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Abnehmen mit Diabetes: 10 Diät-Programme im Test

Zu viele Kilos sind nicht gut für die Gesundheit – schon gar nicht, wenn man Zucker hat. Doch nicht jedes gepriesene Diät-Programm ist für Menschen mit Diabetes geeignet. Expertin Martha Resatz hat für Diabetes-Austria.com analysiert, welche Konzepte gut und sicher sind.

Von Elisabeth Schneyder - 1.4.2019 

Bald ist es wieder Zeit für Badehose und Bikini. Will sagen: Wer längst Gewicht abbauen wollte, ist aktuell vermutlich motivierter denn je, weil’s Freude macht, am Strand Figur zu zeigen. Diätprogramme, die rasch zur schlanken Linie befördern sollen, gibt es wie Sand am Meer. Das Dumme ist nur, dass man mit manchen eher frustriert strandet, als sich tatsächlich dem gewünschten Ziel zu nähern. Dies gilt vor allem für Menschen mit Diabetes, deren Stoffwechsel kaum Ernährungsfehler verzeiht.

Grund genug, eine versierte Diätologin zu befragen, welche Abnehm-Strategien Diabetikern Erfolg ohne gesundheitliches Risiko versprechen: Martha Resatz, Expertin für ernährungsmedizinische Beratung und Therapie (siehe www.eat-fit.at )hat zehn Konzepte für uns unter die „Zucker-Lupe“ genommen – von neu und trendy bis altbekannt und (für stoffwechselgesunde Menschen) anerkannt.

Mit Bedacht statt „wild drauf los“. Was jeder wissen sollte, der seinen Speck wegkriegen will, fasst Martha Resatz so zusammen: „Bedenken Sie, dass Übergewicht ja auch nicht über Nacht entstanden ist. Ganz gleich, wie man die Gewichtsabnahme angeht: Wichtig ist, sich anfangs kleine Ziele zu setzen, um motiviert zu bleiben“. Das Beispiel der Spezialistin: Auch, wenn die Waage zu guter Letzt stolze 20 Kilos weniger anzeigen soll, ist’s besser, sich vorerst lediglich „minus drei“ als erstes Ziel zu setzen, weil auch dies schon beachtlich ist. Mit einem ersten Etappensieg in der Tasche lässt sich’s dann umso leichter einen weiteren anpeilen.

Resatz’ Zusatz-Rat für Diabetiker lautet: „Bedenken Sie, dass durch zu hohe Kalorienzufuhr und Bewegungsmangel verursachtes Übergewicht einer der Haupt-Risikofaktoren für Diabetes Typ-2 ist. Dementsprechend ist die Ernährung eine der wichtigsten Säulen bei der Diabetes-Behandlung“.

Es sei also keineswegs egal, mit welcher Diät man dem Wunschgewicht entgegenstrebt: „Ob und welches Programm individuell geeignet ist, wenn man Diabetes hat, sollte idealerweise immer mit einer Diätologin und natürlich mit dem Arzt abgesprochen werden. Wenn der Diabetes medikamentös behandelt wird, ist es umso wichtiger, nicht auf eigene Faust loszulegen!“

 

 

10 Diätkuren im „Zucker-Test“. Von „Mayr-Kur“ bis „Online-Hit“: 

Diätologin Martha Resatz analysiert, welche gefragten Kilo-Killer bei Diabetes dienlich sind – und welche nicht.

 


1. Intermittierendes Fasten / Intervallfasten

Diese derzeit gehypte Strategie ist eigentlich nichts Neues. Schließlich wird das Fasten schon seit Jahrhunderten praktiziert. Was jetzt propagiert wird, sind verschiedene Intervalle von einigen Stunden täglich. Zum Beispiel: „16:8“, also 16 Stunden Nahrungspause und Mahlzeiten innerhalb von 8 Stunden, oder auch „ganze Tage“, also zwei Tage mit Essen, gefolgt von einem ganzen Tag ohne Nahrung.

Urteil der Expertin: Dieses Programm ist für Diabetiker eher ungeeignet, weil es die Gefahr zu großer Blutzuckerschwankungen birgt und bei zu langer Nahrungspause Unterzuckerung droht. Außerdem begünstigt es Heißhunger-Attacken, weil die Phasen, in denen gegessen werden darf, relativ kurz sind und so zu großen Mahlzeiten verleiten. Derlei ist bei Diabetes natürlich nicht ideal, weil mehrere kleine, über den Tag verteilte Mahlzeiten vielen Diabetikern helfen, den Blutzucker stabil zu halten.

2. Formula Diäten

Das Prinzip einer Formula-Diät wirkt auf den ersten Blick angenehm simpel: Mahlzeiten werden durch Shakes, Suppen oder Riegel ersetzt. Man braucht sich also keine Gedanken über die Lebensmittelauswahl zu machen und kommt ohne aufwändige Zubereitung oder Vorbereitungszeiten aus.

