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Atemlos und zuckerkrank TEIL 1

Diabetes und COPD – Gegenseitige Beeinflussung: Teil 1

Diabetes und COPD – Gegenseitige Beeinflussung Teil 1

Von Mag. Christopher Waxenegger*

Die beiden Krankheiten haben auf den ersten Blick nichts gemein, immerhin ist beim Diabetes der Zucker im Blut erhöht während bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) das Atmen Schwierigkeiten bereitet. So scheint es zumindest. Bei genauerem Hinsehen offenbaren sich allerdings zahlreiche Gemeinsamkeiten.

Was macht Diabetes mit dem Körper?

Menschen mit Typ-2-Diabetes (T2D) und Interessierte die regelmäßig www.diabetes-austria.com besuchen wissen, dass diese Frage nicht so leicht zu beantworten ist. Prinzipiell liegt T2D oft eine falsche Ernährungsweise und mangelnde körperliche Bewegung zugrunde. Auch genetische Faktoren sind an der Entstehung beteiligt. Die über die Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate gelangen bei den Betroffenen zwar ins Blut, können von dort allerdings nicht in die Zellen transportiert werden. Das Ergebnis ist ein zu hoher Blutzuckerspiegel, der mit der Zeit die Funktionsfähigkeit verschiedener Organsysteme (u.a. Herz, Nieren, Augen, Nerven) beeinträchtigt und zu den berüchtigten Spätkomplikationen (Herzinfarkt, Schlaganfall, Nervenschmerzen, Sehprobleme etc.) führt.

Und was passiert bei COPD?

Bei COPD handelt es sich um eine chronisch fortschreitende Atemwegserkrankung. Charakteristisch ist eine zunehmende und nicht vollständig reversible Verengung der Bronchien, was eine mangelhafte Belüftung der Lunge nach sich zieht. Da durch die verengten Bronchien eingeatmete Luft beim Ausatmen in der Lunge verbleibt resultiert im Verlauf meist eine Überblähung. Dadurch werden die für die Atmung wichtigen Lungenbläschen teilweise zerstört und überdehnt. Bildet sich die Luftansammlung nicht zurück, spricht man in der Medizin von einem Lungenemphysem.

Menschen mit COPD werden gewöhnlich mit den typischen „AHA-Beschwerden“ beim Arzt vorstellig - AHA steht für Atemnot, Husten und Auswurf. Im Gegensatz zu Asthma bronchiale ist die Verengung der Atemwege bei COPD hingegen auch unter optimaler Therapie nicht mehr vollständig rückgängig zu machen. In Österreich leben derzeit rund 400.000 behandlungsbedürftige Menschen mit COPD, die Dunkelziffer wird auf über 800.000 geschätzt!

Leider wird diese Volkserkrankung nach wie vor bagatellisiert. Dabei ist COPD die weltweit vierthäufigste Todesursache und die einzige der zehn am häufigsten zum Tod führenden Erkrankungen, deren Inzidenz zunimmt. Als Ursache ist in erster Linie das Rauchen zu nennen, aber auch andere Schadstoffbelastungen (z.B. Luftverschmutzung oder im Beruf) sowie wiederholte virale Infekte können das Lungengewebe schädigen und als Auslöser fungieren.

Diabetes und seine Auswirkungen auf COPD

Studien zufolge verschlechtert T2D die Prognose von Menschen mit COPD. Umgekehrt steigert COPD das Risiko an Diabetes zu erkranken. Doch warum ist das so? Darüber können zum jetzigen Zeitpunkt lediglich Vermutungen angestellt werden, da die zur Verfügung stehenden Daten zwar auf einen Zusammenhang hindeuten, jedoch keine Aussagen zur Kausalität erlauben. Beispielsweise könnten ebenso Umweltfaktoren wie das Rauchen der Grund für diese Beobachtungen sein. Rauchen ist in der Mehrzahl der Fälle direkt für die Entstehung einer COPD verantwortlich. Mittlerweile ist jedoch ebenfalls bekannt, dass es eine Verbindung zwischen Rauchen und Diabetes gibt.

Die negativen Folgen, die sich für Menschen mit COPD ergeben, wenn sie gleichzeitig Diabetes haben, sind unter anderem:

  • schlechtere Ergebnisse in Lungenfunktionstests
  • schlechtere Blutzuckereinstellung
  • schwerwiegendere Folgen bei akuten Verschlechterungen der COPD
  • dadurch längerer Aufenthalt im Krankenhaus
  • erhöhte Entzündungswerte

Die ECLIPSE-Studie versuchte Vorhersagevariablen (sog. Prädiktoren) zu finden, mit deren Hilfe sich der Verlauf und das Fortschreiten der COPD vorhersagen lässt. Daten von insgesamt 2164 stabilen Patienten mit COPD und 582 Kontrollpersonen zeigen, dass Diabetes mit einer höheren Sterblichkeit, einem höheren Atemnot-Punktewert und einer verminderten Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest assoziiert war.

Viele Menschen mit Diabetes entwickeln im Verlauf ihrer Erkrankung ein eingeschränktes Lungenvolumen. Zugleich lässt sich vielfach eine Verengung der Atemwege feststellen. Gewissermaßen können derartige Auswirkungen auf die Lunge als chronische Komplikation bei Diabetes angesehen werden. Untersuchungen an Tieren und Zellkulturen bekräftigen, dass langfristig erhöhte Zuckerwerte in der Lage sind Schäden am Lungengewebe zu verursachen, zum Beispiel durch freie Sauerstoffradikale (oxidativer Stress) oder die vermehrte Freisetzung von entzündungsfördernden Botenstoffen.

Hinzu kommt, dass ein schlecht eingestellter Blutzucker Konsequenzen für das Immunsystem hat. Vor allem Zellen des angeborenen Immunsystems wie Makrophagen, Granulozyten und natürliche Killerzellen können ihren Aufgaben scheinbar nicht optimal nachkommen. Dies steht im Einklang mit Hinweisen für ein vermehrtes Auftreten bakterieller Infektionen bei Menschen mit Diabetes. Diese bakteriellen Infektionen können bei simultaner COPD darüber hinaus eine akute Verschlechterung (Exazerbation) der COPD auslösen, welche eine zusätzliche Einnahme von Medikamenten oder sogar die Aufnahme ins Krankhaus notwendig macht.

*Christopher Waxenegger ist Pharmazeut, Fach-Autor und Typ-1 Diabetiker.

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