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1.000 Milchprodukte im Check: Wissenschaftler warnen vor hohem Zuckergehalt

Topfencreme, Vanillemilch & Co: Salzburger Forscher wollen Konsumenten sensibilisieren

Salzburg/Wien, 08.07.2020 - Egal, ob zum Löffeln als Fruchtjoghurt oder zum Trinken als Kakao, wenn die Temperaturen steigen, stehen kühle Milchprodukte besonders hoch im Kurs. Einerseits sind diese ernährungswissenschaftlich wertvoll, andererseits gibt es aber auch Kritik: Viele Produkte stellen nach wie vor wahre Zuckerbomben dar. Um die Konsumenten zu sensibilisieren, macht das vorsorgemedizinische Institut SIPCAN den Zuckergehalt in Form einer Produktliste vergleichbar. Darauf reagiert auch die Industrie: Der durchschnittliche Zuckergehalt ist in den letzten Jahren um 15,6 % gesunken. Für viele der über 1.000 Produkte in den heimischen Supermarktregalen gibt es aber noch immer ein großes Optimierungspotential.

Mit steigenden Sommertemperaturen nimmt bei vielen auch der Appetit auf Joghurt, Buttermilch und Co zu. Das ist auch gut so, denn diese Produkte sind wertvolle Nährstofflieferanten und wesentliche Bestandteile der Empfehlungen der Österreichischen Ernährungspyramide. Drei Portionen sollte jeder von uns täglich konsumieren. Dies entspricht einem halben Kilogramm fettarme Milch und Milchprodukte. Erreicht werden diese Empfehlungen aber bei weitem nicht. Laut letztem Ernährungsbericht nehmen Frauen im Durchschnitt nur 255 g pro Tag und Männer 260 g pro Tag zu sich, also etwa nur die Hälfte davon.

Wertvolle Lebensmittel – aber leider viele Zuckerfallen

Dass Milch und Milchprodukte wegen ihres Kalzium-, Vitamin- und Eiweißgehalts wertvolle Lebensmittel sind, steht außer Frage. Dennoch gibt es aus Sicht der Wissenschafter des vorsorgemedizinischen Instituts SIPCAN einen großen Kritikpunkt: „Bei genauerem Blick auf die Nährwerttabelle stellen sich viele Frucht- und Dessertjoghurts aber auch Trinkmilchprodukte als wahre Zuckerfallen heraus,“ erklärt der Vorstand von SIPCAN Prim. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Hoppichler.

Löffelprodukte sind süßer als Milchprodukte zum Trinken

Um Konsumenten für eine gesündere Wahl mit weniger Zucker zu sensibilisieren, hat das Forschungsteam von SIPCAN über 1.000 Produkte zum Trinken und Löffeln unter die Lupe genommen. „Produkte zum Löffeln wie Milchdessert, Topfencremen aber auch Joghurts enthalten derzeit durchschnittlich 12,3 g Zucker pro 100 g und liegen somit immer noch über dem Grenzwert von 12 g pro 100 g“ erklärt Studienleiter Dr. Manuel Schätzer. Dieser Grenzwert wurde von SIPCAN festgelegt, angelehnt an die bekannte WHO-Empfehlung weniger als 10 % der täglichen Energieaufnahme aus Zucker abzudecken. Der Wert setzt sich aus dem natürlichen Zuckergehalt der Milch (4,6 g pro 100 ml) und der Höchstmenge an zugesetztem Zucker von 7,4 g pro 100 ml zusammen und wurde mit dem Gesundheits-, Landwirtschafts- und Unterrichtsministerium sowie der Landwirtschaftskammer abgestimmt. Deutlich besser schaut es bei Produkten zum Trinken aus. Bei Molkeprodukten, Trinkjoghurts oder Milchgetränken liegt der durchschnittliche Zuckergehalt derzeit bei 10,3 g pro 100 ml“ so Schätzer. „Dennoch ist Vorsicht geboten, denn getrunken wird oft eine größere Menge und damit wird auch eine ordentliche Portion Zucker konsumiert“.

