Che' s und Castros Cuba - hinein in die historische Wende
Zwei Wochen im Land von Rum, Zucker und Tabak
Von Peter P. Hopfinger
Kein Land für Menschen mit Diabetes möchte man bei dieser Überzeile vermuten. Dass der (noch) kommunistische Karibikstaat neben den drei lasterhaften Genüssen auch gesunde Angebote hat, erlebte ich während der historischen Jahreswende 2008/09 zum 50. Jahrestag der Revolution. Eins noch: Diabetiker sollten gut ausgerüstet auf diese Reise gehen. Cuba ist diabetisches Entwicklungsland.
Ich gebe es gerne zu: schon die An- und Abreise setzt eine Basis-Fitness voraus. Von Wien nach Frankfurt (1 Std 40 min) dann Wartezeit am Flughafen und schließlich knapp zehn Stunden in einem schmalbrüstigen Vogel der deutschen Condor gefangen – das ist nicht jedermanns Sache. Aber: die Sonne und die verlockende Winterpause sind an sich schon Lockmittel und wer – wie ich - noch einen Blick auf Cuba während einer historischen Zeitenwende erleben wollte, der musste fast zum vergangenen Jahreswechsel in die Karibik reisen.
Die Perle der Karibik ist in vielen Bereichen gegensätzlich, hier ein paar Beispiele in loser Reihenfolge:
Cuba entdeckt gerade den Tourismus als lohnende Einnahmequelle, hat für Gäste einen kovertiblen Peso als Kunstwährung erfunden und scheffelt damit bereits Millionen. Andererseits gibt es im ganzen Land unglaubliche Armut. Obwohl niemand hungern muss, liegt der Durchschnittsverdienst des Kubaners bei mageren zwölf Euro im Monat.
Lange Autobahnen mit drei Spuren pro Richtung durchziehen über weite Strecken das Land, aber man sieht mehr Radfahrer, Ochsenkarren, Pferdekutschen und Fussgänger als Autos auf ihnen.
In Varadero, der etwa 140 Kilometer langen Touristenzone am Nordrand Cubas sind trotz 46jährigem Handelsembargo durch die USA wertvolle Nahrungsmittel wie Coca Cola und Pringels zu haben. Im südlichen Pinar del Rio, einem Zentrum des Tabakanbaus, schnorren die Einwohner in teilweise dramatisch verfallenen Städten um Seifen, Kugelschreibe oder T-Shirts.
In La Habanna stehen zerbröselnde vom Einsturz bedrohte Häuser an der Hafenpromenade Malecon, die dennoch bewohnt sind, neben aufwändig renovierten Prachtbauten, die mit Geldern der Unesco liebevoll hergerichtet wurden.
Eins ist allerdings unbestritten: Die Menschen in Cuba gehören zu den Freundlichsten, die ich im Lauf meines langen Reiselebens kennengelernt habe. Mag sein, dass das am freundlichen Klima liegt oder auch daran, dass die Cubaner trotz dem Unbill der im Ansatz stecken gebliebenen Revolution nie das Lachen und Feiern verlernt haben. Egal wohin man kommt, sie sind freundlich, hilfsbereit, teilen sich gerne mit und versuchen natürlich – aber auch das nicht zu aufdringlich – ihren Vorteil von den reichen westlichen Touristen zu haben.
Dafür radebrechen sie mit Händen und Füßen, auf spanisch, englisch oder mitunter sogar mit ein paar Brocken Deutsch, wenn´s darum geht, Auskünfte aller Art zu erteilen.
Unbedingt empfehlenswert ist es, im Land herumzufahren, entweder mit einer geführten Tour im Bus oder – für Individualisten – im Mietauto, das durchaus westlichen Standards entspricht. Nebenbei: wer nur in Varadero in einem All-inclusive-Hotel herumlümmelt, versäumt nicht nur eine grandiose Landschaft mit fantastischen Menschen, sondern läuft auch Gefahr mit etlichen Kilos mehr nach Hause zu fahren.
Wir wählten die zweite Variante, die uns von Blaguss-Spezialistin Silvia Höllrigl liebevoll zusammengestellt wurde.
Ankunft am Touristenflughafen Varadero, eine Nacht verbringen wir in der Nähe. Morgens ab nach La Habanna, der faszinierenden Hauptstadt, der jahrzehntelangen Heimat von Gangstern, Hollywoodstars und natürlich Ernest „Papa“ Hemingway. Sehenswertes, wohin das Auge schaut: das Capitolio, das Hotel Nacional, die Strandpromenade Malocon, die ausserhalb der Stadt auf einem Hügel thronende Kommandatur Che Guevaras und natürlich unglaublich tolle Autos einer vergangenen Ära. Neben Buicks, Chevys und anderen Kolossen der 40er und 50er-Jahre gibt es knatternde Moped-Taxis, die einen auf Wunsch zu allen Sehenswürdigkeiten der Stadt bringen.
Der nächste Tag bringt uns nach Pinar del Rio, einem Ort, in dem fast kein Gebäude ohne Säulen zu finden ist (besonders hervorzuheben ist das Teatro Milanés). Wir könnten hier auch die Zigarrenfabrik Francisco Donatier besuchen, heben uns das aber für später auf.
Viel mehr fasziniert uns tags darauf die spektakuläre Landschaft von Valle de Vinales, einem fruchtbaren Tal mit roter Erde und weitläufigen Tabakfeldern. Wir übernachten in einem „Dschungelhotel“, das uns ausnehmend gut gefällt und wo wir´s auch noch einen Tag länger ausgehalten hätten. Doch am nächsten Tag liegt eine längere Etappe vor uns.
