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Blumen zum Vorspiel: Dr. Ruth, die Liebe und der Sex

„Love me Kosher“ – so lautet das Motto einer neuen Ausstellung. Darin dreht sich alles um Liebe und Sexualität. Naturgemäß wird auch die berühmteste Sexualtherapeutin der Welt, die 94-jährige Ruth Karola Westheimer, thematisiert

„Love me Kosher“ – so lautet das Motto einer neuen Ausstellung im Jüdischen Museum Wien, die vom 22. Juni bis 13. November zu sehen ist. Darin dreht sich alles um die Liebe und Sexualität im Judentum – und dabei wird, naturgemäß, auch die 94-jährige Ruth Karola Westheimer thematisiert.

Von Gabriele Kuhn*

Eine wunderbare Frau und ganz sicher die berühmteste Sexualtherapeutin der Welt, deren Longseller „Sex for Dummies“ in meiner Bibliothek steht und mittlerweile voll mit gelben Post-its ist.  Insgesamt hat sie 30 Bücher zum Thema Sexualität geschrieben sowie zehn weitere andere. Mit dem Film „Ask Dr. Ruth“ wurde ihr ein cineastisches Denkmal verliehen. Ich verehre sie, das kann ich gar nicht oft genug wiederholen. Ihre Sex-Tipps scheinen oft simpel, vielleicht sogar ein wenig altmodisch, aber in ihnen steckt viel Wahres und Kluges. So regt sie etwa unter dem Titel „Blumen als Vorspiel“ Männer an, als Akt des Vorspiels Blumen anzubieten: „Wenn eine Frau von ihrem Geliebten ein Blumenbouquet erhält, besteht sehr wohl die Möglichkeit, dass sie das sexuell erregt. Vielleicht wird sie sogar ein wenig feucht.“ Sie gibt allerdings den Rat, die Blumen nicht mitzubringen, sondern sie schon vorher zu schicken: „Mit etwas Glück ist dann die Frau, die Sie lieben, bereits in der sexuellen Erregungsphase, wenn Sie durch die Tür treten.“ Ist das nicht herrlich? Auch zum Thema „sexuelle Fantasien“ hat sie einmal etwas Wunderbares gesagt: „Wenn Sie Sex mit Ihrem Partner haben und dabei an eine ganze Fußballmannschaft denken, ist das in Ordnung. aber halten Sie den Mund!“

Und dann ist da noch ihre ganz besondere Lebenskunst, die sie selbst „Joie de vivre“ nennt, auch darüber hat sie geschrieben. Als zehnjährige Jüdin kam sie mit einem Kindertransport in die Schweiz, ihre Eltern wurden in Auschwitz ermordet. Trotzdem konnte sie so etwas wie Lebensfreude entwickeln, wie sie gerne erwähnt: „In Interviews mit Journalisten werde ich oft gefragt, woher ich meine „Joie de vivre“ nehme. Menschen, die meine Lebensgeschichte kennen, fragen sich, wie ich so viel positive Energie in mir haben kann. Sie sehen, dass ich anscheinend an allem Freude habe, was ich mache und wollen mein Geheimrezept wissen“, schreibt sie. Sie hat aber kein Bestimmtes – vermutlich hat sie gelernt, das Glas stets als halbvoll zu betrachten.

Natürlich wurde ihre „Sex-Bibel“ modernisiert und aktualisiert, etwa hinsichtlich Themen wie Online-Dating oder den Gebrauch von Smartphones. Dabei betont sie, wie wichtig es sei, dass Frauen und Männer miteinander reden. Eine Unterhaltung zu führen, sei mittlerweile eine Kunst, die viele verlernt haben. Sex ist aus ihrer Sicht eine Form von Konversation, bei der sich zwei Menschen aufeinander konzentrieren sollten – und einschwingen. Wenn das nicht mehr funktioniert, ist auch der Sex nicht mehr gut. Motto: Nur durch Reden kommen die Leute… zusammen.

Dr. Ruth formulierte es auf ihre Art noch ein wenig drastischer (ich liebe sie für solche Sätze): „Auch denken heute viele, Viagra sei ein Allheilmittel. Wenn ein Mann mit einer Erektion vom Boden bis zur Decke nach Hause kommt, zuvor aber nie das Geschirr abgewaschen, immer ihren Geburtstag vergessen und sie nie zum Essen ausgeführt hat, dann wird diese Frau ihm schon sagen, wohin er sich seine Erektion stecken kann. Die zwischenmenschliche Beziehung muss stimmen, wenn der sexuelle Verkehr klappen soll.“

 

*Gabriele Kuhn ist seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressortleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin der Lebensart. Seit 2017 Autorin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Und damit's nicht fad wird, schreibt sie seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox - Szenen einer Redaktionsehe" gemeinsam mit ihrem Mann Michael Hufnagl, ebenfalls Journalist. Außerdem: Autorin dreier Bücher.

Für Diabetes Austria schreibt sie Kolumnen rund ums Thema Liebe, Sex und Diabetes.

 

Jüdisches Museum Wien: „Love me Kosher“