Ein Service mit Strategie

SIPCAN stellt die Ergebnisse der jährlichen Datenerhebung für alle Interessierte auf www.sipcan.at zur Verfügung: einerseits in Form der SIPCAN-Milchliste zum kostenlosen Download bzw. zur Onlinesuche (www.sipcan.at/milchliste), aber auch als kostenlose APP (Stichwort „SIPCAN Checklisten“). Ziel ist es mit diesem praktischen Werkzeug eine Orientierungshilfe zu geben und die gesündere Wahl zur leichteren zu machen. „Jeder Konsument soll die Chance haben, sich schrittweise an weniger Süße gewöhnen zu können“ so Schätzer.

Reaktion der Industrie erfreulich – aber noch großes Potential

Die Industrie hat in den letzten Jahren bereits begonnen auf die formulierte Zuckergrenze von 12 g sowie auf die transparente Darstellung von SIPCAN zu reagieren. So hat sich der durchschnittliche Zuckergehalt seit 2012 um 15,6 % reduziert und liegt heute bei 11,9 g. Der Anteil an Produkten, die den SIPCAN-Kriterien entsprechen, ist von 16,0 auf 51,0 % gestiegen. „Dies heißt aber auch, dass jedes zweite untersuchte Milchprodukt immer noch nicht den vorgegebenen Zuckergrenzwerten entspricht“ mahnt Dr. Schätzer. Vor allem Milchprodukte zum Löffeln haben noch Aufholbedarf: Rund 6 Produkte von 10 (57,8 %) enthalten immer noch zu viel Zucker. Derzeit konsumiert man mit einem 250 g Becher Fruchtjoghurt, Topfencreme & Co eine durchschnittliche Zuckermenge vergleichbar mit 8 Stück Würfelzucker. Die Zuckermenge in einem 250 ml Glas Milchgetränk, Molke & Co entspricht rund 7 Stück Würfelzucker.

Dass nach wie vor großes Potential für eine weitere Zuckerreduktion besteht, unterstreicht auch die Tatsache, dass 13,6 % aller Milchprodukte mit einer Zuckerreduktion von nur 1 g pro 100 g die Vorgaben von SIPCAN erreichen könnten. „Die Industrie muss ihre Verantwortung weiterhin konsequent wahrnehmen und auch in Zukunft klare Akzente setzen“ fordert Hoppichler. Ein sehr positives Beispiel hierzu ist die „Zucker-raus-Initiative“, bei der sich zahlreiche Industriebetriebe und Handelsvertreter klar zu einer schrittweisen Zuckerreduktion bekennen. Um auch von wissenschaftlicher Seite diese positive Entwicklung zu fördern, wird SIPCAN den Zuckergrenzwert mit September dieses Jahres weiter senken, und zwar auf 11,5 g Zucker pro 100 g.

Bewusstsein im Alltag als wichtige Vorsorge

Stoffwechselexperte Hoppichler betont: „Um der Übergewichtsproblematik und den damit einhergehenden Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes aber auch erhöhten Blutfetten entgegenzuwirken, ist es aus medizinischer Sicht sehr wichtig ein Bewusstsein dafür zu entwickeln in welchen Lebensmitteln sich Zucker versteckt.“ Seine Empfehlung für den täglichen Einkauf: „Achten Sie auf den Zuckergehalt am Lebensmittel-Etikett.“

Über SIPCAN

SIPCAN (Special Institute for Preventive Cardiology And Nutrition) wurde als Initiative für ein gesundes Leben im Jahr 2005 gegründet. Als unabhängiges, wissenschaftliches Vorsorgeinstitut wird SIPCAN von einem nationalen, wissenschaftlichen Expertengremium aus medizinischen und angrenzenden Fachbereichen (Internisten, Kardiologen, Ernährungswissenschafter, Sozialmediziner usw.) unterstützt. Die Schwerpunkte von SIPCAN liegen in den Bereichen Gesundheitsförderung, Prävention, Forschung und Wissenschaft.

http://www.sipcan.at