Urteil der Expertin: Für Diabetiker ist dieses Konzept nur bedingt geeignet – eventuell noch als „Reset“-Strategie, um ungünstiges Ernährungsverhalten zu unterbrechen. Eine Dauerlösung ist es aber keineswegs. Es beinhaltet oft zu viel Zucker und unnötige Zusatzstoffe, ist kostspielig und nicht lange durchführbar, weil immer das gleiche auf den Tisch kommt und der soziale Aspekt gemeinsamen Essens in Gesellschaft wegfällt. Eine Einschränkung, die längerfristig kaum guttut.

3. Metabolic Balance

Das in vier Phasen gegliederte Programm verspricht anhand einer Blutanalyse genau zu ermitteln, welche Lebensmittel für den eigenen Stoffwechsel ideal sind.

Urteil der Expertin: Nur bedingt für Diabetiker geeignet! Anfangs – vor allem in Phase 1 und 2 – kommt es hierbei zu drastischer Kalorienreduktion. Auch die Lebensmittelauswahl ist sehr eingeschränkt. Beides macht dieses Konzept schwer umsetzbar. Außerdem fehlt es dem Programm an wissenschaftlicher Grundlage.

4. Paleo-Diät

Erlaubt sind Lebensmittel, die aus heutiger Sicht vermutlich auch von unseren Vorfahren in der Steinzeit konsumiert wurden: Fleisch, Fisch, Eier, Gemüse und Obst, aber keine Getreideprodukte wie Brot, keine Milchprodukte und weder Fertigprodukte noch Zucker. Die Befürworter begründen das Versprechen leichteren Gewichtsabbaus mit der Annahme, dass diese Ernährungsweise unserem genetischen Programm entspricht. Das Gute an diesem Konzept ist, dass keine verarbeiteten Produkte mit verstecktem Zucker und Fett zum Zug kommen. Allerdings birgt „Paleo“ auch die Gefahr, sehr einseitig zu essen, ist längerfristig nur schwierig durchzuhalten und kaum alltagstauglich.

Urteil der Expertin: Prinzipiell ist diese Diät für Diabetiker geeignet, weil Zucker völlig vom Speiseplan gestrichen wird und Obst und Gemüse sehr ballaststoffreich sind. Durch die Ausgliederung ganzer Lebensmittelgruppen ist sie jedoch schwer durchzuhalten.

5. Weight Watchers

Bei diesem bewährten Klassiker werden Lebensmittel in einem Punktesystem kategorisiert: Jeder Teilnehmer erhält eine vorgegebene Punkteanzahl pro Tag und darf innerhalb dieses Rahmens essen, wobei kalorienreichere Lebensmittel höheren Punkte-Werten entsprechen.

Urteil der Expertin: Für Diabetiker geeignet! Ohne kompliziert Kalorien ausrechnen zu müssen, bekommen die Teilnehmer ein Gefühl für Mengen und Energiewerte. Zudem können die „Weight Watchers Community“ und ihre Teilnehmer-Events sehr motivierend wirken.

6. Low carb

DER Dauerbrenner, wenn es ums Thema Abnehmen geht! Die unter diesen Begriff fallenden, verschiedenen Grund-Strategien zur Reduktion der Kohlenhydratmengen in der Nahrung sind überaus gefragt und oft auch erfolgreich.

Urteil der Expertin: Für Diabetiker durchaus geeignet. Doch, Achtung: Extremformen – wie etwa die „Atkins-“ oder die „Dukan-Diät“ – sollten gemieden werden! Positiv ist, dass auf Zucker und gezuckerte Lebensmittel verzichtet und dadurch automatisch „lower carb“ gegessen wird als bisher. Trotzdem sollten vor allem solche Kohlenhydrate in den Speiseplan integriert werden, die den Blutzucker langsamer steigen lassen.

Eine andere Extremform von „low carb“ ist die „ketogene Diät“, die ursprünglich bei Kindern und Jugendlichen mit Epilepsie angewendet wurde und hier gute Erfolge zeigte. Das Konzept: Fettreich, bei extremer Reduktion der Kohlenhydratzufuhr. Auch wenn die Studienlage hierzu noch mager ist, könnte diese Variante auch bei Diabetes positive Wirkung zeigen. Allerdings: Auf längere Sicht ist die „ketogene Diät“ schwer umsetzbar.

7. Online-Diäten

Sich Abnehm-Hilfe aus dem Internet zu holen, ist unserer Tage logischerweise äußerst trendy. Dementsprechend ist auch das Angebot unterschiedlicher Online-Programme breit gefächert und wächst rasant. Auch die „Weight Watchers“ gibt inzwischen längst als „Online-Version" – und diese ist prinzipiell ebenso empfehlenswert für Diabetiker, wie das altbewährte analoge „Weight Watchers“-Programm (siehe Punkt 5). Andere Angebote, wie beispielsweise jenes von Sophia Thiel oder „Bodychange“ von Detlef Soost, kommen meist in Verbindung mit Trainingsprogrammen, manche aber auch kombiniert mit Formula-Diäten (zu Letzteren siehe Punkt 2).

