Skip to main content

„Alle brauchen einen Coach, der berät und begleitet“

Dr. Sandra Nowak vom Reha-Zentrum Althofen ist überzeugt, dass sich Zuckerwerte mit Lebensstil-Maßnahmen steuern lassen – in jeder Phase einer „Diabetes-Karriere“.

Von Elisabeth Schneyder - 1.3.2019 

Sie selbst tut’s mit Ballett, Schwimmen und Golf. Wobei: Auf die Art der Aktivität komme es letztlich nicht so an, weiß Dr. Sandra Nowak. Hauptsache ist, Bewegung einen Fixplatz im Terminkalender einzuräumen. Denn dann lässt sich Diabetes nicht nur in vielen Fällen verhindern, sondern auch in den Griff bekommen, wenn er schon mal zum Dauergast geworden ist.

„Die meisten unserer Patienten sind unbeweglich oder aus verschiedenen Gründen unbeweglich geworden“, analysiert die erfahrene Allgemeinmedizinerin, die sich im Humanomed Zentrum Althofen um die Rehabilitation von Menschen mit Stoffwechselstörungen bemüht: „Gibt es in der Freizeit keinen Raum für das, wofür unser Körper vorgesehen ist, stellen sich Übergewicht und Abnützungen ein. Oft werden auch Probleme mit Nahrung kompensiert“. Womit das Tor für Diabetes bereits weit geöffnet wäre. Eine erwiesene Tatsache, auch wenn die engagierte Ärztin gleich hinzufügt, dass „auch genetische Faktoren nicht zu leugnen“ sind.

An Nowaks Überzeugung, dass sich die Werte mittels Bewegungsprogramm und bewusster Ernährung in jeder Lebensphase positiv beeinflussen lassen, ist nicht zu rütteln. Großleistungen seien dabei allerdings nicht nötig, beruhigt die Medizinerin: „Man braucht nicht gleich den Glockner hinaufzurennen. Schon ein paar tausend Schritte täglich bringen überraschend viel. Bewegung ist effektiver als jedes Medikament“.  Zahllose begeisterte Reha-Gäste, die sich immer wieder gerne unter ihre Fittiche begeben, bestätigen diese These. Was die Fan-Gemeinde der 48-jährigen Spezialistin sonst noch stetig wachsen lässt, ist wohl ihr verständnisvoller Umgang mit den Nöten der Patienten: „So einfach, wie’s oft heißt, ist es nicht, schnell Kilos zu verlieren! Vor allem nicht für Frauen. Bei uns hier ist man weg vom beruflichen und privaten Alltag, bekommt genau die richtigen Broteinheiten serviert, die passenden Bewegungsprogramme und Pakete gegen bestehende Probleme. Das funktioniert“. 

Warum es Männer offenbar leichter haben, sich überschüssiger Kilos zu entledigen, sei zwar nicht eindeutig geklärt. Doch Nowak hat eine Vermutung, die auf Erfahrungswerten basiert: „Vieles hat seinen Ursprung in der Vergangenheit. Muskeln erinnern sich daran, ob sie früher einmal mehr gefordert wurden oder nicht. War es so, fällt es auch später leichter, sie wieder auf Trab zu bringen. Und die Annahme, dass Männer in ihrer Jugend mehr Sport gemacht haben, trifft sehr häufig zu“.

Ein anderes Problem, das ungesunde Lebensführung fördert und den Zucker außer Kontrolle geraten lässt, sieht Nowak in Wahrnehmungsstörungen, die den Blick auf die Realität verbauen: „Viele Menschen haben das Gefühl dafür verloren, was sie getan oder gelassen haben – von der tatsächlichen Nahrungsaufnahme bis zur wirklich gemachten oder unterlassenen Bewegung. Schon ein paar kleine Notizen, die’s deutlich machen, können dann äußerst hilfreich sein“.

