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Arzt & Patient: Die Kraft der Worte

Das erste Arztgespräch nach einer Diabetes-Diagnose ist für den Patienten extrem wichtig. Gute Kommunikation sorgt für eine positive Atmosphäre, schafft Vertrauen und macht zufriedene Patienten.

Das erste Arztgespräch nach einer Diabetes-Diagnose ist für den Patienten extrem wichtig. Wegen der hohen Belastung durch die neue Situation kann es jedoch passieren, dass die vielen Informationen und medizinischen Begriffe den Patienten überfordern. Sie verlassen den Behandlungsraum und viele Fragen sind unbeantwortet…

Die Kommunikation in der Arztpraxis ist ähnlich elementar wie das Behandeln als solches. Denn: Gute Kommunikation  sorgt für eine positive Atmosphäre, schafft Vertrauen und macht zufriedene Patienten.

Erwartungshaltung, Erfahrungen und Lernprozesse können den Effekt von medizinischen Maßnahmen beeinflussen – sowohl hinsichtlich der Wirksamkeit als auch der Verträglichkeit. Dies sollten Ärzte im täglichen Umgang mit Patienten stets bedenken.

In der Medizin werden Wirkvariablen, die nicht rein pharmakologischer Natur sind, gemeinhin als Placebo- bzw. Noceboeffekte bezeichnet. Die dahintersteckenden psychologischen und neurobiologischen Mechanismen sind in zahlreichen Studien beschrieben, so Prof. Dr.  ­Sven ­Benson, Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie am Universitätsklinikum Essen. Neben Scheinmedikamenten oder Scheinbehandlungen kann auch ein ärztliches Gespräch eine – im besten Fall positive – Wirkung zeigen. Die psychologischen Abläufe dahinter lassen sich grob drei Bereichen zuordnen:

  • Erwartungseffekte
  • Lernprozesse
  • soziale Interaktion

Positive Erwartungen aufseiten des Patienten können im Gespräch durch entsprechende Informationen und eine Wertschätzung der medizinischen Intervention hervorgerufen werden. So habe z.B. in Studien der Hinweis, dass es sich bei dem Arzneimittel um einen „neuen, hochwirksamen“ Wirkstoff handle, bereits zu einem besseren Outcome des Scheinmedikaments geführt oder aber die Wirksamkeit eines „echten“ Medikaments verstärkt. 

Was der Faktor Information hinsichtlich Nebenwirkungen leisten kann, zeigte eine Studie zu postoperativem Schmerz nach Brustkrebs­operation: Patientinnen, die im Rahmen des anästhesiologischen Aufklärungsgesprächs mit positiven Aussagen über die Studie versorgt worden waren, äußerten nach dem Eingriff eine geringere Schmerzbelastung als jene, die neutrale Informationen erhalten hatten.

Einen besonderen Stellenwert im Hinblick auf die Erwartungshaltung haben Formulierungen, die auf schmerzassoziierte Begriffe verzichten. Dies bedeutet auch, negative Formulierungen nicht einfach zu verneinen. Denn in Aussagen wie „Es tut nur ein bisschen weh“ stecke die Information, dass es überhaupt schmerzhaft werden könne.

Ein weiterer Punkt sind frühere Erfahrungen des Patienten. Diese lassen sich gezielt nutzen, um medikamentöse Therapien zu unterstützen und zu optimieren. Untersuchungen zu diesem Thema gibt es v.a. aus dem Bereich der Placebo­analgesie. Ein Experiment mit gesunden Probanden im Kraftraum verdeutlicht die Macht der Konditio­nierung: Nachdem die Teilnehmer am ers­ten Tag Muskelübungen bis über die Schmerzgrenze ausführen mussten, bekamen sie an den folgenden Versuchstagen vorab Morphin – und hielten länger durch. Wurde der Wirkstoff nach einigen Tagen ohne Wissen der Probanden gegen ein Placebo ausgetauscht, brachen sie leistungsmäßig zwar ein wenig ein, machten aber deutlich länger mit als an Tag 1.

Ärztliche Zugewandtheit verdoppelt Wirkung

Vorteilhaft ist zudem eine zugewandte Arzt-Patienten-Interaktion. So haben mehrere Studien gezeigt, dass eine vom Arzt angehängte Schmerzmittelinfusion der Verabreichung per computergesteuerter Pumpe deutlich überlegen ist. Nicht zuletzt aufgrund des persönlichen Gesprächs zu Ablauf und Wirkung der Infusion konnte die Wirksamkeit nahezu verdoppelt werden!

Als weiteres Werkzeug zur Steigerung von Therapieeffekten nennt Prof. Benson das positive Framing, also die geschickte Einbindung von Informationen in einen Kontext. So lässt sich z.B. mit der Aussage „200 von 600 Leben werden gerettet“ statistisch gesehen dasselbe ausdrücken, wie mit „400 von 600 Leben gehen verloren“ – Ersteres klingt jedoch besser. Positives Framing kann beispielsweise dafür genutzt werden, um das Auftreten von Nebenwirkungen als Zeichen für ein besonders gutes Anschlagen der Therapie zu vermitteln.

Auch der Dramaturgie von Arzt-Patienten-Gesprächen sollte man eine gewisse Aufmerksamkeit widmen. Im Sinne des Primacy- bzw. Recency-Effekts empfiehlt es sich, für das Ende des Gesprächs positive Aussagen zu wählen, statt mit Unwichtigem oder Informationen über Nebenwirkungen auszusteigen.

Aktives Zuhören, Widerspiegeln, Empathie

Ein weiterer wesentlicher Faktor im Zusammenhang mit Placebo- und somit Therapieeffekten ist die empathische Kommunikation. Diese umfasst Dinge wie aktives Zuhören, Widerspiegeln von wichtigen Aussagen des Patienten sowie ein Verständnis für Sorgen und Ängste.

Gewissermaßen das Gegenstück zur Placebowirkung sind die durch negative Erwartungen oder Erfahrungen ausgelösten Noceboeffekte. Im Gespräch können z.B. Fachjargon und negative Formulierungen wie „Sie sind ein Risikopatient“ oder „10 % der Patienten erleiden Nebenwirkungen“ den Therapie­erfolg beeinträchtigen. Besser wäre in letzterem Fall die Formulierung: „Neun von zehn Patienten haben die Therapie gut vertragen“.

Welche Auswirkungen Placebo- und Noceboeffekte bei Kindern und Jugendlichen haben, wurde bislang kaum untersucht. Eine wichtige Rolle könnte bei diesen Patienten der sogenannte Placebo-by-Proxy-Effekt spielen. Dabei werden die Erwartungen der Bezugspersonen, etwa der Eltern, auf die Kinder übertragen.

 

Wie kann sich der Patient auf das Arztgespräch vorbereiten?

Wie gut Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt kommunizieren, hat einen großen Einfluss auf den Behandlungs-Erfolg! Eine gute Vorbereitung ist daher besonders wichtig.

HIER finden Sie TIPPS ZUR VORBEREITUNG

 

Quellen:

https://www.gesund-informiert.at/

https://www.aerztezeitung.de/

https://www.medical-tribune.de/