Wir fahren durch den Nationalpark Zapata – ein Paradies für Vogel-Liebhaber, das auch eine Krokodilfarm beherbergt – in die legendäre Schweinebucht. In der Playa Giro versuchten 1959 Exil-Cubaner zu landen und Castro´s Regierung mit Hilfe des CIA zu stürzen. Wie´s ausging, ist bekannt und natürlich befindet sich neben dem Hotel, das an ein Gewerkschaftsheim der 50er-Jahre erinnert, ein Museum, in dem sich Versatzstücke der gescheiterten Invasion befinden. Leider waren beim All-inclusive-Buffet des Silvesterabends ein paar wirklich unappetitliche Kanadier zu Gast. Die verdarben uns den Gusto dermaßen, dass wir bereits um zehn Uhr abends im Bett lagen und den Jahreswechsel einfach verschliefen.
Am Neujahrstag heißt unser Ziel Cienfuego. Es liegt etwa in der Mitte von Kuba. Man kann dort neben einem 900sitzigen Theater (es heißt nach seinem Erbauer Thomás Terry), in dem einst Enrico Caruso sang, mit einem besonders großzügigen Platz zu Ehren des Freiheitskämpfers José Marti aus dem 19. Jahrhundert aufwarten. Wir wohnen auf der Halbinsel Punta Gorda im Hotel Jagua und haben zwei faszinierende Nachbarhäuser: den Palacio del Valle und den Yachtclub. Der Palacio – heute ein Restaurant – wurde in einer Art Zuckerbäckerstil mit gotischen, maurischen und neoklassizistischen Elementen von einem Spanier um 1,5 Mio. Dollar in den Jahren 1913 bis 1917 erbaut und diente unter dem Diktator Battista als Spielcasino.
Übrigens gibt es in der Nähe der Stadt ein Delfinarium. Dort kann man um relativ viel Geld mit einem klugen Delfinpärchen schwimmen und sich um noch mehr Geld dabei auch fotografieren lassen. Spektalkulär: wenn die klugen Tiere ihre Nasen unter je eine Fußsohle schieben und einen fein austariert aus dem Wasser heben. Allerdings sollte man nicht unter Magnesiummangel leiden, da man sonst krampft und aus dem tollen Erlebnis nichts wird.
Von Cienfuego geht´s in Ernesto „Che“ Guevaras Hauptstadt Santa Clara. Hier hat er 1958 die entscheidende Schlacht zum Triumph der Revolution gewonnen. Hier brachte er den gepanzerten Zug des Battista-Regimes zum entgleisen, Waffen und Munition fielen in die Hände der Rebellen, viele Soldaten liefen über. In der Silvesternacht 1958/59 setzte sich der geschlagene Diktator Fulgenico Battista unter Mitnahme der Staatskasse nach Costa Rica ab. Hier kann man noch den Tren Blindado (den entgleisten gepanzerten Zug) besichtigen. Und natürlich gibt es gibt es in der Stadt Santa Clara einen riesigen Platz mit einem Monument von „Che“ und in einem angegliederten Mausoleum sind seine Gebeine und zahlreiche Gebrauchsgegenstände des Revoluzzers untergebracht. Ein Muss für Fans von „Che“.
Unsere Rundreise endet damit, dass wir nach einer Woche voller großartiger Eindrücke nach Norden in Richtung Varadero fahren und dort im Melia las Antillas-Hotel einchecken. All inclusive ist hier das Zauberwort und das ist wirklich gefährlich. Denn während andernorts in Cuba durchaus noch gedarbt wird, gibt es hier ganztags Essen und Trinken zum Nulltarif –eine schlimme Versuchung. Aber wir halten uns an Obst und Gemüse, trinken viel Wasser und wenig Rum und nutzen nicht nur das hoteleigene Fitness-Center sondern machen auch durchaus anstrengende Spaziergänge durch den tiefen Sand des Strandes von Varadero.
Zwei Häuser sollte man dort allerdings unbedingt besuchen: das Ferienhaus des Gangsters Al Capone (jetzt das Restaurant Casa di Al) und das Golfhotel Xanadu, das nur sechs Gästezimmer hat und vom exzentrischen US-Millionär Dupont als Privatvilla unter anderem unter Verwendung von Ziegenmilch zum Betonmischen erbaut wurde.
Mein persönliches Fazit: eine faszinierende Insel der Karibik. Man sollte unbedingt über´s Land fahren, da in der Touristenmeile nach spätestens einer Woche tödliche Langeweile aufkommt und man Gefahr läuft, zu viel zu essen und zu trinken.
WICHTIG FÜR MENSCHEN MIT DIABETES:
Nehmen Sie ausreichend Medikamente und Teststreifen mit. Es gibt – auch gegen harte Devisen – nach eindringlicher Befragung in Touristenapotheken gerade einmal Metformin. Kein anderes Medikament, keine Teststreifen, kein Insulin. Nichts. In keiner kubanischen Apotheke.
In Havanna gibt es zwar eine internationale Apotheke, aber ob die jederzeit alle gewünschten Medikamente hat und besorgen kann, ist fraglich.
Empfehlenswert ist auch ein Kühlsystem, das ohne Stromversorgung funktioniert und ihre Medikamente auch bei tropischen Temperaturen kühl hält.
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