Grund genug für die in Niederösterreich geborene, aber in Kärnten aufgewachsene Ärztin, für sinnvolle Präventionsmaßnahmen zu plädieren: „Das beginnt schon in der Schulzeit. Programme für übergewichtige Kinder gibt es. Und sie sind wichtig. Heute muss man ja für Aktivitäten in der Freizeit bezahlen. Ich rate Patienten deshalb immer, sich die Zeit für Bewegung fix in den Terminkalender zu schreiben und zu nehmen“. Nicht minder essenziell sei allerdings auch gezielte Motivation: „Hier in der Reha ist man nicht allein. Das motiviert und schürt auch etwas Ehrgeiz. Genau das braucht man dann auch im Alltag: Jemanden, mit dem man gemeinsam aktiv werden kann!“

Der Erfolg des Althofener Reha-Teams unter der Leitung von Primaria Dr. Caterina Kinsky-Sapetschnig liege zudem in der engmaschigen und sehr persönlichen Betreuung, in der sich Vertrauen aufbauen und individuell auf den Einzelnen eingehen lasse. „Wir sind ein kleines Team, das sich in den drei Wochen der Aufenthaltsdauer um jeweils 20 bis 25 Rehabilitanten bemüht. Da sieht man sich täglich und kann eine Verbindung aufbauen. Unsere Primaria hat bereits viel bewegt. So können wir inzwischen auch die Daten der modernen technischen Hilfsmittel unserer Patienten auslesen und auswerten und spezielle Kurse zu aktuellen Insulin-Pumpen bieten“, schildert Nowak, die sich über jeden wiederkehrenden Klienten und jede Neuerung zugunsten ihrer Schützlinge freut.

So etwa auch über neue Medikamente und möglichst viele Fragen interessierter Diabetiker: „Ich finde es großartig, wenn Patienten mich mit Fragen bombardieren! Dann kann man diskutieren und gemeinsam die besten Lösungen finden, auch wenn man dafür häufig lange debattieren muss. Gute Schulung ist einfach wichtig. Jeder Diabetiker braucht einen Coach, der berät, anleitet und begleitet. Es ist wunderbar, dass wir in den vergangenen Jahren eine große Spielwiese neuer Medikamente bekommen haben. Die neuen SGLT2-Hemmer und GLP1 Analoga zum Beispiel setze ich gerne ein – aber mit Vorsicht, weil auch mögliche Nebenwirkungen genau erklärt werden müssen. Dazu haben wir eine eigene Schulung“.

Den Betroffenen umfassendes Wissen zu bieten sei das Um und Auf erfolgreicher Behandlung. Und damit nicht genug: „Ich rate jedem – ob Diabetiker oder nicht – zu einer Schulung in Sachen Fettmanagement und zu regelmäßiger Überprüfung bestimmter Werte“.

Ein guter Tipp, der vielen eine spätere Diabetes-Diagnose ersparen könnte. Schließlich wartet das Leben oft mit überraschenden Veränderungen auf. Schon Orts- oder Berufswechsel können Lebensstil und Lebensumstände gewaltig beeinflussen. Und dies nicht immer so positiv, wie es bei Sandra Nowak selbst dereinst geschah: Bevor sie sich entschloss, ihrem Jugendtraum folgend Medizin zu studieren, arbeitete die heutige Diabetes-Spezialistin als Angestellte in einer Kärntner Filiale einer Möbelhaus-Kette. „Das war aber nicht meine Welt. Ich wollte in ein soziales Metier. Bin eine schlechte Wirtschafterin...“, lacht sie heute – zum Glück für ihre vielen, begeisterten Patienten.

 

Zu guter Letzt ein kleiner Word-Rap mit Dr. Sandra Nowak:

 

Was hilft Ihnen, sich vom Alltag zu entspannen?

 

Schwimmen, Golf, Lesen – und Ballett! Das mache ich schon seit meiner Kindheit und unterrichte es auch regelmäßig.  

 

 

Was macht Sie glücklich?

Gesundheit in meiner Familie und im beruflichen Umfeld.

 

Ihr Lebensmotto?

Das entspricht dem Humanomed-Leitbild: Wir schlagen eine Brücke von der Medizin zum Menschen!

 

Ihr größtes Talent?

Empathie.

 

Ihr größter „Fehler“?

Ich kann verzeihen, aber nicht vergessen...

 

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei anderen Menschen besonders?

Offenheit, Höflichkeit und Respekt.

 

Was ärgert Sie am meisten?

Überheblichkeit, Intrigen, Ungerechtigkeit und Unehrlichkeit.

 

Über welche natürliche Gabe würden Sie gern verfügen?

Geduld

 

Was ist Ihr größter Traum?

Weltpolitisch gesehen: Weniger Gewalt, mehr Sicherheit.

 

Welches ist Ihre größte Hoffnung für die Zukunft?

Heilung für Typ-1 Diabetiker. Und meine erwähnte weltpolitische Hoffnung – aber die ist ja leider eher eine Illusion.