Bratislava – Europas jüngste Hauptstadt
Eine Wiener Vorstadt?
Es gibt Städte, die erdrücken einen. Bratislava gehört nicht dazu. Die Hauptstadt der Slowakei ist einfach zu klein, zu behäbig in ihrem Rhythmus, um zu verängstigen. Die Größe ist es, die Europas jüngste Hauptstadt so wohltuend von anderen Hauptstädten unterscheidet.
Gerade mal 4 km von der Österreichischen Grenze entfernt, liegt die Stadt so nahe an Wien, dass sie früher von Einheimischen auch als „Vorstadt von Wien“ bezeichnet wurde. Keine 60 km liegen zwischen den am nähesten gelegenen Hauptstädten der Welt, die viel mehr als nur ein gemeinsames Kulturgut verbindet.
Das wahre Bratislava ist eine alte Stadt. Früher, als die Habsburger hier noch ihren Einfluss geltend machten, hieß sie Pressburg. Die Ungarn, die fast 1000 Jahre lang Herrscher über die Slowakei waren, nannten sie Pozsony. Die Spuren der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie sind in der Altstadt noch immer unverkennbar. Wie absichtlich versteckt, liegt die Altstadt niedriger als alle anderen Stadtteile, beschützt von den Resten der Stadtmauer und dem alten Wehrturm Michalska brana. Einmal eingetaucht, bewegt man sich langsamer, fern von Verkehrslärm, zwischen Barock und Rokoko, Palais und Palisaden - und Kaffeehäusern.
Das Kaffee Mayer zum Beispiel, erstes Haus am Platz. Gutes Publikum, sehr international. Links und rechts schwirren einem slowakische, ungarische und deutsche Satzfetzen um die Ohren, hier säuselt es wienerisch, dort sächselt es behäbig, und dazwischen klettert eine amerikanische Frauenstimme in hysterische Höhen.
Im Kaffee Mayer jedenfalls muss man für ein gutes Frühstück schon zehn Euro auf den Tisch legen. Das ist viel in der Slowakei. Dafür erhält man "Kaffeekultur mit Tradition", denn bei dem Gebäude handelt es sich um das ehemalige Barockpalais des Baron Jan Jeszenak. Wer immer das war. "Wer war das?", fragen wir Marek, den Morgenschicht-Kellner, aber Marek soll bedienen, nicht bilden, deshalb zuckt er mit den Schultern. Macht ja nichts, denn zum Ausgleich begrüßt er uns bereits bei unserem zweiten Besuch wie alte Freunde. "See", sagt Grace-Ellen, Diplomatengattin, zu uns, "that's what I like about Bratislava" und meint damit die Tatsache, dass Marek sie mit "Mylady" begrüßt und nach einer Woche ihren Lieblingssekt kannte.
Bratislava ist eine Hauptstadt mit allem, was dazu gehört: Universitäten, internationale Banken, Regierungsgebäude, Kirchen, Botschaften, Galerien, Hinterhöfe, Bierkneipen und viele Geschäfte, deren Auslagen sich von denen in New York, Tokyo und Paris nicht unterscheiden. Die Preise übrigens auch nicht, was der Grund dafür sein mag, dass die Kunden nur vereinzelt vorbeischauen. Immerhin kostet ein Chanel-Kostüm auch in Bratislava mehr, als ein slowakischer Kellner in zwei Monaten verdient.
Wie aus purem Trotz gegen die Moderne steht gewaltig der hrad, die Burg von Bratislava, über der Stadt. Das Wahrzeichen Bratislavas thront auf einem gegen die Donau steil abfallenden Bergplateau und erlebte seine Glanzperiode im 18. Jahrhundert, als hier Maria Theresia als ungarische Königin öfters weilte. Ihr gefiel Bratislava so gut gefiel, dass sie die Burg prachtvoll ausbauen und den Graben zwischen Donau und Altstadt zuschütten ließ, um Platz für neue Bauten zu schaffen.
In Bratislava wurde schon immer Geschichte gemacht.
Im Primatialpalast zum Beispiel, unterschrieben 1805 Napoleon I. und der Habsburger Kaiser Franz II. den "Frieden von Preßburg", nachdem sie zuvor in der Schlacht bei Austerlitz heftig aneinandergeraten waren.
Oder im St.-Martins-Dom, der am Rande der Altstadt unter dem Schlossberg steht: Dort wurden 250 Jahre lang die ungarischen Könige und Königsgemahlinnen gekrönt - auch Kaiserin Maria Theresia von Österreich.
Die beliebteste geschichtliche Episode aber ist die um die Burg Devin. Devin, zu deutsch Theben, steht einige Kilometer vor Bratislava auf einem steilen Felsen über dem Zusammenfluss von Donau und March . Früher kreuzten sich hier eine Salz- und eine Bernsteinstraße, besonderer Schutz war vonnöten. Später, als es ein wenig ruhiger in der Gegend wurde, verfiel die Burg und war vergessen, bis der protestantische Gelehrte Ludovit Stur im 19. Jahrhundert zum Vorkämpfer der slowakischen Nationalisten wurde. Im Revolutionsjahr 1848 erkor Stur die Ruine zum Ort seiner Manifestationen, der Ruf nach Autonomie gegenüber den Ungarn und Abgrenzung der Sprache und Literatur vom Tschechischen hallte laut über Flüsse und Grenzen hinweg. Die Zeit aber war nicht reif für solche Forderungen. Stur scheiterte, zog sich in die Isolation zurück und starb 1851 bei einem Jagdunfall.
Erst 142 Jahre nach seinem Tod wurde die Slowakei ein unabhängiges Land.
Wer heute in die Slowakei reist, muss trotzdem einen Pass dabei haben.
Bei den Autobahnen wird Maut verlangt, allerdings kann man die ebenso in Euro bezahlen, wie alles andere.
In der Slowakei leben rund 340.000 Menschen mit Diabetes. Wer vor Ort Hilfe braucht:
Slovenska Diabetologicka Spolocnost / Slovak Diabetes Society
Legionárska 29911 71 Trencín
Slovakia
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