabetes also mit ihrer Erkrankung umgehen?

"Man darf Typ 2 Diabetes nicht unterschätzen, muss ihn aber mit entsprechender medizinischer Behandlung auch nicht fürchten. Betroffene sollten sich nicht von der Tatsache blenden lassen, dass sie keine größeren Beschwerden verspüren. Oberstes Ziel muss es sein, das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, wie den Herzinfarkt, zu senken. Dies erreichen wir mit modernen blutzuckersenkenden Medikamenten. Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind, diese Medikamente, wie mit ihrem Arzt besprochen, einzunehmen. Außerdem sollten sie ihren Langzeit-Blutzucker-Wert regelmäßig kontrollieren lassen."

Es heißt, Menschen mit Typ 2 Diabetes könnten selbst viel tun, um die Folgen ihrer Erkrankung zu reduzieren, indem sie ihren Lebensstil anpassen. Was ist da dran?

"Menschen mit Typ 2 Diabetes haben häufig auch mit Bluthochdruck zu kämpfen. (3) Auf Dauer schädigt Bluthochdruck das Herz. Deshalb heißt es auch hier, frühzeitig zu handeln. Oft ist zu hoher Blutdruck auf den Lebenswandel zurückzuführen. Faktoren wie Rauchen, Alkohol und salzreiche Ernährung haben einen negativen Einfluss, den die Betroffenen selbst minimieren können. Und wenn man übergewichtig ist, müssen auch ein paar Pfunde runter. Denn Übergewicht schadet dem Bewegungsapparat und dem Herzen. Hier kann jeder selbst mit ausreichender körperlicher Aktivität und ausgewogener Ernährung den Grundstein legen. Schon zehn Minuten moderate Bewegung jeden Tag beeinflussen die Lebenserwartung positiv."

Inwiefern kann der Arzt Menschen mit Typ 2 Diabetes helfen?

"Es ist wichtig, dass Menschen mit Typ 2 Diabetes wissen, dass sie ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben und sich von ihrem Arzt über moderne Diabetesmedikamente beraten lassen. Diese können sowohl den Blutzucker als auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken. Ich empfehle Betroffenen auch, ihr Herz unbedingt vom Kardiologen durchchecken zu lassen."

 

Literatur

(1) Rathmann et al. Type 2 diabetes: prevalence and relevance of

genetic and acquired factors for its prediction. Dtsch Arztebl Int

2013;110(19):331-7 Online verfügbar unter: http://ots.de/vDeRIj

(2) Deutsche Diabetes Gesellschaft. Deutscher Gesundheitsbericht

2017:76. Online verfügbar unter http://ots.de/g8Vz8m