Adipositas mit erhöhtem Risiko für psychische Störungen assoziiert
Wer an Adipositas leidet, hat ein deutlich höheres Risiko, auch an psychischen Störungen zu erkranken. Dies gilt für alle Altersgruppen, wobei Frauen bei den meisten Krankheiten stärker gefährdet sind als Männer, wie aus einer aktuellen Studie hervorgeht.
(Wien, 1.6.2023) - Eine Adipositas-Diagnose erhöht die Wahrscheinlichkeit für ein breites Spektrum an psychischen Störungen in allen Altersgruppen signifikant – darunter Depressionen, Nikotinsucht, Psychosen, Angstzustände, Ess- und Persönlichkeitsstörungen. Dies melden Medizinische Universität Wien und Complexity Science Hub Vienna. „Diese Ergebnisse unterstreichen aus klinischer Sicht die Notwendigkeit, das Bewusstsein für psychiatrische Diagnosen bei adipösen Patient:innen zu schärfen und gegebenenfalls bereits in einer frühen Diagnosephase Spezialist:innen zu konsultieren“, betont Studienleiter Dr. Michael Leutner von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien.
Im Rahmen einer Studie hat das Forschungsteam einen bevölkerungsweiten Datensatz aller stationären Krankenhausaufenthalte in Österreich von 1997 bis 2014 analysiert, um die relativen Risiken von Begleiterkrankungen bei Adipositas zu ermitteln und statistisch signifikante Geschlechtsunterschiede festzustellen (Transl Psychiatry 2023; online 30. Mai).
Adipositas als zuerst gestellte Diagnose
Insgesamt wurden die Daten von 3.006.526 Personen ohne und 161.185 mit Adipositas ausgewertet. Bei allen Co-Diagnosen, mit Ausnahme des Psychose-Spektrums, sei Adipositas mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit die zuerst gestellte Diagnose gewesen, bevor sich eine psychiatrische Diagnose manifestierte. Ob Adipositas die psychische Gesundheit direkt beeinträchtigt oder ob frühe Stadien psychiatrischer Störungen unzureichend erkannt werden, sei jedoch noch nicht bekannt, heißt es in der Meldung weiter.
Größere Auswirkungen bei Frauen
Bei den meisten Störungen gab es signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen wiesen ein erhöhtes Risiko für alle Störungen außer Schizophrenie und Nikotinsucht auf. So betrug die Rate der diagnostizierten depressiven Episoden bei
- Frauen: 13,3 Prozent (adipös) vs. 4,8 Prozent (nicht adipös).
- Männern: 6,61 Prozent (adipös) vs. 3,21 Prozent (nicht adipös).
Dass gemäß dieser Studie Adipositas häufig schweren psychischen Störungen vorausgeht, unterstreiche deren Bedeutung als Risikofaktor für Gesundheitsprobleme aller Art. Dies betreffe vor allem junge Altersgruppen, in denen das Risiko am stärksten ausgeprägt ist. Aus diesem Grund sei ein gründliches Screening auf psychische Probleme bei adipösen Patientinnen und Patienten dringend erforderlich, damit eine Prävention möglich ist bzw. eine angemessene Behandlung erfolgen kann, folgern die Forschenden in der Meldung.