Urteil der Expertin: Die Fülle der verschiedenen Online-Diätprogramme lässt kein allgemeines Urteil über deren Eignung für Diabetiker zu. Mein Rat: Nicht im Alleingang ausprobieren! Wer ein Online-Konzept in Erwägung zieht, tut doppelt gut daran, dies vorab mit seinem behandelnden Team – also mit Diätologe und Arzt – zu besprechen.

8. F.X. Mayr Kur

Diese Kur ist eine von der Ärztekammer anerkannte Therapiemethode. Im Fokus: Der Darm als Zentrum der Gesundheit. Generell handelt es sich hier nicht primär um ein Abnehm-Programm, sondern um ein ganzheitliches Therapiekonzept. Natürlich führt die temporär reduzierte Kalorienzufuhr zu Gewichtsabbau. Das Hauptaugenmerk gilt jedoch der Entlastung und Reinigung des Verdauungsapparates. Die Basics der klassischen Mayr-Kur in Kürze: Morgens und mittags altbackene Semmel und Milch. Jeder Bissen wird 40 Mal gekaut. Dadurch soll das natürliche Sättigungsgefühl, das heutzutage viele Menschen verloren haben, wieder erlernt werden. Weil die Nahrung sehr gut zerkaut wird, kommt es zu einer Entlastung des Darms. Zusätzlich wird Bittersalz verabreicht, das abführende Wirkung hat und so den Darm reinigen soll. Eine abgeschwächte Form dieses Konzeptes ist die milde Ableitungsdiät, die vollwertiger Schonkost entspricht.

Urteil der Expertin: Für Diabetiker ist die letztgenannte, milde Form empfehlenswert. Doch, Achtung: Bitte auch diese unbedingt ausschließlich unter Anleitung eines Arztes mit F.X.-Mayr Diplom versuchen! 

9. Mittelmeer-Diät

Hier handelt es sich eher um eine Ernährungsform, als um eine Diät im klassischen Sinn. Das Grund-Konzept entspricht ausgewogener Mischkost: Mageres Fleisch, Fisch, hochwertige Öle, viel Gemüse und Obst, frische Kräuter und naturbelassene Lebensmittel.

Urteil der Expertin: Für Diabetiker bestens geeignet!

10. „Smoothies“ und Saft-Kuren 

Von Saftkuren und ähnlichem halte ich gar nichts und rate auch stoffwechselgesunden Menschen davon ab. Denn Saft oder auch Smoothies bestehen hauptsächlich aus Zucker, lassen den Blutzucker rasant ansteigen und nach kurzer Zeit wieder fallen. Blutzuckerschwankungen und Heißhunger sind damit also vorprogrammiert. Deshalb kann ich hier keine Vorteile erkennen –  weder kurz- noch langfristig.

Urteil der Expertin: Vor allem für Diabetiker gänzlich ungeeignet!

 

„Wunder“ gibt es nicht. Auch wenn Anbieter gern Wunder versprechen: „Gewichtsabnahme passiert ausschließlich durch ein Kaloriendefizit. Also dadurch, dass mehr Kalorien verbraucht werden, als mit der Nahrung zugeführt – aber nicht durch eine ,magische Zauberformel’, wie es die meisten Programme suggerieren“, betont Expertin Resatz.

Der beste Weg zum Wunschgewicht lautet demnach: Wählen Sie die Methode, die Ihnen am meisten zusagt und Ihren eigenen Vorlieben am ehesten entspricht. Dann können Sie sie auch dauerhaft umsetzen.

Am sichersten und effektivsten klappt’s mit individueller Beratung durch Mediziner und Diätologen. Ein Ansatz, der zwar unbestritten fader klingt als bunt beworbene „Diät-Sensationen“ oder die jüngsten „Super-Tricks“ diverser Models und VIPs, jedoch einen großen Vorteil hat. Und dieser wird gerade dann sehr wichtig, wenn man Diabetiker ist:

Weder Stars, noch Ernährungs-Coaches sind geeignet, Menschen diätlogisch zu beraten, die mit einer Krankheit leben. Die einzigen Berufsgruppen, die hierzu ausgebildet und berechtigt sind, sind Ärzte und Diätologen. Es lohnt sich also auf alle Fälle, in eine solche Fachberatung zu investieren. Sonst kann der Versuch, im Namen von Gesundheit und Figur lästige Kilos abzubauen, recht leicht mit Frust enden – im schlimmsten Fall sogar mit Schaden.

Beratung:

Martha Resatz, BSc.,
Diätologin, Ernährungsmedizinische Beratung und Therapie,
7141 Podersdorf am See, www.eat-fit.at